Frust beim Ski-Fest
Linus Straßer ärgert sich in Kitzbühel über Platz vier, Thomas Dreßen über sich selbst
(SID) - Linus Straßer schien fast körperliche Schmerzen zu verspüren, als er konsterniert auf die Anzeigetafel am Fuße des eisigen Ganslern blickte. Eine Hundertstelsekunde, das erkannte er schnell, fehlte ihm auf dem Hang, auf dem er die ersten Schritte auf dem Weg zum Weltklasse-Skifahrer gemacht hatte, zu einem Platz auf dem Podest. „Das ist schon bitter. Mir hat ein vierter Platz noch nie so weh getan wie heute“, sagte er erkennbar angefressen.
Während sich Thomas Dreßen nach seinem Sturz in der Abfahrt auf der Streif am Tag zuvor selbst einen „Depp“schimpfte, konnte Straßer seinen Frust über die fehlende Zeit nicht verbergen. „Es ist ja nicht nur die eine Hundertstel auf den dritten“, sagte er, es waren „auch die zwei Hundertstel auf den zweiten Platz“. Die eine fehlte ihm zum Norweger Lucas Braathen, die zweite zum Briten Dave Ryding. Nur Sieger Daniel Yule aus der Schweiz war um vier Zehntel enteilt.
„Wir können mit der Vorstellung und dem Ergebnis schon leben“, versicherte DSV-Alpinchef Wolfgang Maier. Der frustrierte Straßer suchte dennoch die fehlenden Hundertstel – bei sich selbst. Er habe sich „ziemlich am Limit“bewegt, sagte der Münchner, aber wenn er so zurückdenke an den einen oder anderen Schwung im Finale, „den ich nicht auf Vollzug reingefahren bin, beißt du dir in den Arsch“. Zumal er nach dem ersten Lauf noch Dritter war.
Dreßen war seine gute Laune ähnlich schnell vergangen. Verärgert von einem noch glimpflich verlaufenen Sturz im anhaltenden Schneetreiben und damit schlechter Sicht schmiss er im Zielraum seinen Helm zu Boden. „Da bist im ersten Moment halt einfach
nur sauer, weilst dich halt hingelegt hast, weilst halt einfach so a Depp bist“, sagte er. Am Freitag war Dreßen in der ersten Abfahrt noch ein gut gelaunter 13. gewesen.
Grund zur Zufriedenheit hatten dagegen zwei Mannschaftskollegen. Romed Baumann als starker Achter und Josef Ferstl als respektabler Elfter rehabilitierten sich auf der gefährlichen Streif bei extrem schwierigen Bedingungen für die miserable Vorstellung am Vortag mit den Rängen 32 und 49. „Die Fahrt war ein bisschen mehr am Limit und deswegen passt das Ergebnis“, erklärte Baumann.
„In der Abfahrt“, stellte Maier fest, „sind wir nicht so nah an den Besten dran.“Vor allem nicht an Aleksander
Aamodt Kilde, der sich weder vom Neuschnee noch von seinem Handbruch oder einem Beinahe-Sturz am Freitag beirren ließ. „Das ist sicher einer meiner größten Siege“, sagte der Norweger über seine schon fünfte Triumphfahrt in dieser Saison.
Dreßen waren bereits im Steilhang zwei Fehler unterlaufen, die Zeit wollte er in der „Alten Schneise“wettmachen – aber: „Die Bodensicht war gleich null, du siehst die Schläge nicht, du willst riskieren, und auf einen Schlag bist halt dann dahin.“
So blieb ihm nur, Beat Feuz zu würdigen. Der Schweizer Olympiasieger und Weltmeister beendete mit Rang 16 seine große Karriere. Da gehe, sagte Dreßen, „ein extremes Vorbild“.
Kira Weidle fing sehr gut an, ließ dann stark nach – und hatte am Ende doch noch ein Lächeln im Gesicht. Beim Weltcup im italienischen Cortina d'Ampezzo erlebte die beste deutsche Abfahrerin eine Achterbahn. Begonnen hatte Weidle mit Rang drei im ersten von zwei Abfahrtsrennen, danach fand sie sich beim windumtosten ersten Weltcup-Sieg der ehemaligen Weltmeisterin Ilka Stuhec aus Slowenien seit mehr als vier Jahren nur auf Rang 15 wieder. Zum Abschluss des verlängerten Wochenendes belegte sie im Super-G Rang neun, nur zweimal war sie in dieser Disziplin besser.