Ende einer großen Reise
Der Allgäuer Reiseunternehmer Günther Holdenried stirbt im Alter von 76 Jahren
HEIMENKIRCH - Wenn es einen Unternehmer gab, auf den der Begriff Selfmademan passte, dann war es Günther Holdenried. Ende der 1970er-Jahre begann der Allgäuer im Dorfladen seiner Eltern in seinem Heimatdorf Heimenkirch Ausflüge und Busfahren zu organisieren – und fand in diesem Tun seine Leidenschaft fürs Leben. Am Anfang waren es Menschen aus dem Allgäu, später Gäste aus ganz Süddeutschland, die in seiner im Elternhaus eingerichteten Reiseagentur Touren und nach einigen Jahren auch Kreuzfahrten buchten.
Reiseexperte Oliver Mueller, der mehrere Standardwerke und Sachbücher über die Kreuzfahrtbranche geschrieben hat, nennt Günther Holdenried einen Pionier. „Er hat vielen Deutschen Kreuzfahrten zugänglich gemacht, als diese Art des Reisens noch als Luxus galt und es kaum irgendwo deutsche Reisebegleitungen auf internationalen Schiffen gab“, sagte Mueller vor gut drei Jahren. Funktioniert habe das vor allem über die Rundumbetreuung Holdenried. Als Reiseleiter holt der Allgäuer seine Kunden in jeder Hinsicht ab und kümmerte sich von der Anreise bis zur Betreuung an Bord um alles.
Sein Geschäftsmodell beruhte vor allem auf dem Bestreben der Reedereien, ihre Schiffe voll zu bekommen. Holdenried machte sich das zunutze: Er kaufte Restplatzkontingente auf
Kreuzfahrtschiffen auf, organisierte für seine Gäste eine Reisebegleitung und den Transfer zum Ablegehafen und verkaufte die Reise dann als Rundum-sorglos-Paket an die Kunden. Das war für die Reedereien ein Segen, weil sie ihre Schiffe – dank Holdenrieds guter Kundenbindung – auch sehr kurzfristig voll bekamen. Als Gegenleistung erhielt Holdenried gute Preise für seine Kunden. „Es war schon immer mein Ziel, einfachen Leuten Kreuzfahrten zu ermöglichen“, sagt Holdenried im Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“vor gut drei Jahren. „Deshalb buchen meine Kunden nicht online oder im Apothekerheftle, sondern bei mir“, sagte er weiter.
In seiner Reiseagentur beschäftigte Holdenried zehn Mitarbeiter, dazu kamen weitere zehn, die er als Reisebegleiter angestellt hat. Holdenrieds Umsatz liegt nach Expertenschätzungen im höheren einstelligen Millionenbereich. Den Gewinn verriet er nie, versicherte aber: „Wir sind profitabel.“
Seine Berufung fand Holdenried aber eher zufällig. Im Jahr 1979 startete er zu seiner ersten privaten Kreuzfahrt, einer Rundreise von Genua über Mallorca, Barcelona, Malta und Neapel. Holdenried ärgerte sich über die hohen Anreisekosten nach Ligurien ans Meer. „Die wollten 120 Mark für den Transfer nach Genua. Da ist ja die Suppe teurer als das Hauptgericht“, empörte er sich 2019 noch Jahre danach. Kurzerhand entschied der damals 33-Jährige, einen eigenen Bus zu mieten. Er pries die Reise im Laden seiner Eltern an und überredete die Kunden, nicht nur Zigaretten und Tomaten zu kaufen, sondern gleich noch eine Kreuzfahrt dazu. Wer nicht mit aufs Schiff wollte, sollte eben einen Tagesausflug nach Genua machen – für 35 Mark. Das Konzept ging auf, der Bus war ausgebucht, und Holdenried hatte nicht nur gespart, sondern sogar ein Geschäft gemacht.
Am Freitag vergangener Woche ist Günther Holdenried im Alter von 76 Jahren gestorben.