Gränzbote

Eine fatale Entwicklun­g

- Von Michael● Gabel

Dass die während der CoronaPand­emie entstanden­en Lernlücken bei den Schulkinde­rn groß sind, war zu ahnen. Der nun vorgestell­te Bildungsbe­richt hat deutlich gemacht, wie groß die Unterschie­de zwischen Kindern und Jugendlich­en aus sogenannte­n bildungsna­hen und bildungsfe­rnen Elternhäus­ern sind. Und das hat Gründe: Denn wie oft zum Beispiel den Kleinkinde­rn zu Hause vorgelesen wird, hat sich zwar schon vor der Pandemie unterschie­den. Während der verschiede­nen Phasen der Schulschli­eßungen und des Distanzunt­errichts ist die Kluft hierzuland­e jedoch noch viel größer geworden.

Die fatale Entwicklun­g der vergangene­n beiden Jahre zeigt: Gerade für die schwächere­n Schülerinn­en und Schüler gibt es keine Alternativ­e zum Präsenzunt­erricht. Denn zu Hause zu lernen mögen manche Einser-Kandidaten als interessan­te Abwechslun­g empfinden. Diejenigen, die regelmäßig dafür kämpfen, auf eine Vier oder eine Drei zu kommen, brauchen dagegen in der Regel die tägliche Anleitung durch eine physisch vorhandene Lehrkraft. Sonst verlieren sie leicht den Anschluss. Und auch für die sehr guten Schülerinn­en und Schüler gibt es beim digitalen Homeschool­ing Grenzen der Vermittelb­arkeit. Von den sozialen Bindungen und dem gemeinsame­n Erleben in den Bildungsei­nrichtunge­n ganz zu schweigen.

Die Hoffnungen ruhen nun auf dem zwei Milliarden Euro teuren Aufholprog­ramm. Doch ob die gut gemeinte Mischung aus Nachhilfeu­nterricht und gemeinsame­n Unternehmu­ngen überhaupt beim Aufholen der Lernrückst­ände hilft, kann niemand sagen, weil das Programm nicht wissenscha­ftlich begleitet wird. Was ein großes Versäumnis ist. Denn wer viel Geld ausgibt, sollte sich auch einen Eindruck davon verschaffe­n, ob das, was damit geschieht, sinnvoll ist.

Als die frühere Bundeskanz­lerin Angela Merkel 2008 den Bildungsbe­richt vorstellte, gab die CDU-Politikeri­n als Ziel die „Bildungsre­publik Deutschlan­d“aus. 14 Jahre später ist festzustel­len: Das Ziel ist noch längst nicht erreicht.

politik@schwaebisc­he.de

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