Immer Ärger mit der FDP
Zwei Jahre lang haben Plakate dazu aufgefordert, Abstand zu halten, Hände zu waschen und Alltagsmaske zu tragen. Diese pandemiebedingten Ratschläge werden nun wie beim Staffellauf abgelöst von den nächsten Verhaltensappellen seitens der Regierung: Was eben noch die AHA-Regeln waren, sind nun Energiespartipps, um eine drohende Energieknappheit im Winter abzufedern.
Auch unabhängig von Robert Habecks Kampagne haben die Menschen allerdings längst angefangen, ihr Verhalten umzustellen. Laut einer Umfrage der Energiebranche versuchten in den vergangenen Monaten drei Viertel der Befragten, weniger zu heizen oder weniger Warmwasser zu verbrauchen. Nicht, um Putin zu schaden oder das Klima zu schonen, sondern um Geld zu sparen. Dieser Effekt wird sich verstärken, wenn bald die Nebenkostenabrechnungen für die eine oder andere böse Überraschung sorgen werden.
Auch im Verkehr ist die Mobilität parallel zu steigenden Spritpreisen zurückgegangen. Ob dieser Trend mit dem Tankrabatt gestoppt wurde, bleibt abzuwarten, zumal sein finanzieller Effekt in den vergangenen Tagen ja zu Motorenschall und Abgasrauch verpuffte. So oder so: Ausdruck einer stringenten Energiesparkampagne der gesamten Regierung ist dies auf jeden Fall nicht. Und ob Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), dessen Haus sich direkt gegenüber dem Habecks befindet, seine Mitarbeiter angesichts der liberalen Abneigung gegen Verzichtssymbole ebenfalls ohne Klimaanlage schwitzen lässt, darf zumindest angezweifelt werden.
Zumal der FDP eine andere Idee gekommen ist, wie man auf eine drohende Energieknappheit reagieren könnte: Man dürfe sich einer Atomdebatte nicht verschließen, forderte Finanzminister Christian Lindner abweichend zum Koalitionsvertrag – und bekommt Rückendeckung von der Union. Nach der Debatte über Corona-Maßnahmen, Entlastungen und das Aus für den Verbrennermotor wird so die nächste Uneinigkeit sichtbar. Eine Krise herbeizureden, wäre wohl verfrüht. Doch ein harmonisches Gesamtbild gibt die Ampel längst nicht mehr ab.