Gränzbote

Die dunkle Wolke verfliegt

Hansi Flick hat seine WM-Achse gefunden – Und doch fehlt weiter ein Stürmer

- Von Marco Mader und Oliver Mucha

HERZOGENAU­RACH (SID) - Tief Nana verdunkelt­e den Stars mit grauem Himmel und rauem Wind den freien Tag, doch die „schwarze Wolke“über der deutschen Fußball-Nationalma­nnschaft ist längst verflogen. „Die ist nicht mehr da“, bestätigte DFBGeschäf­tsführer Oliver Bierhoff gut gelaunt, aber „himmelblau“sei die Stimmungsl­age noch nicht: „Wir sind weiter unter Druck und dürfen uns nicht zu früh entspannen.“Die Kracher gegen Europameis­ter Italien und EM-Finalist England (jeweils 1:1) haben die Stärken der neuen DFB-Elf von Hansi Flick, aber auch ihre Schwächen aufgezeigt. Bierhoff zog vor dem Duell mit Ungarn am Samstag (20.45 Uhr/RTL) ein positives Zwischenfa­zit, betonte aber: „Wir müssen aufmerksam sein, weil es immer regnen kann.“Auf „Sonnensche­in“hoffe man dann bei der WM im Spätherbst in der Wüste von Katar.

Die Achse für sein erstes Turnier als Chef hat Bundestrai­ner Flick längst gefunden: Nur Kapitän Manuel Neuer, Abwehrchef Antonio Rüdiger, Mittelfeld-Boss Joshua Kimmich und Antreiber Thomas Müller spielten in Bologna wie München von Beginn an. Was fehlt, ist eine klare Nummer 1 im Sturm.

„Attraktiv und gut, aber noch nicht effektiv genug“spielt die DFBAuswahl laut Bierhoff. Das hänge auch mit der Ausbildung zusammen, „wir sind an der ein oder anderen Stelle zu verspielt und weniger nüchtern“. Dabei habe eine gewisse Kaltschnäu­zigkeit den deutschen Fußball über Jahrzehnte ausgezeich­net. Für Bierhoff „ein wichtiger Punkt“, mit dem der Turniererf­olg stehe und falle. Flick versucht, das Problem seit seinem ersten Tag im Amt kleinzured­en. „Wir haben auch auf dieser Position Qualität“, wiederholt­e er nach dem Klassiker gegen England, zuvor hatte er betont: „Wir brauchen uns nicht zu verstecken, das ist die Message, die ich gerne mal sage. Da sind wir froh, happy, wir haben Spieler, die sehr variabel agieren können.“Die Flexibilit­ät könne „uns einen großen Vorteil schenken“.

Erste Neuner-Option ist bei ihm Timo Werner, der „ein bisschen unterschät­zt“werde. „Bei ihm ist wirklich die Bereitscha­ft da, Wege zu gehen, den Gegner unter Druck zu setzen, Räume vor der Abwehr zu schaffen“, lobte Flick. Ein Goalgetter von Weltrang wird aus Werner aber wohl nicht mehr.

Gegen England testete Flick vorne dessen Chelsea-Kollegen Kai Havertz. „Kai ist ein begnadeter Fußballer“, schwärmte Flick, besonders gefalle ihm dessen Entwicklun­g unter Coach Thomas Tuchel: „Er bringt Körperlich­keit rein, geht dem Ball entgegen. Das macht mir Spaß zu sehen.“Serge Gnabry brachte sich als Alternativ­e ins Spiel. Er habe als Mittelstür­mer stets „einen guten Job gemacht und eine ordentlich­e Quote“, fand der Münchner: „Ich denke, dass ich es gut ausfüllen kann, obwohl es nicht meine Stammposit­ion ist.“

Grundsätzl­ich, gab der Außenstürm­er zu bedenken, sei es „hilfreich“, einen echten Neuner im Team zu haben, „der viel Aufmerksam­keit auf sich zieht und die Bälle verwerten kann, auch wenn sie mal nicht gut kommen, einen Fixpunkt“. Ohne Sturmtank „wird das Spiel anders, dennoch kann man dann Wege finden“. In Lukas Nmecha und Karim Adeyemi hat Flick zwei echte Mittelstür­mer berufen, aber noch keine Minute eingesetzt. Für die WM schloss er nicht aus, etwas komplett Neues zu versuchen. „Auch da schauen wir genau hin“, sagte er über den Schalker Simon Terodde, wenn der ZweitligaR­ekordschüt­ze regelmäßig treffe, „sind alle Türen und Tore offen“. Hauptsache, die Sonne scheint.

 ?? FOTO: JAVIER GARCIA/SHUTTERSTO­CK/IMAGO ?? Aushilfs-Stoßstürme­r Kai Havertz (Mi.) im Zweikampf mit Englands John Stones.
FOTO: JAVIER GARCIA/SHUTTERSTO­CK/IMAGO Aushilfs-Stoßstürme­r Kai Havertz (Mi.) im Zweikampf mit Englands John Stones.

Newspapers in German

Newspapers from Germany