Eine fatale Entwicklung
Dass die während der CoronaPandemie entstandenen Lernlücken bei den Schulkindern groß sind, war zu ahnen. Der nun vorgestellte Bildungsbericht hat deutlich gemacht, wie groß die Unterschiede zwischen Kindern und Jugendlichen aus sogenannten bildungsnahen und bildungsfernen Elternhäusern sind. Und das hat Gründe: Denn wie oft zum Beispiel den Kleinkindern zu Hause vorgelesen wird, hat sich zwar schon vor der Pandemie unterschieden. Während der verschiedenen Phasen der Schulschließungen und des Distanzunterrichts ist die Kluft hierzulande jedoch noch viel größer geworden.
Die fatale Entwicklung der vergangenen beiden Jahre zeigt: Gerade für die schwächeren Schülerinnen und Schüler gibt es keine Alternative zum Präsenzunterricht. Denn zu Hause zu lernen mögen manche Einser-Kandidaten als interessante Abwechslung empfinden. Diejenigen, die regelmäßig dafür kämpfen, auf eine Vier oder eine Drei zu kommen, brauchen dagegen in der Regel die tägliche Anleitung durch eine physisch vorhandene Lehrkraft. Sonst verlieren sie leicht den Anschluss. Und auch für die sehr guten Schülerinnen und Schüler gibt es beim digitalen Homeschooling Grenzen der Vermittelbarkeit. Von den sozialen Bindungen und dem gemeinsamen Erleben in den Bildungseinrichtungen ganz zu schweigen.
Die Hoffnungen ruhen nun auf dem zwei Milliarden Euro teuren Aufholprogramm. Doch ob die gut gemeinte Mischung aus Nachhilfeunterricht und gemeinsamen Unternehmungen überhaupt beim Aufholen der Lernrückstände hilft, kann niemand sagen, weil das Programm nicht wissenschaftlich begleitet wird. Was ein großes Versäumnis ist. Denn wer viel Geld ausgibt, sollte sich auch einen Eindruck davon verschaffen, ob das, was damit geschieht, sinnvoll ist.
Als die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel 2008 den Bildungsbericht vorstellte, gab die CDU-Politikerin als Ziel die „Bildungsrepublik Deutschland“aus. 14 Jahre später ist festzustellen: Das Ziel ist noch längst nicht erreicht.