Immobilienkauf oft billiger als mieten
Zinsanstieg lässt Vorteile für Käufer aber schwinden – Eine neue Studie gibt Orientierung
Geld für eine Wohnung oder ein Haus ja auch anlegen können. Hier wurde die Rendite erstklassiger Unternehmensanleihen zugrunde gelegt.
Auch Kosten für Instandhaltungen und Wertverzehr wurden einberechnet sowie Wertsteigerungen gedeckelt bei drei Prozent pro Jahr. In den vergangenen Jahren verteuerten sich Immobilien viel schneller, der Boom sollte aber nicht übergewichtet werden. Auf der anderen Seite standen die Nettokaltmieten in Neuverträgen und bei Bestandsmieten.
Das Ergebnis: Zahlten Selbstnutzer in Deutschland 2021 – zu den damals sehr niedrigen Kreditzinsen von gut einem Prozent – im Schnitt 4,21 Euro je Quadratmeter, mussten Mieter bei Neuvertragsmieten für vergleichbare Wohnungen 10,30 Euro je Quadratmeter hinlegen und bei Bestandsverträgen 7,04 Euro. Käufer waren also mit knapp 60 Prozent gegenüber Mietern im Vorteil beziehungsweise 40 Prozent bei Bestandsmieten. Ein großer Vorsprung ergab sich laut der Studie selbst in den teuren Metropolen. „Die im vergangenen Jahr fallenden Zinsen haben den Anstieg der Kaufpreise überkompensiert“, sagte IW-Immobilienexperte Michael Voigtländer. Auch die Reform zur Teilung der Maklerprovisionen habe Käufer entlastet. „Steigende Zinsen werden aber den Selbstnutzerkostenvorteil signifikant verringern.“
Mit der hohen Inflation sind Finanzierungen rasant teurer geworden: Seit Dezember haben sich die Zinsen für zehnjährige Standardkredite laut FMH-Finanzberatung von weniger als ein Prozent auf im Schnitt rund 2,5 Prozent mehr als verdoppelt – Tendenz steigend.
Das IW hat in drei Szenarien mit einem Anstieg der Bauzinsen auf 2, 2,5 oder 3 Prozent errechnet, ob Immobilienkäufer dieses Jahr immer noch besser fahren als Mieter mit Neuverträgen. So lässt schon ein Zinsniveau von 2,5 Prozent die Kosten von Selbstnutzern auf mehr als das Doppelte steigen (8,55 Euro). Rechne man steigende Kaufpreise ein, ergeben sich 8,97 Euro je Quadratmeter. Bei drei Prozent Kreditzinsen steigen die Selbstnutzerkosten auf 10,63 Euro. In diesem Szenario sei mieten bereits in 86 der 401 deutschen Landkreise und kreisfreien Städten billiger als kaufen.
Die Autoren betonen, dass es sich um eine beispielhafte Rechnung handelt. Starke Wertsteigerungen bei Wohnungen und Häusern wie in den vergangenen Jahren haben Eigentümer noch stärker begünstigt als in der Studie dargestellt. Auf der anderen Seite schneiden Menschen mit günstigen Altverträgen in teuren Städten bei der Frage Kaufen oder Mieten gut ab. Experten des Geldratgebers „Finanztipp“verweisen ferner darauf, dass auch Mieter große finanzielle Chancen haben können: Wer sein Geld langfristig in renditestarke Anlagen wie Aktien anlege, „kann auch als Mieter langfristig Vermögen aufbauen, in manchen Szenarien sogar ein höheres als beim Immobilienkauf“, schreiben sie.
Für Käufer hängt viel von der Zinsentwicklung ab. „Es ist schwierig, den rapiden Anstieg der Bauzinsen fortzuschreiben“, meint IW-Experte Voigtländer. So könne sich die Inflation auf hohem Niveau einpendeln. Experten der FMH-Finanzberatung erwarteten indes, dass die Hypothekenzinsen für zehnjährige Finanzierungen schon in den Sommermonaten auf drei Prozent steigen. Ein Ende des Aufwärtstrends sei nicht in Sicht, schrieben sie jüngst – mit schmerzhaften Folgen für Immobilienkäufer: „Zinssätze von vier Prozent in diesem Jahr sind keine Schwarzmalerei, sondern sehr realistisch.“