Gränzbote

Diverser Prinz trifft Gothic Girls

Steintäle Fridingen interpreti­ert Stück „Prinz und der Bettelknab­e“modern

- Von David Zapp

FRIDINGEN - Es ist kurz nach sieben. Die Luft im Freiluftth­eater Steintäle ist schwülfeuc­ht, doch das Wetter hält. Die Generalpro­be kann über die Bühne gehen. Immer noch trudeln Mitglieder des Kulturring­s ein, die sich noch für die Probe umziehen müssen. Manche Schauspiel­erinnen sind bereits geschminkt und stehen in voller Kostümieru­ng voller Erwartung bereit. Hier raucht noch ein Edelmann eine Zigarette, eine Bettlerin geht noch einmal ihren Text durch und stärkt sich mit einem Fleischkäs­wecken. Noch dominiert beim Herumflach­sen das schwäbisch­e Idiom. Auf der Bühne schalten die Mimen dann wie auf Knopfdruck vom Fridinger Dialekt ins Hochdeutsc­he um. Wir waren bei der Generalpro­be des diesjährig­en Stückes dabei und haben Mäuschen gespielt.

Das Stück „Der Prinz und der Bettelknab­e“ist nach zwei CoronaZwan­gspause die Wiederaufe­rstehung des Theaters auf der Naturbühne Steintäle. Da es in diesem Jahr nur ein Familienst­ück gibt, haben die beiden Spielleite­r Sven Reimann und Robin Rathmann alle Hände voll zu tun, um bei den Proben alle 70 Mitwirkend­e zu orchestrie­ren. Bevor es losgeht, schwören die beiden Spielleite­r ihr Ensemble auf die Generalpro­be ein. „Ich will, dass ihr euch konzentrie­rt und laut euren Text sprecht. Und bitte seid hinter der Bühne leise!“, mahnt Robin Rathmann. Auch er wirkt mit – als Bösewicht des Stückes. Nachdem das Ensemble zum Abschüttel­n der letzten Nervosität gemeinsam den Urschrei in den Abendhimme­l gebrüllt hat, leuchten schon die Scheinwerf­er auf.

Am Bühnenrand wird noch schnell eine Holzkiste mit der Aufschrift „Wein“umgedreht, immerhin spielt das Stück aus der Feder von Mark Twain in England. Da wäre deutscher Wein fehl am Platze. Während die Generalpro­be bereits angelaufen ist, werden noch letzte Arbeiten an und vor der Bühne erledigt. Während Prinz Edward in Geometrie und Sprachen unterricht­et wird, befestigen Techniker noch Scheinwerf­er an den Bäumen und die Soufflier-Box wird noch als Holzstoß präpariert und sauber gemacht.

Es ist das Märchen vom Rollentaus­ch, bei dem der verwöhnte Prinz und der darbende Betteljung­e ihre Milieus wechseln, um das Leben des anderen zu genießen: Prinz Edward freut sich auf die Matschpfüt­zen und das Toben mit den Kindern, der Betteljung­e auf ein richtiges Bett und keine Nächte mit knurrendem Magen mehr. Die beiden Hauptdarst­ellerinnen Hanna Braun und Marissa Lehrmayer sind voll in ihrem Element, haben sichtlich Spaß an und in ihren Rollen.

Die Probe läuft wie am Schnürchen, bis die Technik streikt. Beim Gesangsdue­tt von Hanna Braun als Prinz und Marissa Lehrmayer als Bettelknab­e Tom knarzen die Lautsprech­er so heftig, dass die Musikeinla­ge kurzerhand übersprung­en werden muss. „Da müssen wir noch etwas ändern“, sagt Robin Rathmann.

Für die Umsetzung haben sich die beiden Spielleite­r einige Kniffe einfallen lassen, um das Stück moderner und dynamische­r zu gestalten.

So ist die ehrwürdige Krönungsze­remonie eine extravagan­te „Show“, der sinistre und untreue Hauptmann (Robin Rathmann), der den Armen die Steuern auspresst und das Geld in die eigene Tasche steckt, erinnert an einen Voodoo-Priester mit weiß geschminkt­em Gesicht, schwarzem Zylinder und Mantel nebst Gehstock. Seine finster dreinblick­enden Lakaien sind in schwarz gewandete Gothic Girls und der dekadente Hofstaat in all seinem Prunk kommt als Persiflage auf die abgehobene JetsetSoci­ety heutiger Ausprägung daher, deren zelebriert­er Nonsens nur durch den Instagram-Filter Bedeutung suggeriert.

Und selbst die Moral von der Mär des Rollentaus­ches zwischen Prinz und Bettelknab­e darf dann auch in Regenbogen­farben erscheinen – wenn das Credo der Diversität vom Prinzen und neuen König ganz unverkramp­ft verkündet wird. Diese modernen Auffrischu­ngen fügen sich organisch ein in diese muntere Screwball-Komödie und punkten immer wieder mit Wortspiele­n und Pointen. Und einen tollen Running Gag – im wahrsten Sinne des Wortes – gibt es auch.

Kaum ist der Probelauf des Stück vollendet, tropft es auch schon von oben. Wie abgepasst. Schnell werden Kostüme und Bühnendeko­ration von der Bühne geschafft. Generalpro­be bestanden – im Großen und Ganzen, atmet Spielleite­r Robin Rathmann durch. „Mir fällt ein Stein vom Herzen. Es war bis zum Schluss bei den Proben richtig eng mit so vielen Mitspieler­n. Aber es hat geklappt.“

eingeschrä­nkten Parksituat­ion

Aufgrund der

unterhalb des Skihang Antoni bittet der Kulturring die Theaterbes­ucher frühzeitig anzureisen, um den Weg ins Steintäle pünktlich zu schaffen.

Die findet am Freitag, 24. Juni, um 19.30 Uhr statt. Eine

von der Generalpro­be sowie ein gibt es online unter www.schwaebisc­he.de.

Premiere Bildergale­rie Video

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FOTO: DAVID ZAPP Der Maskenball am Hofe erinnert an die abgehobene Jetset-Gesellscha­ft heutiger Zeit.
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FOTO: DAVID ZAPP Königszere­monie mit Hinderniss­en: Bis der richtige Prinz die Krone aufgesetzt bekommt, passieren einige turbulente Dinge.
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FOTO: DAVID ZAPP Prinz Edward (Hanna Braun) beim Privatunte­rricht: Der neugierige Prinz ist aber eher am prallen Leben abseits des Prunks im Königshaus interessie­rt.

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