Mikrofon-Schiri macht den Fußball endgültig zur Show
Einmal mehr ist sie da: die Diskussion zwischen Traditionalisten und den vermeintlichen Fortschrittsverfechtern. Während die einen den Fußball am liebsten komplett „modernisieren“wollen, hätten die anderen ihren Lieblingssport am liebsten wieder genau so, wie sie ihn seit Jahrzehnten kennen. Wenn Schiedsrichter nun über die Stadienmikrofone ihre Entscheidungen erklären, dann dürfte das endgültig der Türöffner für die große Erneuerungswelle zum reinen Showprodukt Fußball sein. Während der Videobeweis noch zuvorderst dazu gut sein sollte, den Sport gerechter zu machen (Haha), wäre dieser erneute Eingriff nun nur deshalb nötig, um die Nachteile der Neuerung abzuschwächen. Und ganz ehrlich, wem wäre mit dem reinen Verkünden geholfen? Dem TV-Zuschauer sicher nicht, die die Wiederholungen haben. Auch nicht den Fans im Stadion, die vom Referee das reine Ergebnis mitgeteilt bekommen würden – das sie aktuell auch auf der Videowand lesen können. So viel sollte den Zuschauern noch zugetraut werden. Wenn die Schiedsrichter ihre Entscheidung – als zweiten Schritt – nun auch noch erklären müssten, würde dies noch weitere lange Pausen bedeuten, noch mehr Unterbrechung der Emotionen auf den Rängen, noch mehr Zerstörung dessen, weshalb wir uns einst so in diesem Sport verlieren konnten und noch teilweise können. Wenn Schiedsrichter nun im Stadion große Reden schwingen oder Trainer nun Challenges einfordern, dann ist das kein Fußball mehr, sondern nur noch ein Abklatsch dessen, was einmal die schönste Nebensache der Welt war.
Dieser Schritt ist längst überfällig. So sehr die FIFA in den vergangenen Wochen, Monaten und Jahren kritisiert wurde – im Gegensatz zu DFB und DFL hat der Weltverband nun immerhin erkannt, dass der Videobeweis dringend reformiert werden muss.
Die Erklärung ihrer Entscheidungen durch die Schiedsrichter schafft mehr Transparenz und kann für mehr Akzeptanz des VAR sorgen. Besonders löblich ist, dass man bei dieser Entscheidung offenbar vorrangig an die Stadionbesucher gedacht hat. Fußball ist nämlich keine TV-Sportart. Wie während der vergangenen zwei Jahre mehr als deutlich wurde, haben die Fans in den Arenen einen nicht unwesentlichen Anteil an der Attraktivität des Spiels.
Dennoch: Die Mikrofon-Erläuterung kann nur der Auftakt zu weiteren Verbesserungen sein. Es ist zwingend notwendig, dass die Videoschnipsel der strittigen Entscheidungen nicht nur im TV, sondern auch auf der Stadionleinwand gezeigt werden, um die Urteilsbegründung auch belegen zu können.
Und wenn sich der Fußball schon am Amercian Football orientiert, wäre es ratsam, wenn er gleich noch ein weiteres Element aus dem USSport übernimmt: die Challenge. Wenn Trainer in der NFL mit einer Entscheidung der Unparteiischen nicht einverstanden sind, können sie diese anfechten. Geben die Videoaufnahmen den Coaches recht, wird die Entscheidung korrigiert; lagen sie mit ihrem Einspruch falsch, werden sie mit dem Abzug einer Auszeit bestraft. Auch ohne Auszeiten lässt sich für den Fußball sicherlich eine ähnliche Regelung finden.
„Das Spiel wird noch länger unterbrochen.“Von Felix Alex
„Kann nur der erste Schritt sein.“Von Martin Deck