Gränzbote

„Ich brauche es, ich liebe es, es hält mich jung“

Bernd Palm hat sein Leben lang in der Gastronomi­e gearbeitet und will so schnell nicht aufhören

- Von Dorothea Hecht

TUTTLINGEN - Wer gern zum Mittagstis­ch ins Irish Pub geht, der wurde schon mal von ihm bedient. Bernd Palm, 63 Jahre alt, arbeitet seit 18 Jahren im „Irish Pub“in Tuttlingen. „Und die 25 mach’ ich noch voll“, sagt er. Warum? „Ich brauche es, ich liebe es, es hält mich jung.“

Gastronomi­e – Bernd Palm hat nie etwas anderes gemacht. Er stammt aus Wolfen in Sachsen-Anhalt. 1979/ 80 machte er eine Lehre als Restaurant­fachmann in einem Hotel im damaligen Ost-Berlin. Was heute viele an einem gastronomi­schen Beruf abschreckt, war für Palm damals ein Argument für den Job: „Die Arbeitszei­ten waren gut“, sagt er, „wir mussten damals ja immer um 23 Uhr zumachen, das war vorgeschri­eben.“

Kurz vor dem Mauerfall kam er in den Westen, leitete ein Restaurant in Triberg im Schwarzwal­d. Dann wechselte er in den Landkreis Tuttlingen, ihn lockte die Selbststän­digkeit. In Mühlheim war er drei Jahre lang Pächter des „Alten Stadttors“. Die Bedingunge­n waren ihm aber zu hart, er wechselte wieder ins Angestellt­enverhältn­is, arbeitete im „Intermezzo“in der Tuttlinger Stadthalle und im „Leos“in der Innenstadt.

Seit der Eröffnung des „Irish Pubs“ist er dort anzutreffe­n, und will da auch nicht wieder weg. Sein

Verhältnis mit dem Chef sei gut, sagt er, es wird Tariflohn bezahlt und der kommt auch immer pünktlich. Anfangs machte Palm wechselnde Schichten, seit einiger Zeit nur noch Tagschicht­en, von 9 bis 17 Uhr. „Das ist ein Privileg, klar“, sagt Palm. In seinem Alter sei er aber froh, „dass ich den Abend den Jungen überlassen kann“.

Inzwischen kennt er viele Gäste persönlich, einige kannte er schon als Kinder, heute sind sie erwachsen. Er rede gern mit den Leuten, sagt Palm, „das mögen die und das kann ich auch“. Im Gegenzug bekomme er viel zurück, das schätzt er an seiner Arbeit. „Wenn der Gast dich anstrahlt und Trinkgeld gibt, dann ist er zufrieden, dann ist das auch eine Würdigung meiner Arbeit“, erklärt er. Übrigens: zehn Prozent, das ist die Faustregel für Trinkgeld. Palm hält sich auch selbst dran, wenn er die Seiten wechselt und Gast ist.

Wie bei so vielen ist die Gastronomi­e Familienbu­siness. Schon Palms Mutter war in der Gastronomi­e tätig, seine Ehefrau ebenfalls. „Meine Tochter hat aber gesagt: Nie im Leben, Papa!“, sagt er lachend, „die Arbeitszei­ten haben sie abgeschrec­kt, sie ist dann lieber Frisörin geworden.“Zwei seiner drei Enkel konnte er aber überzeugen, sie verdienen sich als Aushilfen im Irish Pub was dazu.

Was für Palm hart war: die Corona-Zeit. Sieben Monate war das „Irish Pub“geschlosse­n, die Mitarbeite­r in Kurzarbeit. „Mir ist zuhause die Decke auf den Kopf gefallen“, sagt er. „Ich hab renoviert und den Rasen gemäht und dann wieder von vorne angefangen.“

So schwer der Job manchmal sei, er würde ihn nicht missen wollen, sagt Palm. „Mit den Menschen zu arbeiten, das ist das Besondere“, findet er. Deshalb würde er den Beruf auch allen jungen Leuten ans Herz legen. Mit einer Ausnahme: „Wenn du nicht mit Menschen umgehen kannst, dann ist Gastronomi­e nichts für dich.“

 ?? FOTO: DOROTHEA HECHT ?? Stammgäste im „Irish Pub“kennen ihn gut: Bernd Palm arbeitet dort seit 18 Jahren.
FOTO: DOROTHEA HECHT Stammgäste im „Irish Pub“kennen ihn gut: Bernd Palm arbeitet dort seit 18 Jahren.

Newspapers in German

Newspapers from Germany