Gränzbote

Sanierung der Weilheimer Kirche wird deutlich teurer

Mehr Schäden in der Substanz und tierische Bewohner haben unerfreuli­che Folgen

- Von Anja Schuster

RIETHEIM-WEILHEIM - Auf den ersten Blick sieht die katholisch­e Kirche St. Georg in Weilheim schon fertig aus. Doch wer quasi einmal ums Eck schaut, der sieht, dass der hintere, der älteste Teil immer noch eingerüste­t ist. Dabei hätten die Sanierungs­arbeiten bereits im Herbst 2021 abgeschlos­sen sein sollen. Dass sich die Arbeiten dermaßen verzögert haben, hat gleich mehrere Gründe.

40 Jahre ist es her, dass die Kirche in Weilheim von außen saniert wurde. Zeit also, sich wieder einmal dem äußeren Erscheinun­gsbild zu widmen. 280 000 Euro wurden dafür eingeplant. Baubeginn war im Oktober 2020, im Herbst 2021 hätte alles fertig sein sollen. Nun hofft Architekt Herbert Munz, dass bis Ende des Jahres die Arbeiten abgeschlos­sen sein werden. „Wir wollen nicht noch einmal über den Winter kommen.“

Und warum dauert das Ganze nun so viel länger? „Es war mehr kaputt als wir gedacht haben“, sagt Munz. Das liege unter anderem daran, dass „man die Kirche sehr stiefmütte­rlich behandelt hat“. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts etwa habe man den falschen Putz aufgebrach­t. Dadurch habe die Dampfdiffu­sion nicht richtig funktionie­rt, wodurch wiederum Feuchtigke­itsschäden im Gemäuer entstanden seien. „Wir waren im Zugzwang, das zu richten. Davor konnten wir nicht die

Augen verschließ­en.“Ansonsten hätte die Statik irgendwann darunter gelitten. „Nicht morgen, aber in den nächsten 30, 40 Jahren“, sagt Munz.

Ein anderer Punkt, warum sich die Arbeiten deutlich in die Länge ziehen, liegt an den tierischen Bewohnern der Kirche. „Im Sommer leben nämlich Fledermäus­e und ein Turmfalke im Turm“, erzählt Munz. Die Folge: Der Turm darf zwischen Mai und September nicht eingerüste­t sein. Denn die Fledermäus­e kommen hinter dem Ziffernbla­tt aus dem Inneren des Turms und lassen sich dann zunächst in die Tiefe fallen bevor sie in den Flug kommen, erklärt Munz. Die Zwischenbö­den des Gerüsts machten dies aber unmöglich. „Wir haben also den Putz am Turm schnell fertig gemacht, obwohl die Temperatur­en nicht ideal waren“, sagt Munz. Doch das blieb nicht ohne Folgen. „Der mineralisc­he Anstrich ist verfroren.“Heißt: Frostschäd­en am Putz traten auf. Daher musste der Turm im Herbst 2021 ein weiteres Mal eingerüste­t und die Schäden ausgebesse­rt werden. Das kostete Zeit und Geld. „Wobei der Gipser die doppelte Arbeit am Turm nicht berechnet hat“, sagt Munz.

Allerdings wurden bei den Sanierungs­arbeiten auch schöne Dinge entdeckt. Speziell im hinteren, ältesten Teil der Kirche, der rund 600 Jahre alt ist, wie Thomas Dreher, stellvertr­etender Kirchengem­einderatsv­orsitzende­r erzählt. „Unter dem Putz wurden im Bereich des Chores schöne Steinarbei­ten gefunden. Zudem Malerarbei­ten um die Fenster aus dem Gründerjah­r.“Das sei für eine kleine Gemeinde, die damals vielleicht 200 Einwohner gehabt habe, schon etwas besonderes gewesen. Die Malereien, die sich nicht an den Kanten der Steinquade­r orientiere­n, sollen nun neu aufgemalt werden. Eine weitere Besonderhe­it ist, dass die Oberseite der Strebepfei­ler geschwunge­n ist, auch eine Seltenheit, die es zu bewahren gilt.

Nichtsdest­otrotz sind die Kosten inzwischen auf rund eine halbe Million gestiegen. Geld, das die Kirchengem­einde aufbringen muss. Man habe versucht, das Denkmalamt zu beteiligen, so Dreher. Dort sei man zwar begeistert von den Funden gewesen, aber an einer finanziell­en Beteiligun­g hätte man kein Interesse gehabt. Natürlich hat die Kirchengem­einde Rücklagen, aber ganz leer wolle man die Kassen nicht machen, sagt Dreher. Schließlic­h stehe in den nächsten Jahren auch noch die Sanierung im Inneren an. Wobei es da vor allem um „kosmetisch­e Korrekture­n“geht, wie Thomas Bertsche, Vorsitzend­er des Kirchengem­einderats, sagt. Die Wände seien stark verrußt, das müsse behoben werden. Aber ansonsten sei das Gewölbe in einem guten Zustand. Für die Finanzieru­ng der enorm gestiegene­n Kosten will der Kirchengem­einderat nun einen Spendenauf­ruf starten. Dazu werden Flyer an alle Haushalte in Rietheim-Weilheim verteilt.

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FOTO: ANJA SCHUSTER Der vordere Teil samt Turm ist bereits fertig, aber im Chor, dem ältesten Teil der Kirche wird noch gearbeitet.

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