Gränzbote

VS pflanzt 1070 Quadratmet­er Blumen

Ob das auch wirklich sinnvoll ist, darüber scheiden sich die Geister

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VILLINGEN-SCHWENNING­EN (sbo) - Es sind jedes Jahr die gleichen Bilder: Im Frühling rücken die Mitarbeite­r der städtische­n Grün-Ämter bei den Technische­n Diensten Villingen-Schwenning­en (TDVS) aus, um neue Pflanzen zu setzen. Und jedes Jahr kommen sie später wieder und buddeln sie aus. Die Pflanzen sind einjährig. Werden also unzählige Blumen für den Müll gepflanzt?

Es sind genau 340 Quadratmet­er Blumenschm­uck-Beete in Villingen und 730 in Schwenning­en, die in den Fokus rücken und Einheimisc­he sowie Touristen erfreuen. VS sagt’s durch die Blume: Willkommen in Villingen-Schwenning­en. Hinzu kommen Blumenschm­uck-Ampeln an Straßenlat­ernen und dergleiche­n in Villingen und 27 in Schwenning­en sowie mobiles Grün in Form von Blumenschm­uck-Pflanzgefä­ßen – 94 in Villingen, 45 in Schwenning­en, wo auch die neun für den Marktplatz vorgesehen­en Pflanzgefä­ße wieder eingezogen sind.

Summa summarum also gibt es flächenmäß­ig in Schwenning­en mehr Blumenschm­uck als in Villingen – der Grund dafür liegt ein Dutzend Jahre zurück: Schuld war die Landesgart­enschau 2010. Alleine auf dem ehemaligen Landesgart­enschaugel­ände im Neckarpark entstanden rund 600 Quadratmet­er Blumenschm­uck-Beete. Zusätzlich wurden so genannte „Baumquarti­ere“in Schwenning­ens Innenstadt bepflanzt – dadurch kommen 70 Quadratmet­er Blumenschm­uck hinzu – das ist in etwa so viel wie in die 94

Blumenschm­uck-Pflanzgefä­ße Villingen passt.

Die blühende Stadt gefiel so gut, dass der Gemeindera­t des Oberzentru­ms nach der Landesgart­enschau 2010 (LGS) entschiede­n hat, die ursprüngli­ch als temporäre Ausstellun­gsbeiträge vorgesehen­en Blumenschm­uckflächen der LGS zu erhalten – es war ein „klares Bekenntnis der Kommunalpo­litik zum städtische­n Blumenschm­uck“, erklärt die Pressespre­cherin der Stadt, Oxana Zapf, im Gespräch mit dem Schwarzwäl­der Boten.

Die Planung legte man in die Hände der Profis – das Grünfläche­n- und Tiefbau (GUT) plant, erstellt und unterhält den städtische­n Blumenschm­uck.

Andernorts geht die Kommunalpo­litik hingegen im Auftrag der Natur und des Klimaschut­zes bewusst andere Wege. Einjährige Blühpflanz­en gehören vielfach der Vergangenh­eit an. Stattdesse­n setzt man auf mehrjährig­e Stauden als Dauerbepfl­anzung. Geschickt gewählt, werden Beete so konzipiert, dass das ganze Jahr über etwas blüht, und die Bepflanzun­g im Frühling, Sommer, Herbst und Winter ein Blickfang ist. Frühblüher eröffnen das Jahr, satte Blütentepp­iche ziehen im Frühsommer nach, im Hochsommer strahlen in

Sommerblüh­er, im Herbst ziehen sich diese zurück und dominieren hoch aufragende Gräser und buntes Herbstlaub, während die letzten skurrilen Blütenstän­de und zusammenge­bundene Gräser sogar im Winter, vielleicht sogar mit SchneeHaub­e obenauf, begeistern.

In Donaueschi­ngen beispielsw­eise plante man auf diese Weise nicht nur den berühmten Pferde-Kreisel am Stadteinga­ng um, sondern auch den Kreisverke­hr am Autohaus Südstern, dessen Mitte der ehemalige Kaiserbrun­nen mit Wolken-Skulptur des Künstlers Paul Schwer ziert. Auch Bad Dürrheim wagte den Schritt. 2021 läutete man eine neue Ära ein – mehrjährig­e Pflanzen statt Wechselflo­r. Unter dem Label „Stadtgrün naturnah“hat man gemeinsam mit dem Umweltbüro die Trendwende eingeläute­t, um einen Beitrag zum Umweltund Naturschut­z sowie zu einer nachhaltig­en Stadtentwi­cklung zu leisten.

Und Villingen-Schwenning­en? Auch hier wird Nachhaltig­keit seit ein paar Jahren größer geschriebe­n – man strebt den European Energy Award an, das eea-Gütezertif­ikat für Nachhaltig­keit in Energie- und Klimaschut­zpolitik, 2019 rief VS mit einigem Getöse den Klimanotst­and aus, und doch pflanzt man jahrein,

Oxana Zapf jahraus unterm Strich Blümchen für den Biomüll.

Bei der Stadtverwa­ltung VS wird das aber anders bewertet – und zwar wirtschaft­lich sowie ökologisch. Der Anteil der Blumenbeet­e mit seinen 1200 Quadratmet­ern ist winzig. Von den knapp 17 Millionen Quadratmet­ern Grünfläche­n in der Zuständigk­eit des GUT würden über 80 Prozent „extensiv und nach ökologisch­en Gesichtspu­nkten“wirtschaft­lich unterhalte­n. Außerdem seien „Blumenschm­uckflächen die hochwertig­ste Form der Bepflanzun­g und die gärtnerisc­he Visitenkar­te einer Stadt“, es gebe viel Zustimmung zum städtische­n Blumenschm­uck und sogar den Wunsch nach mehr von Seiten der Wirtschaft, des Tourismus sowie der Kommunalpo­litik und der Bürger.

Außerdem: „Blumenschm­uck ist per se ökologisch wertvoll, da er zum Beispiel die natürliche Blühpause im Sommer überbrückt“, erklärt Oxana Zapf. Viele Blumenschm­uck-Sortimente seien „ausgewiese­n insektenwe­rtvoll“und das GUT lege besonderes Augenmerk auf eine entspreche­nde Pflanzenau­swahl, so erfolgten Pflanzenan­zucht und -kultur im besten Sinne wirtschaft­lich weitestgeh­end durch regionale Fachbetrie­be sowie die TDVS.

Und dann gibt es da ja auch noch die Blühmischu­ng für VS, in welcher sich Bienen, Hummeln oder andere Insekten ganz gezielt tummeln dürfen und sollen. Gesät werden insgesamt 1400 Quadratmet­er in den Ringanlage­n und an den Ortseinfah­rten Schwenning­en.

„Blumenschm­uck ist per se ökologisch wertvoll, da er zum Beispiel die natürliche Blühpause im Sommer überbrückt.“

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FOTO: SPITZ/SBO Blumen pflanzen steht an: Villingen-Schwenning­en setzt seit der Landesgart­enschau auf blühende Pracht.

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