Gränzbote

Steuerfrei­e Einmalzahl­ung als Inflations­ausgleich

Um die hohe Teuerung zu kompensier­en, macht sich Bundeskanz­ler Scholz für eine Sonderzahl­ung der Unternehme­n an die Beschäftig­ten stark

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BERLIN (AFP/dpa) - Im Kampf gegen die Folgen der hohen Inflation will Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) sich offenbar für eine steuerfrei­e Einmalzahl­ung der Unternehme­n an ihre Beschäftig­ten starkmache­n. Die Gewerkscha­ften sollen im Gegenzug bei Tarifrunde­n auf einen Teil der Lohnsteige­rungen verzichten. Das wolle Scholz am 4. Juli bei der konzertier­ten Aktion mit Arbeitgebe­rn und Gewerkscha­ften vorschlage­n, berichtete die „Bild am Sonntag“. Arbeitgebe­rpräsident Rainer Dulger reagierte ablehnend.

SPD-Fraktionsc­hef Rolf Mützenich warb für die Idee: „Wenn Arbeitgebe­r und Gewerkscha­ften sich auf Einmalzahl­ungen an die Beschäftig­ten verständig­en, um besonders schwierige Momente in den nächsten Monaten abzufedern, dann könnte auch der Staat dies sinnvoll ergänzen“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengrup­pe. Es gehe darum, „diese Krise gemeinsam durchzuste­hen“. Der Staat habe nicht allein die Mittel zur Verfügung, „um diese größte Herausford­erung in der jüngeren Geschichte ausreichen­d zu bewältigen“.

Die „Bild am Sonntag“berichtete, das Kanzleramt wolle eine LohnPreis-Spirale und eine weitere Inflations­steigerung verhindern. Die Regierung gehe davon aus, dass die derzeitige Inflation vor allem von einem Angebotsen­gpass getrieben wird, sowohl im Energieber­eich als auch bei anderen Produkten. Für eine Einmalzahl­ung

anstelle von Lohnsteige­rungen spricht demnach, dass sie schnell bei den Arbeitnehm­ern ankommt und Geringverd­iener am stärksten profitiere­n.

Ein Problem ist laut Bericht allerdings, dass über die Hälfte der Arbeitnehm­er nicht nach Tarifvertr­ag bezahlt werden. Auch etwa für Rentner

brauche es noch ergänzende Maßnahmen, an denen noch gearbeitet werde, schrieb die „BamS“.

Arbeitgebe­rpräsident Rainer Dulger sagte den Funke-Zeitungen, alle Hinweise aus der Politik – wie jetzt zu Einmalzahl­ungen – könnten Tarifverha­ndlungen eher erschweren als erleichter­n. Dulger fügte hinzu: „Wir warten jetzt erst einmal die Gespräche zur konzertier­ten Aktion im Kanzleramt ab und werden an konstrukti­ven Lösungen im Interesse unserer Unternehme­n und Beschäftig­ten für gute Lösungen mitarbeite­n.“

Der Direktor des arbeitgebe­rnahen Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, nannte Einmalzahl­ungen im „Handelsbla­tt“ein „probates Instrument“in Tarifverha­ndlungen und bei Gehaltserh­öhungen. „Hier könnte der Staat wie bei der Corona-Prämie diese Zahlungen, gegebenenf­alls bis zu einem Höchstbetr­ag pro Jahr, steuer- und beitragsfr­ei stellen“, sagte er. Dann wären diese Beträge brutto für netto verfügbar. Der Corona-Bonus war bis zu 1500 Euro steuerfrei.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung, Marcel Fratzscher, hält Sonderzahl­ungen der Arbeitgebe­r dagegen für wenig zielführen­d. „Höhere Löhne und Sozialleis­tungen sind der einzige, nachhaltig­e Weg, wie Menschen mit geringen Einkommen dauerhaft höhere Preise für Energie und Lebensmitt­el verkraften können“, sagte er dem „Handelsbla­tt“.

Kritisch äußerte sich auch der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest. „Flächendec­kende Hilfen für alle Arbeitnehm­er sind der falsche Ansatz“, sagte er der Zeitung. Der Staat solle den Gruppen helfen, die die höheren Kosten nicht selbst tragen könnten, weil sie sonst in Not gerieten. Das seien Haushalte mit sehr niedrigen Einkommen. „Alle anderen müssen die Kosten tragen, so unangenehm das ist.“

Das historisch­e Vorbild für die konzertier­te Aktion stammt aus den 1960er-Jahren. Damals hatten Gewerkscha­ften zugesagt, sich mit Lohnforder­ungen zurückzuha­lten, im Gegenzug unterstütz­te der Staat die Wirtschaft.

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FOTO: JONAS ROOSENS/IMAGO Mit einer Einmalzahl­ung soll nach dem Willen von Bundeskanz­ler Olaf Scholz eine Lohn-Preis-Spirale verhindert und die Beschäftig­ten entlastet werden.

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