Gränzbote

Langer Weg zurück auf die großen Bühnen

Die kanadische Rockband Billy Talent ist zurück in Europa, etwa bei den Zwillingsf­estivals Rock im Park und Rock am Ring – Gitarrist Ian D’Sa über seine ersten Konzerte nach den schwierige­n Corona-Jahren

- Von Christiane Wohlhaupte­r

Schon für Juni 2020 und dann wieder Juni 2021 war der Auftritt der kanadische­n Band Billy Talent bei Rock im Park und Rock am Ring angekündig­t. 2022 hat es nun geklappt: Mit Erfolgstit­eln wie „Red Flag“, „Fallen Leaves“und „Surrender“haben Ben Kowalewicz (Gesang), Ian D’Sa (Gitarre), Johnathan Gallant (Bass) und Loel Campbell (Schlagzeug) Zehntausen­de Festivalfa­ns mitgerisse­n. Ian D’Sa gewährt Einblick, was seit der ursprüngli­chen Vorbereitu­ng auf die Festivals los war und wie sie gelaufen sind.

Herbst 2019

Als Vorgeschma­ck auf unser neues Material veröffentl­ichen wir „Forgivenes­s“. Bis zu den Tour- und Festivalda­ten im Sommer 2020 wollen wir dann das Album draußen haben.

Sommer 2020

Keine Festivals, kein Album. Wir hoffen, dass der Spuk Ende 2020 vorbei ist und wir 2021 wieder Konzerte spielen können.

Sommer 2021

Ich konnte mir echt nicht vorstellen, dass die Pandemie so lange anhält. Sie geht einfach immer weiter. Meine Partnerin und ich legen uns einen Welpen zu, einen Findelhund aus Antigua namens Surf. Da gibt es einiges zu lernen. Aber er bringt uns viel Freude. Mit dem Album lassen wir uns Zeit. Ich habe ja nirgends anders hinzugehen, also bin ich viel im Tonstudio und spiele weitere Tonspuren ein und singe weitere Background-Vocals ein. Wir haben auch alte Ideen nochmal hervorgekr­amt und deshalb beispielsw­eise Rivers Cuomo von Weezer kontaktier­t. Er singt jetzt bei „End Of Me“. Ohne die Pandemie wäre es ein anderes Album geworden.

Winter 2022

Endlich wieder Konzerte! Bei den Shows in unserer Heimat Kanada gibt es Musik von unserem neuen Album „Crisis of Faith“. Wir holen jetzt die Konzerte von 2020 nach. Es ist schön, dass die jetzt endlich möglich sind, weil ich weiß, dass die Leute lange darauf gewartet haben.

Frühjahr 2022

Nach den Erfahrunge­n mit der Pandemie sind wir bereit für alles was kommt: Wir wollen uns keine zu großen Hoffnungen machen, aber die

Daumen für die Festivalsa­ison sind gedrückt.

Anfang Juni 2022

Hallo Deutschlan­d! Wir sind nach vier Jahren zurück in Europa. Erster Stopp ist Hamburg, wo wir proben. Am Freitag folgen unsere Auftritte bei Rock im Park und am Sonntag bei Rock am Ring.

Freitag, 3. Juni, 17.30 Uhr

Die erste Band, die ich in Nürnberg sehe, ist Bush. Gavin Rossdale hat es immer noch so drauf wie damals, als ich ihn in den 90er-Jahren gesehen habe. Er ist immer noch ein großartige­r Performer. Man vergisst, wie viele erfolgreic­he Songs Bush hatten. Das ganze Set besteht aus den Hymnen, die ich in den 90ern im Radio gehört habe: „Machinehea­d“, „The Chemicals Between Us“, „Everything Zen“und so weiter.

Freitag, 3. Juni, 19.30 Uhr

In der Eishalle, der Orbit Stage, tritt Grandson auf. Er kommt aus Toronto und liefert eine super Show ab.

Freitag, 3. Juni, 21.45 Uhr

Kurze Zeit regnet es ziemlich heftig. Da stellt sich kurz die Frage, ob wir wohl so spielen können werden wie geplant. Schließlic­h geht es ja um die Sicherheit. Aber der Schauer verzieht sich zum Glück schnell.

Freitag, 3. Juni, 22 Uhr

Unsere alten Freunde von den Beatsteaks stehen auf der Bühne, ich bekomme Gänsehaut. Sie haben geholfen, uns in Deutschlan­d bekannt zu machen, indem sie uns als Support auf ihrer Tour dabei haben. Sie sind so aufrichtig und unkomplizi­ert. Es ist echt lange her, dass wir zusammen mit ihnen gespielt haben: vielleicht sieben oder acht Jahre? Meine Favoriten sind ihre Songs „Hand in Hand“und „Cut Off the Top“, die sie beide spielen.

Freitag, 3. Juni, 23.45 Uhr

Endlich wieder vor europäisch­em Publikum zu spielen ist das Beste. Es fühlt sich an wie eine innige Umarmung eines alten Freundes. Wir waren tatsächlic­h auch ein bisschen verunsiche­rt: Wollen uns die Leute nach so langer Zeit noch sehen? Zum ersten Mal können wir die Songs von unserem neuen Album vor einem europäisch­en Publikum spielen. Und die Reaktionen waren super. Als Gitarrist mag ich von unserem neuen Material „Forgivenes­s I + II“sehr gern. Das live zu spielen macht Spaß und ist eine Herausford­erung. Auch „End of Me“ist einer meiner Favoriten.

Samstag, 4. Juni, 0.40 Uhr

Der Tod von Taylor Hawkins, dem Schlagzeug­er der Foo Fighters, im März hat uns schockiert. Es lässt einen grübeln, wie zerbrechli­ch das Leben doch ist. Am einen Tag spielst du noch vor 100 000 Menschen eine unglaublic­he Show und am nächsten Tag kann es vorbei sein. Wir waren immer große Fans der Band und erinnern uns, wie sie uns auf Tour dabei hatten. Ich kann mir nicht vorstellen, was sie gerade durchmache­n. Mit einem Cover von „Everlong“wollten wir Taylor gedenken.

Samstagnac­hmittag, 4. Juni

Heute haben wir frei und sind in Köln. Da ist ganz schön was los am Feiertagsw­ochenende! Eigentlich würde ich gerne mal den Turm vom Dom erklimmen, aber keine Chance. Stattdesse­n lande ich im Museum Ludwig und sehe Werke meiner Lieblingsk­ünstler wie Picasso und Pollock.

Sonntag, 5. Juni

Weiter geht es am Nürburgrin­g. Das ist schon ein abgefahren­er Veranstalt­ungsort auf der Rennstreck­e. Die Hauptbühne an den Boxengasse­n ist krass anzusehen. Heute spielen wir auf der anderen Bühne, der Mandora-Stage. Auch von dort ist die Aussicht auf das Gelände phänomenal.

Sonntag , 5. Juni, 23.50 Uhr

Unser Auftritt ist der letzte an diesem Festivalwo­chenende. Festivals sind anders als Einzelkonz­erte. Das Publikum ist der Wahnsinn. Das Spannende ist, dass du auch vor Leuten spielst, die wegen anderen Künstlern da sind. Vielleicht gewinnst du also ein paar neue Fans. Neben neuem Material bringen wir auch Songs wie „Red Flag“, „Fallen Leaves“und „Surrender“unter.

Montag, 6. Juni, 1 Uhr

Der letzte Ton ist verklungen. Es war ein unglaublic­her Abend. Das Publikum war toll. Wir konnten die Bühne mit unseren alten Freunden von den Beatsteaks teilen. Die Kameradsch­aft unter den Bands ist das Schöne an Festivals.

Montag, 6. Juni, 15 Uhr

Wir sind im Bus. Es ist ungefähr noch eine Stunde nach Brno in Tschechien. Hier treten wir zum ersten Mal auf, vermutlich auch vor etlichen Leuten, die uns noch nicht live gesehen haben. Ich will gern noch die Stadt erkunden.

Festivalte­rmine

von Billy Talent: 11.6. CH-Interlaken, Greenfield; 12.6. A-Nickelsdor­f, Nova Rock. 26.11. Freiburg, Sick-Arena; 27.11. Kempten, BigBox; 13.12. München, Zenith; 14.12. Stuttgart, Schleyerha­lle. in Nürnberg und am Nürburgrin­g sind 2023 vom 2. bis 4. Juni geplant.

Konzertter­mine: Rock im Park Rock am Ring

sagt Stephan Krämer, SKFBetrieb­sratsvorsi­tzender in Mühlheim, auf

 ?? FOTO: IMAGO ?? Benjamin Kowalewicz, Sänger der Rockband Billy Talent, während seines Auftritts bei „Rock am Ring“: Die Kanadier spielen, nach Jahren der Corona-Zwangspaus­e, wieder Konzerte in Europa. Gitarrist Ian D’Sa erzählt in Tagebuchfo­rm vom Leben der Band mit Corona und von seinen Gefühlen, endlich wieder vor Zehntausen­den auf den großen Festivalbü­hnen zu spielen.
FOTO: IMAGO Benjamin Kowalewicz, Sänger der Rockband Billy Talent, während seines Auftritts bei „Rock am Ring“: Die Kanadier spielen, nach Jahren der Corona-Zwangspaus­e, wieder Konzerte in Europa. Gitarrist Ian D’Sa erzählt in Tagebuchfo­rm vom Leben der Band mit Corona und von seinen Gefühlen, endlich wieder vor Zehntausen­den auf den großen Festivalbü­hnen zu spielen.

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