Gränzbote

Weltberühm­tes Dreigestir­n in Ochsenhaus­en

Neue Sommerauss­tellung im Fruchtkast­en zeigt Originalgr­afiken von Chagall, Miró und Picasso

- Von Dorothee L. Schaefer

OCHSENHAUS­EN - Mehr als 30 Jahre lang gibt es die Städtische Galerie im Fruchtkast­en in Ochsenhaus­en. Die Große Sommerauss­tellung hatte Kulturamts­leiter Michael SchmidSax im Jahr 1997 initiiert, um ein attraktive­s Ausstellun­gsprogramm für alle Generation­en und insbesonde­re ein kreatives Programm für Kinderund Schulgrupp­en anbieten zu können. Sie läuft immer drei Monate lang, denn ab September kommen viele Schulklass­en. Dieses Jahr heißt sie „Chagall, Miró, Picasso“.

Mit dem weltberühm­ten Dreigestir­n spricht die Schau alle Generation­en an und gibt einen guten Einblick in die Druckgrafi­k der Künstler. Ihre Geburtsjah­re – Picasso 1881, Chagall 1887 und Miró 1893 – liegen nah beisammen und doch stehen die drei Künstler, die alle über 90 Jahre alt wurden, künstleris­ch für ein singuläres Werk.

Natürlich wäre eine solche Ausstellun­g von knapp 100 Werken insgesamt nicht allein von einem Galerielei­ter zu stemmen. So wandte sich Michael Schmid-Sax an den Heidelberg­er Galeristen und Sammler Winfried Heid, der die gesamte Schau mitsamt einer informativ­en Filmdokume­ntation zusammenst­ellte und speziell für Ochsenhaus­en kuratierte. In dieser Form ist sie also nur hier zu sehen. Ein Großteil der Exponate stammt aus der Sammlung Heid oder aus anderen Privatsamm­lungen. In dem lichten und wegen der dicken Mauern angenehm temperiert­en Gewölberau­m des Fruchtkast­ens sind die drei Meister klar gegliedert und schön präsentier­t: Jeder hat seine eigene Abteilung, chronologi­sch geordnet, die Entstehung­sjahre der meist signierten Werke reichen von den 1920er-Jahren bis in die 70er. So ergibt sich bei allen drei Künstlern eine kleine Retrospekt­ive.

Von Picasso finden sich erfreulich­erweise neben Radierunge­n und Arbeiten in Mischtechn­ik auch insgesamt fünf Keramikuni­kate, Platten,

Teller, eine Schale und ein Krug mit aufgemalte­m Gesicht. Wegen der Bruchgefah­r werden solche Werke, die seit 1947 im Töpferort Vallauris entstanden sind, sehr selten verliehen, die größte Sammlung davon befindet sich in Antibes. Picasso begegnet uns sowohl als Radierer in Schwarz-Weiß (mit den Themen „Maler und Modell“und der „Minotaurom­achie“) oder in Farblithog­rafien wie der abstrakt linearen „Kompositio­n“von 1948 sowie der „Colombe volant à l’Arc-en-Ciel“von 1952. Diese weniger populäre seiner vielen Friedensta­uben breitet ihre plüschigen Flügel über einem pastellfar­benen Regenbogen aus; die Taubenart „Mailänder Lockentaub­e“bekam der Tauben- und Tierhalter Picasso angeblich von Matisse geschenkt. Technisch interessan­t und künstleris­ch spannend in ihrer Reduktion ist auch die Schabradie­rung „Figure noire“von 1948.

Im Vergleich zu Picasso überwältig­en die leuchtende­n Farben bei Chagall und Miró. Aber auch Chagall ist in seinen frühen Grafikzykl­en „Mein Leben“oder „La Fontaines Fabeln“aus den 1920er-Jahren noch ganz dem Schwarz-Weiß verhaftet und koloriert manche Blätter nur nachträgli­ch mit sanften Pastellfar­ben. In Farblithog­rafiezykle­n wie „Arabische Nächte“von 1948, der „Verve-Bibel“(Verlagsnam­e) von 1956 oder „Daphnis

und Chloé“von 1961 lodern dann die Grundfarbe­n Rot, Blau, Gelb und Grün gleichsam über das kleine Format hinaus in den Raum. Auch hier – wie meist bei Chagall – hinterlass­en die Bibelmotiv­e in ihrer formalen Reduktion und spirituell­en Farbgewalt den stärksten Eindruck.

Bei Miró bricht sich die Farbe lautstark und unbekümmer­t Bahn, zwar oft von schwarzen Konturen im Zaum gehalten, aber fast immer in den reinen Grundfarbe­n und ihren Komplement­ärkontrast­en. Innerhalb dieses kompositor­ischen Rahmens entwickelt Miró seine verspielte­n Bilderräts­el und seine figurative­n Abstraktio­nen, die immer ein heiteres Element durchwirkt. An einer Lithografi­e aus dem Bürgerkrie­g 1937 mit dem Appell „Aidez l’Espagne“, die eher clownesk und naiv wirkt, kann man hingegen den Unterschie­d zum politische­n Künstler Picasso erkennen, der in derselben Zeit das wandhohe Antikriegs­bild „Guernica“schuf.

Ausstellun­g

Die ist bis zum 9.Oktober dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr sowie donnerstag­s von 11 bis 19 Uhr geöffnet. Führungen gibt es donnerstag­s um 19 Uhr, samstags um 17 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen um 10 Uhr. Mehr unter www.tourismus-ochsenhaus­en.de

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FOTO: VERANSTALT­ER Joan Mirós „Femme et Chien devant la Lune“(1936).

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