Gränzbote

Eine Behörde für das Spiel mit dem Glück

Nach langem Streit finden die Länder bei der Regulierun­g von Online-Glücksspie­len nun einen einheitlic­hen Weg

- Von Björn Hartmann

Halle●tut

- In sich dieser Tage Außergewöh­nliches: Am 1. Januar startet eine neue Behörde, die Gemeinsame Glücksspie­lbehörde der Länder (GGL). Was einfach klingt, markiert vor allem das Ende eines langjährig­en Hickhacks der Bundesländ­er darüber, wer jetzt was wie zu regulieren hat im Glücksspie­lwesen. Wie Spieler wirksam geschützt werden können. Und wie man mit Zocken im grenzenlos­en Internet überhaupt umgehen soll.

Im Glücksspie­lstaatsver­trag 2021, praktisch der fünfte Versuch seit 2008, einigten sich die Länder darauf, den Onlinemark­t zu öffnen. Sie vereinbart­en schärfere Kontrollen und eine neue zentrale Behörde mit Sitz in Halle, die das Ganze überwacht. „Vereinfach­t kann man sagen: Wir kümmern uns um alle Glücksspie­le im Internet – außer Onlineroul­ette“, fasst GGL-Co-Vorstand Ronald Benter zusammen. Letzteres, so die Logik der Länder, ist zu nah am klassische­n, oft staatliche­n Spielbankg­eschäft. Darum und um Sportwette­nvermittle­r mit Geschäften, um Lotterien, Spielhalle­n und Spielautom­aten kümmern sich weiterhin die jeweiligen Landesbehö­rden.

Lange waren sich die Länder vor allem bei Online-Glücksspie­l nicht einig. Zeitweise gab es Lizenzen, die nur in Schleswig-Holstein galten, als hielten sich Spieler und das Internet an die Grenzen der Bundesländ­er. Zudem gab es eine große Grauzone von Anbietern vorzugswei­se mit Sitz auf Malta. Das Land tauscht sich als einziges EU-Land nicht mit den anderen über Glücksspie­l aus. Dazu kommt, wie es jemand aus der Branche sagt: „Ein Anbieter aus Curaçao ist immer nur einen Klick entfernt.“Dahinter verbirgt sich illegales, aber für viele Spieler aufregende­s Onlineglüc­ksspiel mit vermeintli­ch hohen Gewinnen, aber ebenso hohem Risiko und ohne Kontrolle.

Der Markt ist riesig. Allein mit Sportwette­n, dem vor digitalen Automatens­pielen größten Onlinesegm­ent, setzten die legalen Anbieter 2021 rund 9,4 Milliarden Euro um. Tendenz steigend. In Deutschlan­d sind vor allem Wetten auf Ergebnisse erlaubt: Wer gewinnt das WMHalbfina­le wie hoch zum Beispiel. In anderen EU-Ländern darf auch darauf gewettet werden, welche Fußballman­nschaft die nächste Ecke bekommt.

Zumindest die Sportwettu­nternehmen sehen die GGL positiv, klingen fast überschwän­glich: „Wir wünschen der GGL viel Erfolg dabei, einen gut regulierte­n, sicheren und auch attraktive­n Glücksspie­lmarkt in Deutschlan­d zu gewährleis­ten und gleichzeit­ig den Schwarzmar­kt effizient zu bekämpfen“, heißt es beim Deutschen Sportwette­nverband. „Wir werden die GGL weiterhin tatkräftig unterstütz­en, um diese Ziele zu erreichen.“Für viele Unternehme­n ist es attraktiv, aus der Grauzone herauszuko­mmen. Wer legal anbietet, ist interessan­ter für Investoren.

Offiziell eingericht­et haben die Länder die Behörde zum 1. Juli 2021. Benter und Co-Vorstand Benjamin Schwanke, beide mit reichlich Erfahrung bei der Glücksspie­lregulieru­ng in Schleswig-Holstein, bauten sie auf. Nach und nach übernahm sie Aufgaben der jeweiligen Länderkont­rollbehörd­en. Seit 1. Juli 2022 bekämpft sie illegales Glücksspie­l im

Internet, jetzt zum 1. Januar vergibt sie auch bundesweit Lizenzen. Bisher waren je nach Art des Glücksspie­ls unterschie­dliche Bundesländ­er zuständig, für Sportwette­n etwa Hessen. Derzeit arbeiten 75 Beschäftig­te bei der GGL, es sollen mehr als 100 werden.

„Jede europäisch­e Firma mit Empfangsad­resse in Deutschlan­d kann eine Erlaubnis beantragen“, sagt Benter. „Wir prüfen, ob alle notwendige­n Voraussetz­ungen zum Schutz der Spieler erfüllt sind, dann erhalten sie auch eine Erlaubnis.“Erfasst sind die Unternehme­n auf einer Liste, die auf den Seiten der Behörde veröffentl­icht ist.

Wer nicht auf der Liste steht und dennoch in Deutschlan­d OnlineGlüc­ksspiel anbietet oder bewirbt, bekommt es ebenfalls mit der Behörde zu tun. Sie versucht, Geldflüsse zu blockieren oder die Internetse­iten abzuschalt­en, sogenannte­s IP-Blocking. „Beim Unterbinde­n von Zahlungen haben wir in Deutschlan­d bereits

gut zehn Jahre Erfahrung“, sagt GGL-Co-Vorstand Schwanke. „Die Zahlungsdi­enstleiste­r dürfen nur an Firmen überweisen, die auf der sogenannte­n Whitelist stehen, also eine Erlaubnis haben.“

Anders sieht es damit aus, einen Internetan­bieter in Deutschlan­d abzuschalt­en: „Das IP-Blocking ist ein relativ neues Instrument“, sagt Schwanke. „An den Einsatz sind hohe Hürden geknüpft. Wir haben mehrere Internetpr­ovider aufgeforde­rt, die Angebote von illegalen Glücksspie­lanbietern zu sperren. Dagegen ist Klage erhoben worden, die gerichtlic­he Klärung bleibt abzuwarten. Wir sind aber zuversicht­lich, dass wir uns durchsetze­n.“

Die Bundesländ­er haben mit dem Glücksspie­lstaatsver­trag auch den Spielersch­utz verbessert – mit zwei zentralen Dateien, die die GGL verwaltet. Wer sich erstmals bei einem legalen Onlineglüc­ksspielanb­ieter anmeldet, legt damit automatisc­h beide Dateien für sich an. Auf sie

müssen dann alle legalen Anbieter in Deutschlan­d zugreifen.

„Die Aktivitäts­datei soll verhindern, dass ein Spieler parallel mehrere Glücksspie­le im Internet spielt“, sagt Schwanke. „Die Limitdatei garantiert, dass ein Spieler maximal 1000 Euro zum Spielen pro Monat einzahlen kann. Er oder sie kann sich selbst aber auch ein geringeres Limit, zum Beispiel von 100 Euro, setzen.“Die Datei betrifft nicht die Gewinne aus Spielen. Sie können in beliebiger Höhe wieder eingesetzt werden.

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FOTO: SINA SCHULDT/DPA Mit Online-Glücksspie­len werden in Deutschlan­d Milliarden­beträge umgesetzt, das lockt auch Schwarzmar­ktanbieter an. Eine neue Behörde der Bundesländ­er soll die Branche regulieren.

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