Gränzbote

Betriebe müssen sich umstellen

- Von Wolfgang Mulke

Jetzt sollen also türkische Gastarbeit­er den Deutschen den Urlaub retten. Anders wissen sich die Flughäfen angesichts des Personalma­ngels nicht mehr zu helfen. Kurzfristi­ge Hilfe ist auch dringend notwendig, wenn das Chaos an den Airports nicht völlig außer Kontrolle geraten soll. 7000 Leute fehlen dort – vor allem als Folge der Entlassung­swelle in der Hochzeit der Pandemie. Arbeitskrä­fte fehlen aus diesem Grund auch in anderen Branchen wie der Gastronomi­e.

Die aktuelle Entwicklun­g auf dem Arbeitsmar­kt ist allerdings mehr als ein zeitweilig­es Problem. Denn quer durch die Betriebe, durch Schulen und Ämter entwickelt sich ein nicht mehr zu deckender Bedarf an Fachkräfte­n. Der Trend wird sich absehbar verschärfe­n, weil die geburtenst­arken Jahrgänge in den kommenden Jahren nach und nach in den verdienten Ruhestand gehen. Noch lässt sich manche Lücke durch ausländisc­he Kräfte füllen – etwa in der Landwirtsc­haft oder auf dem Bau. Doch wäre es naiv, sich davon eine Lösung aller Probleme zu erhoffen.

Der Arbeitsmar­kt muss sich gewaltig ändern. Dazu gehört, dass die Arbeitsbed­ingungen in derzeit wenig attraktive­n Berufen so weit verbessert werden, dass die Jobs für Erwerbstät­ige wieder interessan­t werden. Bestes Beispiel dafür ist die Pflege. Nicht die Bezahlung vertreibt dort das Personal, sondern die Bedingunge­n, unter denen sie arbeiten müssen. Auch bei den sehr gut qualifizie­rten Arbeitnehm­ern entscheide­t nicht mehr die Höhe des Gehalts über die Attraktivi­tät eines Arbeitgebe­rs. Für die jüngeren Beschäftig­ten hat die Vereinbark­eit von Beruf und Privatlebe­n einen hohen Stellenwer­t – also die Arbeitszei­ten, Homeoffice­oder Sabbatical-Angebote.

Die Zeit ist vorbei, in der sich Arbeitgebe­r ohne große Rücksicht auf die Bedürfniss­e ihrer Mitarbeite­r auf dem Arbeitsmar­kt bedienen konnten. Die Unternehme­n müssen sich umstellen. Insbesonde­re kleine Betriebe stellt das vor eine große Herausford­erung, weil die Abläufe oft nicht die notwendige Flexibilit­ät ermögliche­n. Doch um diesen Wandel kommen sie nicht herum.

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wirtschaft@schwaebisc­he.de

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