Diverser Prinz trifft Gothic Girls
Steintäle Fridingen interpretiert Stück „Prinz und der Bettelknabe“modern
FRIDINGEN - Es ist kurz nach sieben. Die Luft im Freilufttheater Steintäle ist schwülfeucht, doch das Wetter hält. Die Generalprobe kann über die Bühne gehen. Immer noch trudeln Mitglieder des Kulturrings ein, die sich noch für die Probe umziehen müssen. Manche Schauspielerinnen sind bereits geschminkt und stehen in voller Kostümierung voller Erwartung bereit. Hier raucht noch ein Edelmann eine Zigarette, eine Bettlerin geht noch einmal ihren Text durch und stärkt sich mit einem Fleischkäswecken. Noch dominiert beim Herumflachsen das schwäbische Idiom. Auf der Bühne schalten die Mimen dann wie auf Knopfdruck vom Fridinger Dialekt ins Hochdeutsche um. Wir waren bei der Generalprobe des diesjährigen Stückes dabei und haben Mäuschen gespielt.
Das Stück „Der Prinz und der Bettelknabe“ist nach zwei CoronaZwangspause die Wiederauferstehung des Theaters auf der Naturbühne Steintäle. Da es in diesem Jahr nur ein Familienstück gibt, haben die beiden Spielleiter Sven Reimann und Robin Rathmann alle Hände voll zu tun, um bei den Proben alle 70 Mitwirkende zu orchestrieren. Bevor es losgeht, schwören die beiden Spielleiter ihr Ensemble auf die Generalprobe ein. „Ich will, dass ihr euch konzentriert und laut euren Text sprecht. Und bitte seid hinter der Bühne leise!“, mahnt Robin Rathmann. Auch er wirkt mit – als Bösewicht des Stückes. Nachdem das Ensemble zum Abschütteln der letzten Nervosität gemeinsam den Urschrei in den Abendhimmel gebrüllt hat, leuchten schon die Scheinwerfer auf.
Am Bühnenrand wird noch schnell eine Holzkiste mit der Aufschrift „Wein“umgedreht, immerhin spielt das Stück aus der Feder von Mark Twain in England. Da wäre deutscher Wein fehl am Platze. Während die Generalprobe bereits angelaufen ist, werden noch letzte Arbeiten an und vor der Bühne erledigt. Während Prinz Edward in Geometrie und Sprachen unterrichtet wird, befestigen Techniker noch Scheinwerfer an den Bäumen und die Soufflier-Box wird noch als Holzstoß präpariert und sauber gemacht.
Es ist das Märchen vom Rollentausch, bei dem der verwöhnte Prinz und der darbende Betteljunge ihre Milieus wechseln, um das Leben des anderen zu genießen: Prinz Edward freut sich auf die Matschpfützen und das Toben mit den Kindern, der Betteljunge auf ein richtiges Bett und keine Nächte mit knurrendem Magen mehr. Die beiden Hauptdarstellerinnen Hanna Braun und Marissa Lehrmayer sind voll in ihrem Element, haben sichtlich Spaß an und in ihren Rollen.
Die Probe läuft wie am Schnürchen, bis die Technik streikt. Beim Gesangsduett von Hanna Braun als Prinz und Marissa Lehrmayer als Bettelknabe Tom knarzen die Lautsprecher so heftig, dass die Musikeinlage kurzerhand übersprungen werden muss. „Da müssen wir noch etwas ändern“, sagt Robin Rathmann.
Für die Umsetzung haben sich die beiden Spielleiter einige Kniffe einfallen lassen, um das Stück moderner und dynamischer zu gestalten.
So ist die ehrwürdige Krönungszeremonie eine extravagante „Show“, der sinistre und untreue Hauptmann (Robin Rathmann), der den Armen die Steuern auspresst und das Geld in die eigene Tasche steckt, erinnert an einen Voodoo-Priester mit weiß geschminktem Gesicht, schwarzem Zylinder und Mantel nebst Gehstock. Seine finster dreinblickenden Lakaien sind in schwarz gewandete Gothic Girls und der dekadente Hofstaat in all seinem Prunk kommt als Persiflage auf die abgehobene JetsetSociety heutiger Ausprägung daher, deren zelebrierter Nonsens nur durch den Instagram-Filter Bedeutung suggeriert.
Und selbst die Moral von der Mär des Rollentausches zwischen Prinz und Bettelknabe darf dann auch in Regenbogenfarben erscheinen – wenn das Credo der Diversität vom Prinzen und neuen König ganz unverkrampft verkündet wird. Diese modernen Auffrischungen fügen sich organisch ein in diese muntere Screwball-Komödie und punkten immer wieder mit Wortspielen und Pointen. Und einen tollen Running Gag – im wahrsten Sinne des Wortes – gibt es auch.
Kaum ist der Probelauf des Stück vollendet, tropft es auch schon von oben. Wie abgepasst. Schnell werden Kostüme und Bühnendekoration von der Bühne geschafft. Generalprobe bestanden – im Großen und Ganzen, atmet Spielleiter Robin Rathmann durch. „Mir fällt ein Stein vom Herzen. Es war bis zum Schluss bei den Proben richtig eng mit so vielen Mitspielern. Aber es hat geklappt.“
eingeschränkten Parksituation
Aufgrund der
unterhalb des Skihang Antoni bittet der Kulturring die Theaterbesucher frühzeitig anzureisen, um den Weg ins Steintäle pünktlich zu schaffen.
Die findet am Freitag, 24. Juni, um 19.30 Uhr statt. Eine
von der Generalprobe sowie ein gibt es online unter www.schwaebische.de.