24 Stunden Rennrad fahren Nonstop
Sarah und David Schreiber fahren für den guten Zweck 40 Mal den Dreifaltigkeitsberg hoch
LANDKREIS TUTTLINGEN - Sarah und David Schmidtmann sind 23 und 26 Jahre alt, frisch verheiratet und gerade im Trainingslager in den Dolomiten. Denn sie planen Großes. Das junge Paar, das in Mühlheim wohnt, will 24 Stunden Nonstop Rad fahren: 40 Mal von Spaichingen rauf auf den Dreifaltigkeitsberg und wieder runter. Das sind rund 320 Kilometer mit 10 000 Höhenmetern. Warum macht man denn so was?
Die beiden tun es für einen guten Zweck. Mit dieser Aktion, die am Mittwoch, 5. Oktober, startet, wollen sie auf den Tuttlinger Verein „Women for Women“aufmerksam machen. Mehr noch: Möglichst viele Spenden für dessen Hilfsprojekt in Kenia zusammenbekommen. „Women for Women“unterstützt Witwen und alleinstehende Frauen. Mit dem Kauf einer Milchkuh wird ihnen und den Kindern eine Lebensgrundlage ermöglicht. „Wir wollen so viele Kühe erradeln, wie nur möglich“, sagt Sarah Schmidtmann. 250 Euro kostet eine der vierbeinigen Existenzgrundlagen. „Wir würden uns sehr freuen, wenn sich mehrere Menschen zusammentun, und für den Verein eine Kuh kaufen.“
Dafür machen sie Werbung mit ihrer rekordverdächtigen Extremleistung. 40 Mal werden sie den Weg
vom Spaichinger Ortsschild hoch auf den Dreifaltigkeitsberg zurücklegen. Hoch braucht es etwa 25 Minuten, runter fünf bis sechs Minuten. Der Startschuss fällt um 7 Uhr – und die Tour endet am nächsten Tag nach 24 Stunden um 7 Uhr.
Was sie nicht brauchen können: Schnee und Eis. Dann und auch bei verheerenden Niederschlägen würden sie ihre Extremradtour um ein, zwei Tage verschieben. Aber nur dann. Der Tag unter der Woche ist bewusst gewählt, weil die Ausflügler am Wochenende die Straße belegen. Werktags ist es dagegen ruhig. Der Dreifaltigkeitsberg ist die höchste Steigung im Landkreis in unmittelbarer Umgebung, zudem mit gleichmäßigem Anstieg. Und der Straßenbelag sei gut.
Wenn sie sagen, dass sie Nonstop Rad fahren, dann meinen sie das auch so. Zwar steht am Startpunkt ein Wohnmobil, in dem sie warme, trockene Kleidung zum Wechseln deponieren und auch mal kurz austreten können. Aber ansonsten wird gefahren, denn: „Man muss das hochrechnen. Wenn wir immer mal wieder kurz anhalten, summiert sich das“, sagt die 23-jährige Lehramtsstudentin. Dann schaffen sie
ihr erklärtes Ziel in der Zeit von 24 Stunden vielleicht nicht. Das wollen sie nicht riskieren.
Die beiden haben jede Menge Erfahrung im Sattel. So um die 10 000 Kilometer fahren sie im Jahr. Das Rad dient nicht nur als Sportgerät, sondern auch als Fortbewegungsmittel im Alltag. Vor einem Jahr sind sie in sechs Tagen in die Ukraine gefahren: 1392 Kilometer, auch damals für den guten Zweck. Die 24 Stunden am Dreifaltigkeitsberg schrecken sie auch deshalb nicht besonders, weil sie schon mal 40 Stunden – okay, mit einer Stunde Pause – auf den Mont Ventoux gefahren sind. Mekka der Radfahrer und regelmäßig Tour-de-France-Etappe.
Respekt vor ihrem anstehenden Extrem-Event am Dreifaltigkeitsberg haben sie aber doch. „Tagsüber werden immer mal Freunde vorbeikommen und auch mal mitfahren“, sagt David Schmidtmann. Die Zeit wird wie im Fluge vergehen. Aber dann wird es Abend, zunehmend kälter, und die Beine immer schwerer. „Das kann zäh werden“, meinen die beiden. Sie haben Probetrainings bei Nacht gemacht und wissen, was auf sie zukommt. Sarah Schmidtmann sieht die Temperaturunterschiede
als Herausforderung an. Aber sie sind ja zu zweit und können sich gegenseitig motivieren.
„Women For Women“freut sich über das Engagement der jungen Leute, sagt Bernhard Schreiber. Familie Schreiber – dazu gehören auch seine Frau Christina und Sohn Marc – sowie Freunde aus Tuttlingen und Umgebung haben den Verein 2011 gegründet. In zehn Jahren sind mehr als 1000 Kühe an alleinerziehende Frauen und ihre Kinder verteilt worden. Mit dem Erhalt einer Kuh verpflichtet sich die Frau, diese nicht zu verkaufen. Das erstgeborene Kalb wird nach einer rund achtmonatigen Stillzeit von der kenianischen Frau an den Verein „Women for Women“zurückgegeben. Alle weiteren darf sie behalten – Hilfe zur Selbsthilfe.
Das Spendenziel der beiden Sportler ist, für jede Auffahrt eine Kuh zu erradeln – also 40 Stück. Das hilft 40 Familien beim Überleben. Wer den Betrag für eine „ganze Kuh" spendet, das sind 250 Euro, darf seiner Kuh einen Namen geben und erhält, nachdem die Kuh in Kenia gekauft wurde, Post mit Bildern der Kuh und der dadurch unterstützten Frau.