31-Jähriger tötet Syrer in Flüchtlingsheim
Fünf weitere Menschen verletzt – Hintergründe der Tat in Kressbronn sind noch unklar
KRESSBRONN - Mit einem Messer soll ein 31-jähriger Asylbewerber aus Nigeria in einer Gemeinschaftsunterkunft in Kressbronn am späten Sonntagabend einen 38-jährigen Mann aus Syrien getötet und fünf weitere Menschen zum Teil schwer verletzt haben. Danach ließ sich der Tatverdächtige widerstandslos festnehmen. Mittlerweile befindet er sich in Untersuchungshaft.
Der Mann ist der Polizei bereits bekannt. Im Mai dieses Jahres soll der 31-Jährige in der Unterkunft in Kressbronn randaliert und mehrere Menschen mit einem Messer oder einem ähnlichen Gegenstand bedroht haben, wie ein Sprecher sagte. Im Anschluss kam er in eine psychiatrische Fachklinik. Die Ermittlungen wegen Bedrohung und Sachbeschädigung dauerten an, hieß es. Seit wann der Mann wieder in der Unterkunft wohnte, konnte der Sprecher nicht sagen.
Die Bewohner waren in der Nacht in einer anderen Gemeinde untergebracht worden. Die Unterkunft befindet sich nach Angaben des Landratamtes des Bodenseekreises in zwei etwa gleich großen Gebäuden im Zentrum der 9000-EinwohnerStadt. Von den 55 Plätzen seien aktuell 46 belegt, teilte ein Sprecher mit. Einen Sicherheitsdienst gebe es in der Unterkunft nicht.
Noch am Morgen konnten die Bewohner nicht in die Unterkunft zurück, die Spurensicherung war noch am Tatort. Ein Mann und eine Frau, beide um die 30, warteten vor dem Gebäude, beide Landsleute des mutmaßlichen Täters. Auch an ihrer Zimmertüre habe er am Sonntagabend geklopft und an der Klinke gerüttelt, berichteten sie. Sie hätten die Tür aber noch rechtzeitig abgeschlossen.
Wie Polizei und Staatsanwaltschaft erklärten, soll der 31-Jährige kurz vor 22 Uhr damit begonnen haben, an Zimmertüren zu klopfen und dann wahllos mit einem Messer auf Bewohnerinnen und Bewohner eingestochen zu haben. Ein 38-jähriger Mann aus Syrien erlitt dadurch so schwere Verletzungen, dass er noch am Tatort verstarb, vier Frauen zwischen 28 und 34 Jahren sowie ein 37jähriger Mann wurden schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht. In einem Fall war ein Rettungshubschrauber im Einsatz. Nach seiner Bluttat ließ sich der 31-Jährige vor dem Gebäude ohne Gegenwehr von der Polizei festnehmen.
Im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“berichtet sein Landsmann und Mitbewohner, dass der mutmaßliche Täter bereits vor wenigen Wochen mit einer Machete andere Bewohner bedroht habe und dann von der Polizei mitgenommen worden sei. Im damaligen Polizeibericht war die Rede von einem Messer gewesen, und davon, dass der Mann in eine Fachklinik gebracht worden sei. Allerdings soll er sehr schnell wieder in die Kressbronner Unterkunft zurückgekehrt sein, mitsamt seiner Machete. So schildert es jedenfalls sein Landsmann. Eine detaillierte Stellungnahme dazu wollten am Montag weder Polizei noch Staatsanwaltschaft abgeben. Was den Mann zur Bluttat getrieben haben könnte, dazu kursierten am Montag schnell die ersten Gerüchte, wirklich Handfestes konnten Polizei und Staatsanwaltschaft aber auch dazu noch nicht liefern. Der Landsmann des 31-Jährigen deutet gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“an, dass ihm seine aktuelle Situation und sein Status in Deutschland schwer zu schaffen gemacht haben, insbesondere dass er nicht habe arbeiten dürfen.
Ob der Asylantrag des Mannes tatsächlich kürzlich abgelehnt wurde oder ob er aufgrund fehlender Papiere nicht ausreisen durfte, war am Montag nicht zu erfahren. „In Absprache mit der Polizei als federführende Ermittlungsbehörde machen wir hierzu keine Angaben“, teilte Robert Schwarz, Sprecher des Landratsamts des Bodenseekreises, mit. Keine Auskunft gab es zudem dazu, seit wann der mutmaßliche Täter in Deutschland ist, wie lange er in der Unterkunft in Kressbronn lebte und warum er nach dem Vorfall im Mai wieder in derselben Einrichtung untergebracht worden ist.
Die Kriminalpolizeidirektion Friedrichshafen hat eine 25-köpfige Ermittlungsgruppe eingerichtet. Zur Klärung der genauen Todesumstände wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft Ravensburg vom Amtsgericht die Obduktion des 38-jährigen Syrers angeordnet. Diese soll am Dienstagmorgen stattfinden.
Kressbronns Bürgermeister Daniel Enzensperger sagte: „Ich bin schockiert über die Tat, die sich in unserer Gemeinde ereignet hat. Meine Gedanken sind bei den Opfern und deren Familien.“Das Gebäude gehört der Kommune, ist aber an den Bodenseekreis vermietet. Alarmiert von der Polizei war der Bürgermeister am späten Sonntagabend selbst in der Argenstraße vor Ort – und unter anderem gefragt, als es darum ging, für die Bewohner eine Ersatzunterkunft in einer anderen Gemeinde zu finden.