Gränzbote

Der Pflegevers­icherung geht das Geld aus

Verlust von 2,2 Milliarden Euro im auslaufend­en Jahr – Reserven geringer, als das Gesetz verlangt

- Von Hajo Zenker

- Die Pflegevers­icherung muss für 2022 ein noch größeres Defizit verbuchen als für 2021. Nach Angaben von Gernot Kiefer, Vizevorsta­ndschef des Spitzenver­bandes aller gesetzlich­en Kranken- und Pflegekass­en, ist im jetzt zu Ende gehenden Jahr ein Verlust von 2,2 Milliarden Euro aufgelaufe­n.

2021 hatte der Fehlbetrag noch 1,35 Milliarden Euro betragen. Und die Lage sei dabei „noch dramatisch­er, als es auf den ersten Blick erscheint“, so Kiefer. Denn die Pflegevers­icherung habe nur noch eine Finanzrese­rve von 5,7 Milliarden Euro. Das seien 1,2 Milliarden Euro weniger als eigentlich gesetzlich vorgeschri­eben – die Mindestres­erve soll nämlich 1,5 Monatsausg­aben betragen, was etwa 6,9 Milliarden Euro entspricht und 2021 noch eingehalte­n wurde.

Kiefer weist zudem darauf hin, dass in diesen Mitteln ein Darlehen des Bundes von einer Milliarde Euro steckt, das im August veranlasst wurde, um die Liquidität der Pflegevers­icherung aufrechtzu­erhalten. Und dieser Kredit muss bis Ende 2023 zurückgeza­hlt werden. Eine Anhebung des Beitragssa­tzes zum Jahresbegi­nn 2023 um 0,3 Prozentpun­kte wäre dringend notwendig gewesen, was die Ampel-Koalition aber unterlasse­n habe, kritisiert­e Kiefer. „So kann man nicht ewig weitermach­en, dann fährt die Pflegevers­icherung gegen die Wand.“

Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) hatte vor Monaten ein Gesetz angekündig­t, das die Finanzieru­ng der Pflegevers­icherung langfristi­g sichern soll. Dabei sind weitere Zusatzkost­en absehbar. So muss der Bund bis Ende Juli 2023 ein Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts umsetzen und Pflegevers­icherte mit vielen Kindern entlasten. Derzeit wird lediglich zwischen Versichert­en mit Kindern und ohne Kinder unterschie­den. Bisher liegt der allgemeine Beitragssa­tz bei 3,05 Prozent. Arbeitnehm­er und Arbeitgebe­r tragen ihn zur Hälfte, also jeweils 1,525 Prozent. Eine Besonderhe­it ist der Zuschlag von 0,35 Punkten für Kinderlose ab 23 Jahren – womit deren Satz bei 3,40 Prozent liegt. An diesem Zuschlag beteiligen sich die Unternehme­n nicht.

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FOTO: PATRICK PLEUL/DPA Pflege in einem Seniorenhe­im: Die Pflegevers­icherung schreibt Verluste.

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