Eine Welle von Problemen
Fehlende Arbeitskräfte setzen Freizeitparks unter Druck
Nach zwei Jahren Pandemie genießen nun wieder viele Familien Besuche in Freizeitparks. Ob Achterbahn, Karussell oder heiße Waffeln – hinter all den Angeboten stehen Menschen, die das ermöglichen. Doch der Branche fällt es immer schwerer, genug Mitarbeiter zu finden. „Es ist eine Tragödie, die sich durch alle Unternehmen der Freizeit- und Tourismusbranche zieht“, sagte Jürgen Gevers, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Freizeitparks, am Mittwoch. Corona habe die Betriebe hart getroffen. „Sie mussten als Erste schließen und durften als Letzte wieder öffnen.“Es gebe kaum ein Unternehmen, das nun nicht unter Personalnot leide.
RAVENSBURG - In vielen Freizeitparks helfen im Sommer Saisonkräfte und grillen Würstchen, verkaufen Tickets an der Tageskasse oder überprüfen die Sicherheitsbügel bei Achterbahnen. Nach zwei Jahren mit geschlossenen Parks und Einschränkungen durch gesetzliche Vorgaben haben sich viele Arbeitskräfte andere Jobs gesucht. Die Besucher sind wieder da, aber einige Freizeitparks mussten Mittagspausen bei Fahrgeschäften einführen oder das Gastronomieangebot reduzierten, weil sie nicht genug Arbeitskräfte haben.
Der Erlebnispark Tripsdrill in Cleebronn im Landkreis Heilbronn bemüht sich vor allem um Kräfte im Gastronomiebereich. „Bei uns hatten einzelne Gastrostationen zeitweise geschlossen“, sagt Birger Meierjohann von Tripsdrill. In den Gastrostationen werden vor allem kleine Snacks und Getränke angeboten. Wegen der Personalsituation hat der Park Anfang März zum ersten Mal einen Bewerbertag abgehalten. Ungefähr 70 bis 80 Personen kamen und es konnten mehrere Stellen besetzt werden.
In der Hochsaison setzt der Freizeitpark zur Unterstützung auf Saisonkräfte. Bis August steigt die Zahl der Beschäftigten dann von 100 auf bis zu 450 Personen. „Aktuell sind rund 300 Personen bei uns tätig und es ist genug Personal da. Für die Gastronomie suchen wir weiterhin“, sagt Meierjohann. Zu der Zahl, wie viele Stellen genau noch unbesetzt sind, macht er keine Angaben. Viele Saisonkräfte sind ausländische Studenten aus Kirgistan oder Georgien. Tripsdrill arbeitet aber auch mit einer Vermittlungsagentur zusammen, die zum Beispiel Auszubildende aus Tunesien an den Park vermittelt.
Vor allem Vollzeitkräfte kommen aber meist aus den Regionen der Freizeitparks. Ganzjährig sind rund 12 500 Personen in deutschen Freizeiteinrichtungen angestellt. Das geht aus einer Untersuchung des Arbeitsmarkts saisonaler Freizeit- und Tourismuseinrichtungen im ländlichen Raum hervor. In der Spitzensaison im Sommer steigt diese Zahl aber auf über 50 000 an.
„Viele Parks hatten schon vor der Corona-Pandemie Probleme, Stellen zu bestzen. Jetzt knallt es aber richtig“, sagt Jürgen Gevers, Geschäftsführer
des Verbands Deutscher Freizeitparks und Freizeitunternehmen (VDFU). Viele Beschäftigte seien in andere Branchen abgewandert. Dabei handelt es sich meist nicht um Fachkräfte, sondern um angelernte Beschäftigte, die den Freizeitparks jetzt fehlen. „Außerdem ist es ein Problem, dass jedes Jahr rund eine Millionen Babyboomer in Deutschland in Rente gehen und es an Ersatz fehlt“, sagt Gevers. Das würde auch die Tourismus- und Freizeitbranche betreffen. Es gäbe jetzt schon Parks, die Mittagspausen bei ihren Fahrgeschäften machen müssten, da es an Personal fehlt, so Gevers.
Der Europa-Park in Rust hat zum Beispiel zu wenig Personal in der Gastronomie, weshalb von einer Besucherobergrenze von 30 000 Menschen am Tag berichtet wurde. Diese Obergrenze gibt es laut dem Park aber nicht. Zwar könnten täglich 50 000 Menschen den Park besuchen, meist wird dieser Wert aber erst in den Sommerferien erreicht. Bis zum Sommer soll fehlendes Personal durch Ferienjobber behoben werden.
Das Ravensburger Spieleland in Meckenbeuren im Bodenseelandkreis hat keine Personalprobleme. Neben den rund 100 Festangestellten und 15 Auszubildenden arbeiten noch etwa 500 Saison- und Abrufkräfte im Spieleland. „Dadurch, dass wir die ganze Saison das gleiche Angebot bieten, benötigen wir während der Ferien gleich viele Mitarbeiter, wie außerhalb der Ferien“, sagt Yvonne Wirth vom Ravensburger Spieleland.
Wenn den Freizeitparks Personal fehlt, ist es meist in der Gastronomie. Aber auch Kassierer, Putzpersonal oder Menschen, die die Sicherheitsbügel der Fahrgeschäfte überprüfen, werden benötigt. „Von Park zu Park ist die Situation aber unterschiedlich“, sagt Jürgen Gevers.
Viele Freizeitparks bieten Mitarbeitern auch Vergünstigungen an, um neue Kräfte zu werben. 47 Prozent der Mitglieder im VDFU bieten ihren Mitarbeitern mittlerweile Unterkünfte an. „Das Problem ist aber, dass die Mitarbeiter diese Unterkünfte versteuern müssen“, sagt Gevers. Das wäre ein Standortnachteil für Deutschland, da in Österreich und der Schweiz keine Mitarbeiterunterkünfte versteuert werden müssen. Gerne würde Gevers auch die Zeit der kurzfristigen Beschäftigung von drei auf sechs Monate verlängern. Das sei vor allem für Rentner attraktiv, die nicht zu Hause sitzen wollen. Im Park könnten sie unter Leute gehen und sich nebenher noch ihre Rente aufbessern. „Da macht es keinen Sinn, wenn man die nach drei Monaten wieder vor die Tür setzt und eine Festanstellung lohnt sich nicht“, sagt Gevers.
Beim Skyline Park in Rammingen im Landkreis Unterallgäu erhalten Mitarbeiter vergünstigtes Mittagessen und Getränke und ein begrenztes Kontingent an Freikarten. „Dieses Jahr ist es auffallend schwer, gutes Personal zu finden“, sagt Diana Edmaier vom Skyline Park. „Das die Fahrgeschäfte offen sind, ist aber das Wichtigste. Deshalb kommen die Menschen zu uns in den Park.“Vor allem im Gastronomie- und Servicebereich werden noch Kräfte gesucht. Sollte es zu einem Personalmangel kommen, würde der Park aber als Erstes das Essensangebot reduzieren.