Gränzbote

Lauterbach will Corona-Schnelltes­ts stark begrenzen

Kostenlose­s Angebot nur noch für bestimmte Personengr­uppen – Kritik von Grünen und aus den Ländern

- Von Hajo Zenker

BERLIN - Was wird aus den Bürgertest­s? Geht es nach Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD), werden die kostenlose­n Corona-Schnelltes­ts ab dem 30. Juni deutlich reduziert. Nur noch Patienten mit Symptomen sollen dafür infrage kommen sowie ausgewählt­e Personengr­uppen ohne Symptome. Dies geht aus seiner „CoronaHerb­ststrategi­e“hervor.

Den Plänen des Gesundheit­sministers zufolge sollen weiterhin kostenlose Präventivt­estungen in Pflegeheim­en und Kliniken möglich sein. Auch vor Großverans­taltungen, bei regionalen Ausbruchsh­erden, für Kleinkinde­r oder für Schwangere im ersten Drittel der Schwangers­chaft soll es Tests auf Staatskost­en geben.

Doch diese Überlegung­en stoßen selbst beim grünen Koalitions­partner auf Kritik. Deren gesundheit­spolitisch­er Sprecher Janosch Dahmen schlägt stattdesse­n vor, dass nur noch Gesundheit­sberufe die Bürgertest­s durchführe­n sollten – aber nicht nur in Arztpraxen, „sondern etwa auch in Apotheken oder von Hilfsorgan­isationen und Sanitätsdi­ensten“. Bisher gibt es auch viele private Teststelle­nbetreiber. Das beschränke zugleich die Zahl der Testorte und komme damit dem Wunsch der Haushälter der Ampelfrakt­ionen nach, die Kosten zu begrenzen und die Qualität der Tests zu erhöhen, bleibe aber gleichzeit­ig – wie die Länder es zu Recht forderten – ein flächendec­kendes Angebot. Und ein solch breit verfügbare­s Testprogra­mm sei aufgrund der Dynamik der Pandemie auch weiterhin nötig.

Die Tests dagegen nur noch für bestimmte Personenkr­eise oder Anlässe vorzusehen, hält der Grüne Dahmen für falsch. Wenn etwa eine Frau zunächst im Testzentru­m nachweisen müsse, sich gerade in den ersten Wochen der Schwangers­chaft befinde, sei das „wenig praktikabe­l“, sagte er der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Ich halte es für ein Märchen, dass es in Deutschlan­d zurzeit eine große Zahl an Menschen gibt, die sich ständig grundlos in Testzentre­n testen. Das Gegenteil ist der Fall, trotz steigender Corona-Zahlen gehen die tatsächlic­h durchgefüh­rten Bürgertest­s zurück und nur noch die verantwort­ungsbewuss­ten Menschen sind diejenigen, die sich dort überhaupt noch testen lassen.“

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientens­chutz, Eugen Brysch, äußerte sich ebenfalls kritisch. „Präventiv-Testungen auf Krankenhäu­ser und Pflegeheim­e zu begrenzen, schließt allein 3,2 Millionen Pflegebedü­rftige, ihre Angehörige­n und Pfleger aus“, sagte er der „Rheinische­n Post“.

Auch aus den Ländern kam umgehend Kritik an Lauterbach­s Plänen, etwa von der sächsische­n Gesundheit­sministeri­n Petra Köpping und ihrer niedersäch­sischen Kollegin Daniela Behrens – beide wie Lauterbach von der SPD. Der Bundesgesu­ndheitsmin­ister hatte zuvor den Ländern vorgeworfe­n, diese wollten die Gratistest­s zwar behalten, sich aber nicht an den Kosten beteiligen. Ein Hintergrun­d für die geplante Einschränk­ung der Tests ist, dass diese bereits mehr als zehn Milliarden Euro gekostet haben. Zudem soll es viele Fälle von Missbrauch gegeben haben: Ermittler gehen von bis zu 1,5 Milliarden Euro aus, die abgerechne­t wurden, obwohl gar keine Leistung erbracht wurde.

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