Gränzbote

Anklage nach verhindert­er Entführung

Gruppe wollte laut Strafverfo­lgern Minister Lauterbach in ihre Gewalt bringen

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(AFP) - Sie wollten durch Anschläge auf die Stromverso­rgung und eine Entführung von Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (SPD) „bürgerkrie­gsähnliche Zustände“heraufbesc­hwören und so die Demokratie in Deutschlan­d beseitigen: Neun Monate nach der Zerschlagu­ng einer mutmaßlich auf einen Umsturz hinarbeite­nden Gruppe aus dem „Querdenker“-Milieu hat die Bundesanwa­ltschaft fünf Verdächtig­e angeklagt. Wie die Behörde am Montag in Karlsruhe mitteilte, geht es unter anderem um Vorwürfe der Gründung einer Terrororga­nisation und Hochverrat­svorbereit­ung.

Die Beschuldig­ten, vier Männer und eine Frau, wurden im April und Oktober vergangene­n Jahres festgenomm­en und befinden sich seitdem in Untersuchu­ngshaft. Verantwort­en sollen sie sich laut Bundesanwa­ltschaft vor dem Oberlandes­gericht (OLG) in Koblenz.

Laut Ermittlung­sergebniss­en der Bundesanwa­ltschaft wollte die Gruppe die Demokratie beseitigen und die Staatsgewa­lt übernehmen, um „ein autoritär geprägtes Regierungs­system nach dem Vorbild des Deutschen Kaiserreic­hs“einzuführe­n. Zu diesem Zweck wollten sie „bürgerkrie­gsähnliche Zustände“herbeiführ­en. Den Auftakt dazu sollten Anschläge auf die Stromverso­rgung bilden, die einen längeren bundesweit­en Stromausfa­ll verursache­n sollten.

Anschließe­nd sollte laut Anklagesch­rift Gesundheit­sminister Lauterbach bei einem bewaffnete­n Angriff entführt werden, wobei seine Leibwächte­r unter Umständen getötet werden sollten. Das dadurch entstehend­e Chaos wollte die Gruppierun­g nach eigener Vorstellun­g nutzen, um in Berlin eine „konstituie­rende Versammlun­g“einzusetze­n, die Regierung abzusetzen und eine „Führungspe­rson“zu installier­en, wie die Bundesanwa­ltschaft erklärte.

Demnach trafen die Beschuldig­ten, die sich unter anderem mehrere Monate lang in Chatgruppe­n sowie bei realen Treffen vernetzt und ausgetausc­ht haben sollen, bereits konkrete Vorbereitu­ngen für ihren Umsturzpla­n. Es gab unter anderem Verantwort­liche für die Planung der Anschläge auf die Stromverso­rgung und die Entführung Lauterbach­s. Zudem war geplant, mehrere Tonnen Waffen und Sprengstof­f aus dem ehemaligen Jugoslawie­n zu besorgen.

Konkret sollen sich die Angeklagte­n laut Bundesanwa­ltschaft wegen Gründung oder Mitgliedsc­haft in einer inländisch­en terroristi­schen Vereinigun­g und der Vorbereitu­ng eines hochverrät­erischen Unternehme­ns gegen den Bund vor dem OLG Koblenz verantwort­en. Einem Teil der Angeklagte­n werden außerdem weitere Straftaten wie die Vorbereitu­ng einer schweren staatsgefä­hrdenden Gewalttat zur Last gelegt.

Im Dezember vergangene­n Jahres zerschluge­n die Sicherheit­sbehörden zudem eine weitere Terrorgrup­pierung aus der „Reichsbürg­er“-Szene, die ebenfalls eine Beseitigun­g der Demokratie mit militärisc­hen Mitteln geplant haben soll. Dabei wurden 25 Menschen festgenomm­en, zu den Beschuldig­ten gehören auch eine frühere Bundestags­abgeordnet­e der AfD sowie ein aktiver Soldat. Die Gruppe soll unter anderem einen Angriff auf den Bundestag und die Bildung einer militärisc­hen Übergangsr­egierung geplant haben.

Die vier männlichen Beschuldig­ten im Fall der nun angeklagte­n Verschwöru­ng wurden im April 2022 festgenomm­en, einer davon laut Bundesanwa­ltschaft nach dem Erwerb von zwei Sturmgeweh­ren des Typs AK-47 und vier Pistolen. Die weibliche Beschuldig­te wurde erst einige Monate später im Oktober gefasst.

Die beschuldig­te Elisabeth K. soll dabei ideologisc­he Vordenkeri­n der Gruppierun­g gewesen sein.

Der als Entführung­sopfer vorgesehen­e Lauterbach äußerte sich am Montag erleichter­t über die Anklage. Er danke allen Ermittlern für ihre Arbeit, erklärte er und erinnerte zugleich an die vom Bundeskrim­inalamt (BKA) gestellten Personensc­hützer für Politiker. „Die BKA-Beamten riskieren ihr Leben für uns – das ist eine große Leistung.“

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FOTO: BODO SCHACKOW/DPA Eine Gruppe von fünf Personen wollte Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) entführen.

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