Pendler merken nichts vom Tankrabatt
Tankstellen versichern, die Vergünstigung weiterzugeben - An Zapfsäule kommt wenig an
TUTTLINGEN - Der Fridinger Stefan Hipp ist auf sein Auto angewiesen. Von Fridingen fährt er werktäglich fünf Mal pro Woche nach Aldingen und zurück, etwa alle zwei Wochen muss er tanken. Nach zehn Tagen Tankrabatt dürfte das nun deutlich günstiger geworden sein – oder? „Ich habe Anfang Juni getankt, aber nur sehr wenig bis gar nichts von den vergünstigten Spritpreisen gemerkt“, schildert er seine Wahrnehmung. Zuletzt hat er wieder für über zwei Euro je Liter getankt. Von der Steuersenkung war da nichts zu spüren.
Seit 1. Juni hat die Bundesregierung die Steuern auf Diesel- und Benzinpreise gesenkt. Damit soll der Verbraucher aufgrund der zuletzt stark gestiegenen Spritpreise entlastet werden. Die Mineralölkonzerne müssen allerdings die Steuersenkung nicht zwangsläufig an ihre Kunden weitergeben und könnten damit mehr profitieren als die Verbraucher selbst. Dennoch versichern die Firmen hinter den Tuttlinger Tankstellen: Sie haben die Steuersenkung weitergegeben.
Die Tankstelle Aral in der Möhringer Vorstadt etwa sei auf die zum 1. Juni in Kraft getretene Senkung der Energiesteuer „gut vorbereitet gewesen“, wie Pressesprecherin Eva Kelm unserer Zeitung mitteilt. „Wir haben diese Senkung vollumfänglich weitergegeben“, versichert sie. Auch Shell spricht auf Nachfrage davon, „diese Steuersenkung inklusive der Umsatzsteuer in der Nacht zum 1. Juni an alle Stationen in Deutschland vollumfänglich weitergegeben“zu haben – damit auch an der ShellTankstelle in der Trossinger Straße in Tuttlingen.
Etwas zurückhaltender äußert sich Jet. Eine klare Antwort, ob sie die Steuersenkung der Diesel- und Benzinpreise eins zu eins an ihre Kunden weitergegeben hat, gibt Konzernsprecher Oliver Dupke nicht und betont stattdessen: „Jet versucht immer, günstiger zu sein als andere Tankstellen in unmittelbarer Nähe“, so Dupke. Esso hat sich auf unsere Anfrage gar nicht geäußert. Beim Blick auf Statistiken wie die von clever-tanken.de zeigt sich: Tatsächlich ist der Preis für Benzin und Diesel um den Monatswechsel herum abrupt gefallen. Lag er vorher bei etwa 2,10 Euro, war er danach bei unter 1,90 Euro. Beim Diesel war der Abfall nicht ganz so krass. Inzwischen haben sich die Preise für beide Spritarten wieder eingependelt. Super E10 war am Freitagmittag in Tuttlingen beispielsweise für 1,93 Euro zu bekommen, Diesel für 1,95 Euro.
Die günstigeren Preise haben offenbar aber wenige Kunden genutzt, um ihre Tanks und womöglich andere Kanister zu füllen. Der große Ansturm sei in Tuttlingen ausgeblieben, heißt es von allen Tankstellenbetreibern. „Wir rechnen auch weiterhin nicht damit“, teilt Aral mit. Shell spricht ebenso von einem „normalen“Betrieb rund ums Himmelfahrtswochenende und danach.
Jet-Sprecher Oliver Dupke gibt sich locker: „Grundsätzlich gilt, dass Jet die Tankstellenmarke in Deutschland mit besonders hohen durchschnittlichen Kraftstoffumsätzen ist – deshalb sind wir eine große Nachfrage gewohnt“, betont er. Einen Engpass habe es an der Jet-Tankstelle in der Tuttlinger Bahnhofstraße nicht gegeben. Aufgrund der Steuersenkung habe Jet in enger Abstimmung mit Lieferanten und Speditionen alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten genutzt, auf einen erhöhten Kraftstoffabsatz im Zusammenhang mit der Steuersenkung vorbereitet zu sein.
Es geht auch anders, das zeigt ein Blick in die Region. Eine Tankstelle in Villingen-Schwenningen war Ende der Woche „leergelaufen“, der Ansturm nach plötzlich gesunkenen Preisen war groß, die Nachlieferung kam nicht.
Künftige Entwicklung unklar
Und mit welchen Diesel- und Benzinpreisen können die Verbraucher künftig rechnen? Da halten sich die Konzerne mit klaren Aussagen zurück. „Wir spekulieren grundsätzlich nicht, wie sich das Preisniveau entwickelt. Klar ist aber, dass die Energiesteuer nur eine von vielen Komponenten ist, die den Kraftstoffpreis bestimmen“, gibt Shell-Sprecherin Cornelia Wolber zu bedenken.
Für die Autofahrer ist das eher unbefriedigend. Pendler Stefan Hipp hält die Steuersenkung zwar eigentlich für eine gute Aktion. „Allerdings bringt sie uns nichts, wenn wir davon nichts merken. Es ist nicht der Sinn der Sache, dass die Konzerne damit mehr Geld verdienen“, meint er.
Persönlich hat er auch das NeunEuro-Ticket für den Nahverkehr in Betracht gezogen. Aber das ist keine Alternative. Zur Arbeit würde er mindestens doppelt so lange brauchen, und die Umstiegszeiten sind knapp. Deshalb hat er sich – trotz hoher Spritpreise –weiterhin für das Auto entschieden.