Barockmusik aus Süd und Nord
Anton Stecks „Orchestre héroique“bieten Werke von diesseits und jenseits der Alpen
TROSSINGEN (icks) - Rund 150 Musikliebhaber waren am Samstagabend im Hohner- Konzerthaus dabei: Vielleicht war es als Gruß zum Thronjubiläum der Queen zu verstehen, dass Pavane und Chaconne von Henry Purcell zu Beginn des zweistündigen Abends gespielt wurden. Das mal spritzige, mal innige Werk des „Orpheus britannicus“war von dem amerikanischen Musikwissenschaftler Franklin Zimmerman mit zwei getrennten Z-Nummern versehen worden, 752 und 730.
Ein Zeitsprung von 70 Jahren brachte die Zuhörer zur Sonate in dMoll von Johann Friedrich Fasch. Anton Steck ließ sein kostbares Instrument, 1658 von dem Tiroler Geigenbauer Jakob Stainer geschaffen, bei den beiden Allegro-Sätzen jubilieren. Manami Suzuki wechselte für dieses Stück von der Truhenorgel an das einmanualige Cembalo. Es war ihr Debut beim Orchestre héroique, sie begann unlängst ihr Masterstudium Cembalo/Generalbass an der Trossinger Musikhochschule.
Bis auf den Violinisten Christoph Timpe sind alle derzeitigen Orchestermitglieder eng mit Trossingen verbunden: entweder als Alumni, wie die herausragende Cellistin Kathrin Sutor, die Bratschistin Laura Jörres, der Violinist Alexey Fokin und der Bassist Soshi Nishimura, oder als Studentin wie die Violinistin Theresa Lechner. Dass sie perfekt harmonieren – oft reicht ein Blick, ein Kopfnicken für den Auftakt - zeigten die Musiker auch bei der fünfsätzigen Sonate aMoll des Norditalieners Giovanni Legrenzi. Dessen Opus 11 ist kurzweilig und bezaubert auch noch 350 Jahre später. Sicher einer der Höhepunkte des Abends war das älteste Werk, die „Canzone a tre violini col basso“des Venezianers Giovanni Rovetta.
Christoph Timpe, 1961 in Freiburg geboren, erläuterte den grundsätzlichen Unterschied zwischen der venezianischen und der römischen Schule der Barockmusik: „kurzweilig, ja exotisch“die Werke der ersteren, „langatmig, breit gefasst“der zweiten. Das Orchester zeigte dies mit zwei in London entstandenen Werken von Francesco Xaverio Geminiani, der späteren, römischen Epoche zugehörig. Zunächst erklang eines seiner zwölf Concerti grossi nach Corellis Violinsonaten, bei dem sich das Cello aus der Rolle des Continuo zu befreien und mit Stecks Geige zu flirten schien. Dann das Concerto e-Moll, Opus 3 Nr. 3. Kühn wirkten die ersten Takte des „Adagio e staccato“, gravitätisch das Adagio.
Von London nach Nürnberg ging es mit Johann Pachelbels bekanntem Canon und Gigue in D-Dur, einem faszinierenden Klanggewebe. Alter schützt vor Scherzi nicht, könnte man zu dem letzten Programmpunkt sagen: Georg Philipp Telemann war 86 Jahre alt, als er das Divertimento ADur komponierte.
Das Orchestre héroique ließ nach dem furiosen Presto die sechs Scherzi erklingen, wie der „getreue Musikmeister der Deutschen“es vorgegeben hatte, mal tapfer, mal allegro di molto oder lieto, also herzerfrischend. Als Dank für den langanhaltenden Beifall wiederholte das Orchester einen Satz aus Geminianos Concerto.