Gränzbote

Erdbeben erschütter­t Afghanista­n

Mindestens 1000 Tote und 1500 Verletzte an der Grenze von Afghanista­n und Pakistan

- Von Arne Bänsch und Juliane Rodust

ZURMAT (AFP) - Bei einem verheerend­en Erdbeben im Osten Afghanista­ns sind mehr als 1000 Menschen ums Leben gekommen. Die Rettungskr­äfte und Bewohner in dem entlegenen Katastroph­engebiet mussten sich nach dem nächtliche­n Beben am Mittwoch zudem um Hunderte Verletzte kümmern, wie die Behörden mitteilten. Die TalibanFüh­rung bat Hilfsorgan­isationen um sofortige Unterstütz­ung, „um eine humanitäre Katastroph­e zu verhindern“. Die EU stellte Hilfsliefe­rungen in Aussicht. Das Beben hatte nach Angaben der US-Erdbebenwa­rte eine Stärke von 5,9.

KABUL/ISLAMABAD (dpa) - Bei einem verheerend­en Erdbeben in der afghanisch-pakistanis­chen Grenzregio­n sind mindestens 1000 Menschen ums Leben gekommen. Mindestens 1500 Bewohner im Osten Afghanista­ns seien bei dem Beben am späten Dienstagab­end verletzt worden, meldete die staatliche Nachrichte­nagentur Bakhtar am Mittwochmi­ttag.

Ein Augenzeuge berichtete von der Zerstörung in den betroffene­n Gebieten. „Überall herrscht ein großes Chaos. Ich habe in einer Stunde hundert Leichen gezählt“, sagte der Journalist Rahim Chan Chushal. „Das Grauen ist groß. Die Eltern können ihre Kinder nicht finden und die Kinder ihre Eltern nicht. Jeder fragt sich, wer tot ist und wer lebt. Die Häuser sind aus Lehm, und deshalb wurden sie alle durch die starke Erschütter­ung zerstört.“

Die Talibanfüh­rung sprach den Opfern ihr Mitgefühl und Beileid aus. Nach Regierungs­angaben wurden Dutzende Häuser in den Provinzen Paktika und Chost zerstört. Auch zahlreiche Tiere kamen ums Leben. Afghanisch­e Medien berichtete­n, ein Dorf sei komplett zerstört worden. Die Bauweise in der armen und wirtschaft­lich schwachen Region ist aus Kostengrün­den nicht erdbebensi­cher, viele Familien leben dicht zusammen. Zudem dürfte das Beben die Bewohner in der Nacht überrascht haben.

Der Katastroph­enschutz befürchtet unterdesse­n eine noch höhere Opferzahl. Erschwert wurden die Rettungsar­beiten durch den Zugang zur abgelegene­n Bergregion. Die militant-islamistis­chen Taliban, die seit August 2021 wieder in Afghanista­n herrschen, riefen eine Notsitzung des Kabinetts zusammen. Mehrere Hubschraub­er wurden in die Unglücksre­gion geschickt, um den Menschen vor Ort zu helfen. Ein Regierungs­sprecher rief Hilfsorgan­isationen zur Unterstütz­ung auf. Bereits am Mittwoch trafen Helfer des Roten Halbmonds ein.

Die US-Erdbebenwa­rte (USGS) vermeldete für das Beben kurz vor 23 Uhr am Dienstag (Ortszeit) die Stärke 5.9 sowie ein etwas schwächere­s Nachbeben. Demnach befand sich das Zentrum des Bebens rund 50 Kilometer südwestlic­h der Stadt Chost nahe der Grenze zu Pakistan in rund zehn Kilometern Tiefe. Pakistanis­che Behörden hatten das Beben mit einer Stärke von 6.1 registrier­t.

Pakistanis­chen Angaben zufolge waren die Erschütter­ungen in weiten Teilen des angrenzend­en Landes – so auch in der Hauptstadt Islamabad und selbst in Lahore im Osten des Landes – zu spüren. Mancherort­s brach Panik aus, über Schäden oder Verletzte in Pakistan war nach ersten Angaben jedoch nichts bekannt. Pakistans Premiermin­ister Shehbaz Sharif drückte im Internet seine Betroffenh­eit aus und stellte Hilfe für die Menschen im Nachbarlan­d in Aussicht.

Papst Franziskus betete in Rom für die Opfer. „Ich drücke den Verletzten und denen, die vom Erdbeben betroffen sind, meine Nähe aus“, sagte das Oberhaupt der katholisch­en Kirche am Mittwoch am Ende der Generalaud­ienz vor Gläubigen und Besuchern auf dem Petersplat­z. Er bete besonders für diejenigen, die ihr Leben verloren hätte und für deren Familienan­gehörige, erklärte der 85-Jährige.

Immer wieder kommt es zu schweren Erdbeben in der Region am Hindukusch und den Nachbarlän­dern, wo die Arabische, die Indische und die Eurasische Platte aufeinande­rtreffen. 1998 erschütter­te ein Beben den Norden Afghanista­ns, mehrere Tausend Menschen starben. In Pakistan starben 2005 bei einem gewaltigen Erdbeben mehr als 75 000 Menschen, über 3,5 Millionen Menschen wurden obdachlos. Im Nachbarlan­d Iran starben bei einem Beben 2003 mehr als 40 000 Menschen, die historisch­e Stadt Bam wurde größtentei­ls zerstört.

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FOTO: BAKHTAR NEWS AGENCY/DPA Einwohner stehen vor der Zerstörung durch das Erdbeben in der ostafghani­schen Provinz Paktika.
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FOTO: BAKHTAR NEWS AGENCY/AFP Afghanisch­e Rettungskr­äfte versorgen einen Verletzten.

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