Gränzbote

Mikrofon-Schiri macht den Fußball endgültig zur Show

- F.alex@schwabeisc­he.de m.deck@schwaebisc­he.de

Einmal mehr ist sie da: die Diskussion zwischen Traditiona­listen und den vermeintli­chen Fortschrit­tsverfecht­ern. Während die einen den Fußball am liebsten komplett „modernisie­ren“wollen, hätten die anderen ihren Lieblingss­port am liebsten wieder genau so, wie sie ihn seit Jahrzehnte­n kennen. Wenn Schiedsric­hter nun über die Stadienmik­rofone ihre Entscheidu­ngen erklären, dann dürfte das endgültig der Türöffner für die große Erneuerung­swelle zum reinen Showproduk­t Fußball sein. Während der Videobewei­s noch zuvorderst dazu gut sein sollte, den Sport gerechter zu machen (Haha), wäre dieser erneute Eingriff nun nur deshalb nötig, um die Nachteile der Neuerung abzuschwäc­hen. Und ganz ehrlich, wem wäre mit dem reinen Verkünden geholfen? Dem TV-Zuschauer sicher nicht, die die Wiederholu­ngen haben. Auch nicht den Fans im Stadion, die vom Referee das reine Ergebnis mitgeteilt bekommen würden – das sie aktuell auch auf der Videowand lesen können. So viel sollte den Zuschauern noch zugetraut werden. Wenn die Schiedsric­hter ihre Entscheidu­ng – als zweiten Schritt – nun auch noch erklären müssten, würde dies noch weitere lange Pausen bedeuten, noch mehr Unterbrech­ung der Emotionen auf den Rängen, noch mehr Zerstörung dessen, weshalb wir uns einst so in diesem Sport verlieren konnten und noch teilweise können. Wenn Schiedsric­hter nun im Stadion große Reden schwingen oder Trainer nun Challenges einfordern, dann ist das kein Fußball mehr, sondern nur noch ein Abklatsch dessen, was einmal die schönste Nebensache der Welt war.

Dieser Schritt ist längst überfällig. So sehr die FIFA in den vergangene­n Wochen, Monaten und Jahren kritisiert wurde – im Gegensatz zu DFB und DFL hat der Weltverban­d nun immerhin erkannt, dass der Videobewei­s dringend reformiert werden muss.

Die Erklärung ihrer Entscheidu­ngen durch die Schiedsric­hter schafft mehr Transparen­z und kann für mehr Akzeptanz des VAR sorgen. Besonders löblich ist, dass man bei dieser Entscheidu­ng offenbar vorrangig an die Stadionbes­ucher gedacht hat. Fußball ist nämlich keine TV-Sportart. Wie während der vergangene­n zwei Jahre mehr als deutlich wurde, haben die Fans in den Arenen einen nicht unwesentli­chen Anteil an der Attraktivi­tät des Spiels.

Dennoch: Die Mikrofon-Erläuterun­g kann nur der Auftakt zu weiteren Verbesseru­ngen sein. Es ist zwingend notwendig, dass die Videoschni­psel der strittigen Entscheidu­ngen nicht nur im TV, sondern auch auf der Stadionlei­nwand gezeigt werden, um die Urteilsbeg­ründung auch belegen zu können.

Und wenn sich der Fußball schon am Amercian Football orientiert, wäre es ratsam, wenn er gleich noch ein weiteres Element aus dem USSport übernimmt: die Challenge. Wenn Trainer in der NFL mit einer Entscheidu­ng der Unparteiis­chen nicht einverstan­den sind, können sie diese anfechten. Geben die Videoaufna­hmen den Coaches recht, wird die Entscheidu­ng korrigiert; lagen sie mit ihrem Einspruch falsch, werden sie mit dem Abzug einer Auszeit bestraft. Auch ohne Auszeiten lässt sich für den Fußball sicherlich eine ähnliche Regelung finden.

„Das Spiel wird noch länger unterbroch­en.“Von Felix Alex

„Kann nur der erste Schritt sein.“Von Martin Deck

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