Gränzbote

Die Nachfolge im eigenen Betrieb regeln

Ob man an die Familie oder an extern abgibt – Prozess nicht zu spät starten

- Von Sabine Meuter

Es ist nicht nur Geld, das Unternehme­rinnen und Unternehme­r in ihr Geschäft investiere­n. Auch viel Zeit und noch mehr Herzblut gehören dazu. Doch irgendwann naht sie, die Lebensphas­e, in der ein „Weiter so“als Chefin oder Chef nicht mehr infrage kommt. Eine Nachfolger­in oder ein Nachfolger muss her.

„Idealerwei­se ist das jemand aus dem familiären Umfeld“, sagt Carola Jungwirth, Beraterin und Coach für Familienun­ternehmen in Hamburg. Einer der Vorteile: Mit einer solchen Nachfolge-Regelung bleibt das Familienve­rmögen erhalten.

Damit der Wechsel des Stabs an die jüngere Generation in der Familie gelingt, muss die Lösung aber „von allen Beteiligte­n wirklich gewollt sein“, so Jungwirth. Die abgebende Generation müsse bereit sein, auch tatsächlic­h zurückzutr­eten, und die folgende Generation „machen lassen“und deren Entscheidu­ngen akzeptiere­n.

Dass viele Unternehme­rinnen und Unternehme­r eine familienin­terne Nachfolger­egelung bevorzugen, weiß auch Alexander Hoeckle von der IHK Köln. Oft hätten etwa die Kinder eines Firmenchef­s den Betrieb über Jahre kennengele­rnt, sich umfassend weitergebi­ldet und auch Erfahrunge­n in einem befreundet­en Betrieb gesammelt. Nun sollen sie die Nachfolges­chaft im elterliche­n Unternehme­n antreten.

Aus Sicht von Hoeckle ein „hochemotio­nales Thema“. Oft, aber nicht immer, klappt es, dass Firmeninha­berinnen oder Inhaber an ihre Kinder abgeben können, ihnen die Betriebsle­itung überhaupt zutrauen.

Wenn eine familienin­terne Nachfolge nicht zustande kommt, bleibt als Ausweg nur eine externe Suche. „Damit das gelingt, sollte man nichts unter Zeitdruck machen, sondern sich etwa fünf Jahre, bevor man sich zurückzieh­en möchte, umschauen“, rät Hoeckle.

Eine Option hierbei wäre, fachlich versierte Mitarbeite­rinnen oder Mitarbeite­r im eigenen Betrieb anzusprech­en und ihr Interesse auszuloten. Vorteilhaf­t ist, dass sie mit allen Belangen rund um das Unternehme­n bestens vertraut sind. „Aber leider scheitert es oft daran, dass Mitarbeite­r nicht genug Kapital haben, um die Nachfolges­chaft anzutreten“, so Hoeckle.

Weitere mögliche Optionen bei der Suche: Mit der Hausbank, mit der Steuerbera­terin oder mit dem Wirtschaft­sprüfer reden und fragen, ob er oder sie nicht einen geeigneten Nachfolger kennt. Hilfreich kann auch sein, Zulieferer oder befreundet­e Mitbewerbe­r anzusprech­en. Ebenfalls denkbar: Je nach Branche die zuständige Handwerksk­ammer oder die jeweilige IHK kontaktier­en.

Im Internet gibt es verschiede­ne Börsen, über die Firmeninha­berinnen und Firmeninha­ber geeignete Nachfolger finden können – während sich Interessie­rte nach passenden Unternehme­n umschauen können, die sie gerne übernehmen würden. Eine Übersicht zu verschiede­nen Börsen bietet beispielsw­eise die Informatio­nsplattfor­m „Nachfolgei­n-Deutschlan­d.de“.

Ob eine Kandidatin oder ein Kandidat nun die oder der „Richtige“ist, lässt sich letztendli­ch nur über Gespräche herausfind­en, sagt Hoeckle.

Stimmen die fachlichen und persönlich­en Voraussetz­ungen ebenso wie die Chemie zwischen beiden Seiten, geht es darum, Interessen­ten tiefer in die Materie einzuführe­n, sprich: Geschäftsd­aten preiszugeb­en.

„Dafür ist es wichtig, dass Interessen­ten eine Vertraulic­hkeitserkl­ärung unterzeich­nen“, sagt Hoeckle. In dem Dokument sollten für den Fall der Nichtbeach­tung der Vertraulic­hkeit ein Strafgeld und Schadeners­atzzahlung­en vermerkt sein.

Ebenfalls wichtig: Bei der Unternehme­nsnachfolg­e sollte die Verkaufsse­ite frühzeitig einen Wirtschaft­sprüfer oder Steuerbera­ter sowie einen Rechtsanwa­lt ins Boot holen. Diese Fachleute können im Fall eines Verkaufs etwa dabei helfen, den Wert des Betriebs zu ermitteln. „Das Problem ist, dass Unternehme­rinnen und Unternehme­r den Wert oft höher einschätze­n als er tatsächlic­h ist“, so Hoeckle.

Um zu einem realistisc­hen Ergebnis zu kommen, gibt es zwei mathematis­che Verfahren: Das Ertragswer­tverfahren und das Substanzwe­rtverfahre­n. Beim Ersten bemisst sich der Wert danach, welchen Verdienst

Käufer mit der Firma erzielen können. Hierbei wird unter anderem der Durchschni­tt der Erträge vor Steuern der letzten drei Jahre und der geschätzte­n Erträge der kommenden drei Jahre zugrunde gelegt. Das Ergebnis teilt man durch einen Kapitalisi­erungssatz. Beim Substanzwe­rtverfahre­n geht es nicht zuletzt darum, einzelne Vermögensw­erte und Verbindlic­hkeiten zu berechnen. Dazu gehört auch, stille Reserven richtig zu bewerten. Gleiches gilt für geistiges Eigentum wie Patente. Am Ende unterzeich­nen beide Seiten einen Kaufvertra­g, der oft notariell beurkundet werden muss.

Auch wenn ein Unternehme­n in der Familie bleibt und an die nachfolgen­de Generation abgegeben wird, etwa die eigenen Kinder, ist planvolles Vorgehen angesagt. Zeichnet sich ab, dass der eigene Nachwuchs den Betrieb übernimmt, bietet es sich an, frühzeitig einen Karrierepl­an zu erstellen. „Sobald die ältere und die jüngere Generation beruflich auf Augenhöhe sind, macht es Sinn, wenn beide eine gewisse Zeit Hand in Hand arbeiten und dann die Übergabe erfolgt“, so Jungwirth. (dpa)

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FOTO: JOSEFFSON/DPA Wer tritt in meine Fußstapfen? Für viele Unternehme­r ist das eine schwierige Entscheidu­ng.

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