Winterliche Sorgen
Die Bayern empfangen die Sieben-Tore-Kölner und müssen an vielen Baustellen arbeiten
- Den holprigen Start ins Pflichtspieljahr 2023 mit dem 1:1 bei RB Leipzig werteten die Bayern als „schon okay“. Mehr aber auch nicht. Es war eher eine vertane Chance, das Punktepolster an der Spitze weiter auszubauen. Und jetzt kommen auch noch diese Kölner, beseelt von ihrem 7:1-Erfolg gegen Werder Bremen.
„Ich glaube, die sieben Tore machen eher etwas mit Köln als mit uns“, meinte Bayern-Trainer Julian Nagelsmann am Montagnachmittag und offenbarte, dass er die Probleme eher in den eigenen Gefilden ausgemacht hat vor dem Heimspiel-Doppelpack. Erst geht es am Dienstag gegen den 1. FC Köln (20.30 Uhr/Sat.1 und Sky), dann am Samstagabend im Top-Spiel gegen den aktuellen Tabellenzweiten Eintracht Frankfurt. Die Bayern wollen so schnell wie möglich ihre Topform erreichen, denn bis zum ersten wegweisenden Spiel in der Champions League, dem Achtelfinal-Hinspiel beim Weltstar-Ensemble von Paris St.Germain, sind es lediglich noch drei Wochen.
Dank der Wochenend-Ergebnisse der Konkurrenz konnten die Bayern – passiv und mit einem müden Lächeln – den inoffiziellen Herbstmeistertitel verbuchen, der eine 81%-ige Titelwahrscheinlichkeit bringt, da die Münchner in 21 von 26 Fällen dann am Saisonende oben standen. Doch der Winterschuh drückt an vielen Stellen in diesen Tagen. Die winterlichen Sorgen lauten:
Allerlei Nachlässigkeiten: In Leipzig fehlte der Drive, die letzte Überzeugung im Spiel nach vorne. Nagelsmann bemängelte: „Wir hatten keinen optimalen Spielaufbau, der war zu langsam. Wir hatten teils gute Aktionen nach Ballgewinn, aber wir haben falsche Entscheidungen getroffen.“Auch die „nicht wie gewohnt gute Staffelung und Positionierung besonders im letzten Drittel“fehlte dem Cheftrainer. Was auch daran lag, dass Thomas Müller, der Lautsprecher des Teams und Taktgeber des Pressings, auf der Bank saß und erst spät ins Spiel kam.
Die Offensive ohne Müller:
Mittelstürmer Eric-Maxim Choupo-Moting konnte bei RB seinen Lauf fortsetzen, besetzt jedoch Müllers Position. Nagelsmann betont das Leistungsprinzip, sagte: „Dieses Thema ist in der Öffentlichkeit ein größeres als bei uns. Wenn man so lange verletzt war, ist man immer der Herausforderer. Den Freifahrtschein, dass er immer spielt, will kein Spieler. Thomas will auch die Konkurrenz.“Doch die Mitspieler in der Offensive fühlen sich einen Tick sicherer mit dem „spielenden Co-Trainer“Müller.
Der „kindliche“Kimmich: Vor dem Leipziger Ausgleich wertete Kapitän Joshua Kimmich den Zupfer an ihm als Regelverstoß, beklagte sich beim Schiedsrichter. Für Ex-Bayer Mario Basler war der Zweikampf „kein Foul“wie er in Sport1 befand: „Kimmich als Sechser weiß, wie aggressiv da teilweise gespielt wird. Da kann ich mich nicht jedes Mal fallen lassen und hoffen – dann auch noch im Strafraum. Er ist ein hervorragender Spieler, aber da ist er manchmal noch etwa zu kindlich.“Gegen die stets mutigen und offensiven Kölner forderte Nagelsmann: „Wir müssen Emotionalität und Aggressivität auf den Platz bringen und uns wehren.“
Mode-Freak Gnabry: Nationalspieler Serge Gnabry hatte den freien Sonntag für einen Besuch bei der Pariser Fashion Week genutzt, auch Nagelsmann bekam die Bilder zugeschickt. Bei Bayern gebe es „keine Auflagen“, so Nagelsmann, die Spieler sollen in ihrer Freizeit grundsätzlich „machen dürfen, was sie wollen“. Das großer Aber: „Wichtig ist, dass die richtige Antwort auf dem Platz erfolgt.“Der 35-Jährige: „Ich muss ja selbst freie Tage vor meinen Chefs rechtfertigen. Wenn dann die sozialen Kanäle voll sind mit diversen Shootings, geht mir die Argumentationskette flöten. Wenn man dann gut spielt, ist das egal.“
Neuer-Intimus Die Freundschaft mit dem aktuell verletzten Manuel Neuer konnte Toni Tapalovic auch nicht retten. Nach den jüngsten Vorfällen wurde der 42jährige Torwarttrainer, war seit 2011 im Verein, nach „Bild“-Informationen mit sofortiger Wirkung freigestellt. Warum? Der Assistenzcoach hatte den Kontakt zum nach Monaco ausgeliehenen Alexander Nübel schleifen lassen, worüber sich der einst als Kronprinz von Neuer auserkorene Keeper beschwerte. Bei Bild TV rügte Bayerns Sportvorstand Hasan Salihamidzic Tapalovic ob der ausgebliebenen Kommunikation: „Ja, das hätte so sein sollen. Darüber werden wir natürlich intern sprechen.“Wenig später folgte der Bruch.
gefeuert: Die Eingewöhnung von Sommer:
Die neue Nummer 1 machte bis auf Nuancen in der Spieleröffnung und Abstimmung mit den Vorderleuten seine Sache gut in Leipzig. „Er hat sehr gut mitgespielt, weil er Fußball spielen kann“, sagte Nagelsmann.
Ob er das Kölner 7:1 speziell unter die Lupe genommen habe oder auch Gurkenspiele der Rheinländer? Nagelsmann: „Man schaut sich natürlich alle Spiele vorher an. Es schadet nicht zu sehen, dass sie sieben Tore schießen können.“