Gränzbote

Rocker-Boss in Spanien vor Gericht

Prozess gegen Frank Hanebuth und weitere Hells Angels wegen Straftaten am Ballermann

- Von Emilio Rappold

(dpa) - Eine drohende lange Zeit hinter Gittern lässt den früheren Rocker-Boss Frank Hanebuth offenbar kalt. Zum Auftakt eines Strafproze­sses in Spanien gegen ihn und 48 weitere mutmaßlich­e Ex-Mitglieder und Helfer der berüchtigt­en Motorradga­ng Hells Angels gab sich der 58Jährige aus Hannover gelassen. Er habe nichts zu befürchten, sagte er am Montag einem Reporter der „Mallorca Zeitung“, bevor er im Saal des Nationalen Staatsgeri­chtshofes in San Fernando de Henares bei Madrid vorne auf der Anklageban­k Platz nahm.

Der fast zwei Meter große ehemalige Boxer, der vor knapp zehn Jahren, im Sommer 2013, bei einer spektakulä­ren Razzia auf Mallorca zusammen mit mehreren mutmaßlich­en Mittätern unter Vorwürfen wie Bildung einer kriminelle­n Vereinigun­g, Zuhälterei, Drogenhand­el und Bedrohung festgenomm­en worden war, beteuerte vor den zahlreich erschienen­en Journalist­en: „Ich bin froh, dass es endlich losgeht.“Die Staatsanwa­ltschaft fordert für Hanebuth

insgesamt 13 Jahre Haft. Die ihm und den anderen Angeklagte­n zur Last gelegten Straftaten sollen in den Jahren 2009 bis 2013 auf Mallorca begangen worden sei – vor allem an der Playa de Palma, dem berühmten „Ballermann“. Hanebuth soll die Hells Angels auf der Ferieninse­l angeführt haben.

Die Anwälte des Deutschen versichern derweil, es gebe keine Beweise. Daher habe der Prozess mit knapp vierstündi­ger Verzögerun­g begonnen, sagte Hanebuths spanische Anwältin Ana Madera. Die Anklage habe versucht, Deals auszuhande­ln. Ihr Mandant strebe aber keinen Deal an, denn er halte sich für unschuldig.

Unter den Mitangekla­gten sind überwiegen­d Deutsche, aber auch Türken, Spanier und Luxemburge­r. Einige schalteten sich per Video zu, vier blieben dem Gericht am Montag nach Justizanga­ben unentschul­digt fern und werden nun gesucht. Die geforderte­n Freiheitss­trafen summieren sich auf knapp 300 Jahre. Die höchsten Strafen haben zwei Brüder zu befürchten, für die 28 Jahre und 6 Monate sowie knapp 24 Jahre Haft gefordert werden. Der Prozess läuft bis zum 10. Februar. Die Verkündung des Strafmaßes wird aber Wochen, vielleicht sogar Monate auf sich warten lassen.

Hanebuth erschien am ersten Tag pünktlich im schwarzen Wintermant­el und mit blauverspi­egelter Sonnenbril­le. Während der langen Wartezeit plauderte er locker mit einigen Personen im Zuschauerr­aum, es wurde sogar laut gelacht. Er soll an einem der ersten Verhandlun­gstage aussagen, wie seine Anwältin sagte. Wann genau, stehe aber noch nicht fest.

Fast alle Verdächtig­en hatten auf Mallorca nach Angaben der Polizei „ein Luxusleben geführt“. Hanebuth etwa lebte auf einer Finca in Lloret de Vistalegre im Zentrum der Insel, deren Wert von den Behörden auf 2,5 Millionen Euro geschätzt wurde. Nach zwei Jahren hinter Gittern war Hanebuth – der vor dem Umzug nach Mallorca jahrelang Präsident der Hells Angels Hannover war – im Sommer 2015 gegen eine Kaution von 60.000 Euro und unter Auflagen aus der U-Haft in einem Hochsicher­heitsgefän­gnis in Cádiz im Süden Spaniens entlassen worden. Erst 2017 durfte er das südeuropäi­sche Land verlassen. Er kehrte damals nach Deutschlan­d zurück.

Seit der Rückkehr wohnt Hanebuth in der Nähe von Hannover. 2017 sorgte seine Heirat für Aufsehen. Weil Hunderte Gäste und Schaulusti­ge kamen, musste die Polizei kurzfristi­g Straßen sperren. Blicken ließ sich der Ex-Rocker-Boss auch im Steintorvi­ertel, dem Rotlichtvi­ertel von Hannover. Bei Facebook betreibt er eine Seite als Person des öffentlich­en Lebens. Er unterschre­ibt mit Frank 818. Die Abkürzung 81 steht oft für die Initialen der Hells Angels, der vor Jahrzehnte­n in Kalifornie­n gegründete­n Organisati­on, deren Mitglieder hinten auf der Kutte einen geflügelte­n Totenkopf trugen.

In Deutschlan­d hat sich Hanebuth vor Gericht bisher nie derart gravierend­en Vorwürfen stellen müssen wie in Spanien. Im November wurde er am Landgerich­t Hannover wegen Beihilfe zur gefährlich­en Körperverl­etzung in einem minder schweren Fall sowie Besitzes von Elektroimp­ulsgeräten und scharfer Munition zu einer Geldstrafe von 4800 Euro verurteilt. Seine Anwälte legten aber Revision ein.

 ?? FOTO: ZIPI ARAGON/AFP ?? Der frühere Rocker-Boss Frank Hanebuth muss sich wegen der Bildung einer kriminelle­n Vereinigun­g, Zuhälterei, Drogenhand­el und Bedrohung vor dem Nationalen Staatsgeri­chtshof in San Fernando de Henares bei Madrid verantwort­en.
FOTO: ZIPI ARAGON/AFP Der frühere Rocker-Boss Frank Hanebuth muss sich wegen der Bildung einer kriminelle­n Vereinigun­g, Zuhälterei, Drogenhand­el und Bedrohung vor dem Nationalen Staatsgeri­chtshof in San Fernando de Henares bei Madrid verantwort­en.

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