Gränzbote

Gemeinden wollen bei Digitalisi­erung Gas geben

Kommunen rund um Trossingen streben papierlose Verwaltung an – Schulen mit WLAN ausgerüste­t

- Von Yannick Rehfuss

TROSSINGEN - Ein verlässlic­her Internetzu­gang, einfache und direkte Kommunikat­ion, schnelle Computer – all das ist im Alltag und Berufslebe­n längst nicht mehr wegzudenke­n. Doch viele Verwaltung­en hinken diesem Medienwand­el noch immer hinterher. Unsere Redaktion hat sich daher bei Simon Axt und Andreas Zuhl, den Bürgermeis­tern aus Durchhause­n und Talheim, bei Trossingen­s Bürgermeis­terin Susanne Irion und bei der Gunninger Ortsverwal­tung erkundigt, wie der aktuelle Stand bei der Digitalisi­erung ist. Klar ist: Es tut sich etwas in der Region.

Dennoch gibt es viele Bremsklötz­e, die noch zu beseitigen sind. „Verwaltung­en tun sich mit dem Thema Digitalisi­erung insgesamt leider etwas schwer“, sagt Trossingen­s Bürgermeis­terin Susanne Irion und führt ein Beispiel an, das die Digitalisi­erungsbemü­hungen ad absurdum führt: „Kommunale Förderantr­äge für den Breitbanda­usbau sind modern online zu stellen, um die Unterlagen ganz am Ende dann in doppelter Ausfertigu­ng von uns ausgedruck­t und handschrif­tlich unterschri­eben an den Fördergebe­r zurückzuse­nden.“Hinzu kommt, dass in Trossingen die Stelle für Digitalisi­erung nach einem Personalwe­chsel noch bis Juli unbesetzt bleiben muss. Auch deswegen hinkt die Stadt den Gemeinden im Trossinger Umland in vielen Bereichen der Digitalisi­erung hinterher.

Trossingen, Durchhause­n und Talheim haben mittlerwei­le auf ein Dokumenten­management­system umgestellt, das Papier sparen soll – doch das System wird von den Gemeinden und der Stadt noch längst nicht in jedem Bereich genutzt.

Besonders ehrgeizig ist jedoch Talheims Bürgermeis­ter Andreas Zuhl. Sein Rathaus soll zukünftig gänzlich ohne Papier auskommen – alles soll digitalisi­ert erfasst und bearbeitet werden. Teilweise wird das bereits durch das System umgesetzt. „In den kommenden Wochen wollen wir nun auch den Sitzungsdi­enst digitalisi­eren, sodass unser Gremium vollkommen papierlos arbeitet“, erklärt Zuhl. In Durchhause­n sei man neben der Einführung des Systems gerade dabei, verwaltung­sintern die digitale Zeiterfass­ung einzuführe­n, berichtet Bürgermeis­ter Simon Axt. Der Gemeindera­t werde zukünftig ebenfalls digital arbeiten. Weniger weit ist die Trossinger Verwaltung. „Wir arbeiten noch nicht papierlos“, erklärt Irion. Das Dokumenten­management­system sei gerade erst eingeführt worden. Bislang funktionie­re es im Kassenwese­n schon ganz gut, in anderen Bereichen gebe es jedoch noch „großes Potenzial“, berichtet die Bürgermeis­terin.

Nachholbed­arf haben alle Gemeinden und auch Trossingen hinsichtli­ch der Umsetzung des Onlinezuga­ngsgesetze­s. Dieses fordert Bund, Länder, aber eben auch Gemeinden bis Ende 2022 auf, ihre Verwaltung­sleistunge­n auch digital anzubieten. Damit soll es beispielsw­eise möglich sein, Elterngeld­anträge nicht mehr nur schriftlic­h bei den Gemeinden einzureich­en, sondern auch online. Doch bislang hat sich in diesem Punkt noch wenig getan. Priorität hat in Durchhause­n und Talheim zunächst die interne Digitalisi­erung der Verwaltung, bevor der Bürger von digitalisi­erten Verwaltung­sleistunge­n profitiere­n kann. Einzelne Dienstleis­tungen, wie eine Gewerbeanm­eldung, können in Durchhause­n jedoch bereits vollständi­g online erfolgen.

Erfreulich­er verläuft indes die Digitalisi­erung der Schulen. Vor allem in Trossingen wurde viel Geld und Technik in Bewegung gesetzt. Irion erklärt, dass die Stadt knapp eine Million Euro an Fördermitt­eln erhalten habe. Das Ergebnis: Jedes Klassenzim­mer in der Stadt sei nun mit einem Beamer, einem Laptop und einer Dokumenten­kamera ausgerüste­t. In den Grundschul­en wurde die Netzwerkve­rkabelung auf den erforderli­chen technische­n Stand gebracht. Weiterhin erhalten alle Schulen noch einen Glasfasera­nschluss und WLAN. Doch Irion sieht noch weiteren Bedarf: „Der Idealfall, auch im Sinne der Chancengle­ichheit, wäre, jedes Kind mit einem Laptop auszustatt­en.“Doch dafür benötige die klamme Stadt weitere Zuschüsse. Dank der Spende von 60 Computern eines Trossinger EDV-Unternehme­ns konnten immerhin 60 Realschüle­r am Online-Unterricht teilnehmen.

Mit deutlich weniger Geld müssen die Trossinger Umlandgeme­inden ihren Bildungsbe­reich voranbring­en. Dennoch wurde in Talheim die Elektrik des kompletten Schulhause­s überarbeit­et. Dabei wurden ein Schulnetzw­erk geschaffen, flächendec­kendes WLAN eingeführt und die Klassenzim­mer mit Medientech­nik ausgestatt­et. In den Kindergärt­en setzen sowohl Talheim als auch Gunningen auf Apps, die die einfache Kommunikat­ion mit den Eltern und die Koordinati­on des Alltags ermögliche­n sollen. Damit sei man in Talheim sehr zufrieden, berichtet Zuhl: „Wir können bereits jetzt eine Ersparnis beim Papierverb­rauch und der Zeit verzeichne­n.“Auch für die Grundschul­e sei eine Schul-App geplant, die flächendec­kend eingeführt werden soll. In den Verwaltung­en von Trossingen, Durchhause­n, Gunningen und Talheim ist die Digitalisi­erung aktuell ein großes Thema. Inwieweit die Pläne jedoch auch umgesetzt werden können, hängt wie so oft von Zuschüssen ab.

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