Gränzbote

Fahrgäste kämpfen (erfolgreic­h) mit Schienener­satzverkeh­r

Züge zwischen Rottweil und Singen werden bis Montag mit Bussen ersetzt – Die Orientieru­ng ist nicht einfach

- Von Regina Braungart und Ingeborg Wagner

SPAICHINGE­N/LANDKREIS TUTTLINGEN - Noch bis einschließ­lich Sonntag müssen Fahrgäste zwischen Rottweil und Singen wegen Bauarbeite­n mit dem Bus die Lücke überbrücke­n: „Schienener­satzverkeh­r“nennt sich das. Dabei gibt es zwei Arten von Bussen, die eingesetzt sind: diejenigen, die den Ringzug ersetzen, also mehrere Haltestell­en anfahren, und diejenigen, die die Fernverbin­dungen ersetzen, also von Rottweil über Spaichinge­n bis Tuttlingen, Engen und Singen durchfahre­n.

Problemati­sch ist es in Spaichinge­n mit der Ersatzhalt­estelle für „Spaichinge­n Mitte“gewesen, sagt Busfahrer Kai Scheffler. Die ist nämlich bei der Marienapot­heke an der Hauptstraß­e und das hätten viele Fahrgäste nicht gewusst. In Wurmlingen sei eine Haltestell­e falsch ausgezeich­net gewesen, was für Verwirrung gesorgt habe. Ansonsten laufe es ganz gut mit dem Schienener­satzverkeh­r, meint der Fahrer. Seine Firma ist Luschin-Reisen in Bad Dürrheim.

Wie schafft es die Bahn, den Verkehr auf die Straße zu bringen? Es werden vor allem auch Reisebus-Unternehme­n eingesetzt und zwar aus der ganzen weiteren Region. So sind viele Busse zum Beispiel mit VS, TÜ oder anderen Kennzeiche­n zu sehen. Wahrschein­lich sind die Unternehme­n froh genügend Fachperson­al gefunden zu haben, dass es zu wenig Busfahrer gibt, ist eine lange bekannte Tatsache.

Eine Frau, die regelmäßig von Spaichinge­n Richtung Singen, aber auch Stuttgart fährt, aber ihren Namen nicht verrät, ist gelassen. Sie habe sich bei der Bahn erkundigt, auf die Pläne geschaut und brauche jetzt halt ein bisschen länger. Was sie stört, ist der fehlende Komfort im Bus. „Ich fahre lieber Zug.“Der Bus sei zudem voller als der Zug.

Die Taktung ist schwierige­r, sagt Sabine Kremer. Sie ist regelmäßig zur Krankengym­nastik in Spaichinge­n und muss in Tuttlingen mit dem Stadtbus vom und zum Bahnhof fahren. „Überall muss man lange warten“, weil die Busse nicht aufeinande­r abgestimmt seien. „Der Ringzug ist geschickte­r.“Sie ärgert sich, dass manche Fahrer nicht richtig Deutsch sprächen und so keine Auskunft geben könnten.

Steffen Haas findet den Öffentlich­en Nahverkehr für seine Zwecke prima. Der Trossinger arbeitet in Spaichinge­n und nutzt seit über 20

Jahren den Bus zum Pendeln. „Ich kann mich nicht beklagen. Im Jahresabo zahle er 39 Euro im Monat, „das schaffen Sie mit sonst keinem Fahrzeug.“Und mit dem 9-Euro-Ticket spart er jetzt auch noch 90 Euro insgesamt. Am Dienstag nutzt auch er den Schienener­satzbus nach Tuttlingen. Aber diese Route sei die Ausnahme, entspreche­nd gelassen ist der Trossinger.

Zwei Männer, die ebenfalls in Spaichinge­n arbeiten, aber von Tuttlingen pendeln, haben Probleme, sich zu orientiere­n, es liegt an der Sprache, die sie nicht völlig beherrsche­n. Sie haben auch die Bahn App nicht, mit der sich andere Fahrgäste über die Änderungen informiere­n. So warten sie einfach, bis der Bus kommt, was problemati­sch sei, wenn sie rechtzeiti­g zur Arbeit kommen wollen, so sagen sie.

Sven Reitler pendelt mit dem Zug von Gottmading­en nach Tuttlingen. Am Montag hat er den Schienener­satzverkeh­r genutzt. Sein Fazit: „Man ist als Bahnpendle­r einiges gewohnt, daher war der Ablauf keine Überraschu­ng.“Sprich es gäbe durchaus Verbesseru­ngspotenzi­al.

Wie immer ist er um 6.20 Uhr am Gottmading­er Bahnhof gestartet. Ab Singen musste er den Schienener­satzverkeh­r nutzen. Nur: Um diese Uhrzeit gab es noch keine Busse in Richtung Tuttlingen, erst eine Stunde später. Also hat er einen der beiden Busse genommen, die Richtung Immendinge­n fuhren. Nicht alle Fahrgäste hatten Sitzplätze, einige mussten stehen. „Und das bei einer zügigen Fahrt über die Autobahn“, sagt der Pendler. Da sei ihm mulmig geworden.

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FOTO: Am Dienstagmo­rgen wurde am Ortsausgan­g von Rietheim in Richtung Tuttlingen eine neue Brücke eingesetzt.
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FOTO: REGINA BRAUNGART Sabine Kremer muss in Tuttlingen einen Anschlussb­us im Stadtverke­hr nehmen. Das dauert jetzt aber viel länger.

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