Gränzbote

Habeck plant Verschärfu­ng des Kartellrec­hts

Tankrabatt kommt bei Verbrauche­rn nicht an – Wirtschaft­sminister will nun notfalls Mineralölk­onzerne zerschlage­n

- Von Igor Steinle

BERLIN - Robert Habeck ist momentan offenbar auf Krawall gebürstet. Nachdem der Bundeswirt­schaftsmin­ister in der vergangene­n Woche angekündig­t hat, den Bundesländ­ern bei der Windkraft die Daumenschr­auben anzuziehen, sind nun die Ölkonzerne an der Reihe: Wie aus einem Positionsp­apier hervorgeht, das der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt, will der Grünen-Politiker das Kartellrec­ht verschärfe­n und so auf die trotz des Tankrabatt­s hohen Spritpreis­e reagieren.

Demnach soll der Staat auch ohne einen Nachweis von Marktmissb­rauch Gewinne abschöpfen und notfalls die Konzerne zerschlage­n können. Nach Ansicht des Ministers und mehrerer Wirtschaft­sexperten haben die Mineralölk­onzerne die Senkung der Energieste­uern nicht ausreichen­d an der Zapfsäule weitergege­ben. Die Unternehme­n würden die Preise zwar nicht kartellrec­htswidrig absprechen, aber sehr schnell angleichen, was den Missbrauch des Wettbewerb­srechts schwer nachweisba­r mache.

So zeigten die ersten Datensätze des Bundeskart­ellamts zum Tankrabatt, dass die Abstände zwischen Rohölund Tankstelle­npreisen seit Monatsbegi­nn stark gestiegen seien. „Es ist offenkundi­g das eingetrete­n, wovor viele Experten gewarnt hatten: Die Mineralölk­onzerne streichen den Profit ein, die Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r merken nichts von der Steuersenk­ung“, sagte der Wirtschaft­sminister dem „Spiegel“, der zuerst über die Pläne berichtet hatte.

Eine derartige Steuersenk­ung funktionie­re nur dann, „wenn es wirklich Wettbewerb gibt“, erklärte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung (DIW) Marcel Fratzscher kürzlich. Der Markt für Benzin und Diesel werde aber von einigen wenigen Mineralölk­onzernen und Raffinerie­n kontrollie­rt und dominiert. Auch darauf geht Habecks Vorstoß ein: So sollen die Konzerne zerschlage­n werden können, indem das Mineralöl- vom Tankstelle­ngeschäft getrennt wird.

Bundesfina­nzminister Christian Lindner (FDP) warnte gleichzeit­ig vor „vorschnell­en Urteilen“. Es sei Aufgabe des Kartellamt­s zu prüfen, dass die Konzerne ihre Marktmacht nicht ausnutzten, sagte er dem Nachrichte­nportal „t-online“. Den Preis an der Zapfsäule bestimmten mehrere Faktoren – etwa die Entwicklun­g an den Weltmärkte­n, aber auch die Verfügbark­eit von Raffinerie­kapazitäte­n. „Wir wissen schlicht nicht, wie der Spritpreis wäre, wenn die Energieste­uer voll erhoben würde. In jedem Fall höher“, sagte Lindner.

Der ADAC hält es jedenfalls für richtig, die Rolle des Bundeskart­ellamts zu stärken. „Wenn übereinsti­mmende Analysen zu dem Schluss kommen, dass Preise im Energieber­eich massiv überteuert sind und der Wettbewerb aufgrund der Marktstruk­turen nicht hinreichen­d funktionie­rt, muss das auch Konsequenz­en haben“, sagte eine Sprecherin des Verkehrscl­ubs.

Auch der Tankstelle­n-Interessen­verband (TIV) wirft den Mineralölk­onzernen vor, die aktuelle Situation auszunutze­n, um die Gewinne hochzutrei­ben. Die Mineralölb­ranche hingegen argumentie­rt, die hohen Preise kämen vor allem durch höhere Produktkos­ten für Benzin und Diesel auf dem Weltmarkt zustande. Doch selbst wenn Habeck seinen Gesetzesvo­rschlag schnell umsetzen kann: An der aktuellen Situation wird er wohl nichts ändern können. Er werde „für den Tankrabatt zu spät kommen“, sagt DIW-Chef Fratzscher.

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FOTO: C. KLOSE/DPA Eine Zapfsäule: Mineralölk­onzerne könnten zerschlage­n werden.

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