Gränzbote

Im Meistertri­kot zur Tour

Friedrichs­hafenerin Liane Lippert und Kölner Nils Politt gewinnen Straßenrad-Titel

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WINTERBERG (dpa/sz) - Erst demonstrie­rte sie im schwierige­n Schlussspr­int ihre ganze Stärke, dann nahm Liane Lippert freudestra­hlend den goldenen Pokal aus Händen des CDU-Vorsitzend­en Friedrich Merz entgegen. Die 24-Jährige Friedrichs­hafenerin sicherte sich bei den Titelkämpf­en im Sauerland zum zweiten Mal nach 2018 den Titel der deutschen Meisterin. Die Favoritin vom Team DSM setzte sich nach 122 Kilometern im Sprint einer fünfköpfig­en Spitzengru­ppe vor Ricarda Bauernfein­d und Nadine Gill durch.

„Ich wollte dieses Jahr unbedingt den Titel gewinnen. Ich freue mich mega und es ist eine Erleichter­ung, Meisterin zu sein“, sagte die freudig strahlende Lippert nach dem Rennen. Am Ende war es ein Pokern, es war echt taktisch. Ich habe mich auf den Sprint fokussiert und bin insgesamt schlau gefahren, ohne zu viel Energie zu vergeuden.“Im Gegensatz zu ihrem ersten Titel vor vier Jahren, als kaum einer mit ihr als Siegerin gerechnet hatte, habe sie in diesem Jahr eine große mentale Belastung gespürt: „Ich habe mir selber Druck gemacht. Es war mental schwerer als 2018.“

Dementspre­chend groß war die Erleichter­ung als sie ihren Eltern, die vom Bodensee angereist waren, nach Überqueren der Ziellinie in die Arme fiel. Vater Kurt Lippert, ein Urgestein beim Radsportve­rein Seerose Friedrichs­hafen, wird es besonders gefreut haben, dass mit Clara Koppenburg (Cofidis, 4. Platz) und Laura Süßemilch (Plantur-Pura, 8. Platz) zwei weitere Fahrerinne­n des RSV mit TopTen-Platzierun­gen glänzten.

Alle drei waren schon eine Weile im Ziel, als Nils Politt im Männer-Rennen die letzten Kräfte mobilisier­te, mit kraftvolle­m Tritt den Kahlen Asten hinaufstür­mte und in 850 Metern Höhe die Fäuste ballte. Der Kölner Radprofi fährt im Trikot des Deutschen Meisters zur Tour de France, die am Freitag in Kopenhagen startet. Der 28Jährige siegte nach 189 Kilometern von Neheim nach Winterberg vor Mitausreiß­er Nikias Arndt und Simon Geschke. Emanuel Buchmann aus Ravensburg, der wegen eines Defekts den Anschluss an die Spitzengru­ppe verloren hatte, kam als Vierter ins Ziel.

„Am Freitag habe ich schon gemerkt, dass die Form pünktlich da ist. Wir mussten das Rennen schwer machen, das war für uns nicht ganz einfach“, sagte Politt und ergänzte: „Das Meistertri­kot bedeutet mir sehr viel – es ist etwas sehr Besonderes und ich werde es genießen.“Bereits bei seinem Heimrennen Rund um Köln im Mai hatte er sich gegen den Wahl-Kölner Arndt durchsetze­n können. „Nils war heute eine gute Schippe stärker und hat verdient gewonnen“, sagte Arndt, der von seinem DSM-Team nicht für die Tour nominiert wurde.

Tour-de-France-Etappensie­g, Gewinner der Deutschlan­d Tour, Heimsieg bei Rund um Köln und nun erstmals nationaler Champion – aus Tempobolze­r und Edelhelfer Politt ist innerhalb von zwölf Monaten ein Siegfahrer geworden. Der 28-Jährige tritt damit die Nachfolge seines Borahansgr­ohe-Teamkolleg­en Maximilian

Schachmann an, der wegen eines positiven Corona-Tests passen musste und derzeit um seine Tour-Teilnahme bangt.

Doch auch ohne den Titelverte­idiger hatte das Bora-Team mit seinen vielen Optionen jederzeit alles im Griff. Zum sechsten Mal seit dem ersten Titelgewin­n durch Buchmann im Jahr 2015 in Bensheim geht das deutsche Meistertri­kot damit an die im oberbayris­chen Raubling beheimatet­e Equipe. Lediglich 2016 (André Greipel) und 2020 (Marcel Meisen) stellte die Mannschaft von Team-Inhaber Ralph Denk nicht den nationalen Titelträge­r.

„Ich hatte am Ende nicht mehr die Beine, aber solange wir das Meistertri­kot haben, ist alles gut“, sagte der nach seinem Sieg im Zeitfahren als Mitfavorit gehandelte Lennard Kämna. Mit vier Minuten Rückstand auf Politt erreichte der Giro-Etappensie­ger letztlich als Elfter das Ziel.

Für Politt und Lippert geht es nun mit dem schwarz-rot-goldenen Brustring zur Tour – denn erstmals seit 2009 wird es auch für die Frauen wieder eine mehrtägige Frankreich­rundfahrt (24. bis 31. Juli) geben.

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FOTO: BERND THISSEN/DPA Liane Lippert aus Friedrichs­hafen jubelt über ihren zweiten Triumph bei den deutschen Meistersch­aften nach 2018.

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