Fahrgäste kämpfen (erfolgreich) mit Schienenersatzverkehr
Züge zwischen Rottweil und Singen werden bis Montag mit Bussen ersetzt – Die Orientierung ist nicht einfach
SPAICHINGEN/LANDKREIS TUTTLINGEN - Noch bis einschließlich Sonntag müssen Fahrgäste zwischen Rottweil und Singen wegen Bauarbeiten mit dem Bus die Lücke überbrücken: „Schienenersatzverkehr“nennt sich das. Dabei gibt es zwei Arten von Bussen, die eingesetzt sind: diejenigen, die den Ringzug ersetzen, also mehrere Haltestellen anfahren, und diejenigen, die die Fernverbindungen ersetzen, also von Rottweil über Spaichingen bis Tuttlingen, Engen und Singen durchfahren.
Problematisch ist es in Spaichingen mit der Ersatzhaltestelle für „Spaichingen Mitte“gewesen, sagt Busfahrer Kai Scheffler. Die ist nämlich bei der Marienapotheke an der Hauptstraße und das hätten viele Fahrgäste nicht gewusst. In Wurmlingen sei eine Haltestelle falsch ausgezeichnet gewesen, was für Verwirrung gesorgt habe. Ansonsten laufe es ganz gut mit dem Schienenersatzverkehr, meint der Fahrer. Seine Firma ist Luschin-Reisen in Bad Dürrheim.
Wie schafft es die Bahn, den Verkehr auf die Straße zu bringen? Es werden vor allem auch Reisebus-Unternehmen eingesetzt und zwar aus der ganzen weiteren Region. So sind viele Busse zum Beispiel mit VS, TÜ oder anderen Kennzeichen zu sehen. Wahrscheinlich sind die Unternehmen froh genügend Fachpersonal gefunden zu haben, dass es zu wenig Busfahrer gibt, ist eine lange bekannte Tatsache.
Eine Frau, die regelmäßig von Spaichingen Richtung Singen, aber auch Stuttgart fährt, aber ihren Namen nicht verrät, ist gelassen. Sie habe sich bei der Bahn erkundigt, auf die Pläne geschaut und brauche jetzt halt ein bisschen länger. Was sie stört, ist der fehlende Komfort im Bus. „Ich fahre lieber Zug.“Der Bus sei zudem voller als der Zug.
Die Taktung ist schwieriger, sagt Sabine Kremer. Sie ist regelmäßig zur Krankengymnastik in Spaichingen und muss in Tuttlingen mit dem Stadtbus vom und zum Bahnhof fahren. „Überall muss man lange warten“, weil die Busse nicht aufeinander abgestimmt seien. „Der Ringzug ist geschickter.“Sie ärgert sich, dass manche Fahrer nicht richtig Deutsch sprächen und so keine Auskunft geben könnten.
Steffen Haas findet den Öffentlichen Nahverkehr für seine Zwecke prima. Der Trossinger arbeitet in Spaichingen und nutzt seit über 20
Jahren den Bus zum Pendeln. „Ich kann mich nicht beklagen. Im Jahresabo zahle er 39 Euro im Monat, „das schaffen Sie mit sonst keinem Fahrzeug.“Und mit dem 9-Euro-Ticket spart er jetzt auch noch 90 Euro insgesamt. Am Dienstag nutzt auch er den Schienenersatzbus nach Tuttlingen. Aber diese Route sei die Ausnahme, entsprechend gelassen ist der Trossinger.
Zwei Männer, die ebenfalls in Spaichingen arbeiten, aber von Tuttlingen pendeln, haben Probleme, sich zu orientieren, es liegt an der Sprache, die sie nicht völlig beherrschen. Sie haben auch die Bahn App nicht, mit der sich andere Fahrgäste über die Änderungen informieren. So warten sie einfach, bis der Bus kommt, was problematisch sei, wenn sie rechtzeitig zur Arbeit kommen wollen, so sagen sie.
Sven Reitler pendelt mit dem Zug von Gottmadingen nach Tuttlingen. Am Montag hat er den Schienenersatzverkehr genutzt. Sein Fazit: „Man ist als Bahnpendler einiges gewohnt, daher war der Ablauf keine Überraschung.“Sprich es gäbe durchaus Verbesserungspotenzial.
Wie immer ist er um 6.20 Uhr am Gottmadinger Bahnhof gestartet. Ab Singen musste er den Schienenersatzverkehr nutzen. Nur: Um diese Uhrzeit gab es noch keine Busse in Richtung Tuttlingen, erst eine Stunde später. Also hat er einen der beiden Busse genommen, die Richtung Immendingen fuhren. Nicht alle Fahrgäste hatten Sitzplätze, einige mussten stehen. „Und das bei einer zügigen Fahrt über die Autobahn“, sagt der Pendler. Da sei ihm mulmig geworden.