Aufgelöst in einem Ozean aus Tränen
Völlig niedergeschmettert hat sich Cristiano Ronaldo wohl für immer von der WM-Bühne verabschiedet
(SID) - Cristiano Ronaldo hatte keine Chance. Wie ein ganz normaler Mensch weinte Portugals gedemütigter Nationalheld, der irgendwann einmal die Tormaschine CR7 war, bitterliche Tränen. Auf seiner Flucht in die Katakomben des Al-Thumama-Stadions wurde der gefallene Superstar von den über Wochen angestauten Emotionen übermannt. Zu schmerzvoll war der Gedanke, wohl niemals den goldenen WM-Pokal in Händen halten zu dürfen.
Ronaldo, bei seinem Abschied von der Weltbühne zum Nebendarsteller degradiert, brachte direkt nach dem bitteren Viertelfinal-Aus gegen Außenseiter Marokko (0:1) kein Wort heraus und stieg schweigend in den Teambus. Dann aber, am Sonntagnachmittag, sprach er via Instagram zur Welt, zu seinen 500 Millionen Followern und insbesondere zur portugiesischen Fußball-Nation, die sich nach dem WM-Aus die bange Frage gestellt hatte: War es das etwa? Für immer? „Eine Weltmeisterschaft für Portugal zu gewinnen, war der größte und ehrgeizigste Traum meiner Karriere“, schrieb der 37-Jährige. „Leider ist der Traum gestern zu Ende gegangen.“
An einen weiteren Anlauf auf den ersehnten Titelgewinn 2026 im Alter von dann 41 Jahren glaubt der aktuell vereinslose Superstar nun wohl nicht mehr – auch wenn er einen Rücktritt aus der Nationalmannschaft noch nicht verkünden wollte. „Ich habe immer für das Ziel aller gekämpft und würde meinen Kollegen und meinem Land niemals den Rücken kehren.“Jetzt sei „die Zeit“der beste Berater.
Diese wird er auch benötigen, um die Enttäuschung von Doha zu verarbeiten. Nicht nur das Aus schmerzte den Superstar, sondern auch, dass Trainer Fernando Santos ihn erneut bis zur 51. Minute auf der Bank hatte schmoren lassen. Für Ronaldos Freundin Georgina Rodriguez ein Skandal. „Heute hat dein Freund und Trainer eine schlechte Entscheidung getroffen. Dieser Freund, für den du so viele Worte der Wertschätzung und des Respekts hast“, schrieb Rodriguez bei Instagram. Man dürfe „den besten Spieler der Welt nicht unterschätzen, die mächtigste Waffe, die man hat. So wie man nicht das Gesicht hinhalten sollte für einen, der es nicht verdient.“
Wie im Achtelfinale gegen die Schweiz (6:1), als sich Dreierpacker Gonçalo Ramos zum Nachfolger aufschwang, hatte Santos seinen Kapitän nicht für die Startelf nominiert. Der Coach fühlte nach Abpfiff mit seinem Star. „Wenn wir zwei Leute rauspicken, die sich am meisten ärgern, sind das Cristiano und ich“, sagte Santos. Doch er bereue nicht, Ronaldo nur von der Bank gebracht zu haben. „Cristiano ist ein großartiger Spieler und kam ins Spiel, als wir es für notwendig erachtet haben.“Als Ronaldo schließlich eingewechselt wurde, war von ihm bis auf ein paar Pässe und einen Schuss nichts zu sehen.
Jetzt steht Ronaldo am Scheideweg, die vergangenen Wochen haben seinem Ansehen enorm geschadet. Erst die unrühmliche Trennung von Manchester United, dann die Gerüchte über Zoff im Nationalteam und schließlich jene über Ronaldos Drohung, wegen seiner Jokerrolle aus dem WM-Lager abreisen zu wollen.
Quo vadis, Ronaldo? Auf Vereinsebene womöglich für ein fürstliches Salär nach Saudi-Arabien. Doch wie sieht es im Nationalteam aus? Nach 196 Länderspielen mit 118 Toren scheint der Abschied unumgänglich. Doch dankt einer wie er freiwillig ab?
Bei der EM 2024 wäre Ronaldo stolze 39 Jahre alt, Portugals Fans wenden sich von ihm ab. Die Tageszeitung „Diario de Noticias“forderte: „Jetzt ist es an der Zeit, Bilanz zu ziehen – vom Verbleib von Santos bis zum Fall Ronaldo.“Santos, dessen Vertrag bis 2024 läuft, erklärte, das Wort „Rücktritt“gehöre nicht zu seinem Vokabular. Gilt das auch für CR7?