Hoch gepokert, Chance vertan
Das Setting für eine Abstimmung über einen Verkehrsversuch hätte nicht passender (oder unpassender?) sein können. Ab 15 Uhr war die Stadt praktisch dicht. Baustellen behinderten an drei neuralgischen Stellen den Verkehr, ungeschicktes Fahrverhalten kam dazu. Schon Anfang April war das ähnlich, zudem ist die Weimarstraße seit Monaten halbseitig gesperrt, Autofahrer ärgern sich immer wieder.
Kein Wunder also, dass die Diskussion im Gemeinderat völlig aus dem Ruder lief – und zwar von allen Seiten. Die Beschlussvorschläge der Stadtverwaltung waren teils unglücklich formuliert, die konservativen
Fraktionen hatten – vielleicht zu Recht – das Gefühl, dass man ihnen da eine Grundsatzentscheidung abringen wollte, hinter der sie eigentlich nicht stehen. Und das sieben Wochen vor der Kommunalwahl.
Beim Kern der Sache zu bleiben und sich konstruktiv einzubringen, das schafften die Gemeinderäte aber auch nicht, von einem FDP-Antrag mal abgesehen. Diskussionen wie diese hatte eine Bürgerin zu Beginn der Sitzung zusammengefasst mit: „Es ist alles schon gesagt, nur noch nicht von mir.“
OB Beck hätte den Beschluss absetzen können. Es wäre sicherlich besser gewesen, den Verkehrsversuch noch einmal separat aufzuarbeiten, vielleicht über Kompromisse nachzudenken, was die Dauer und die Umstände angeht. Aber für die Verwaltung drängt die Zeit – wenn Verkehrsversuch, dann im Sommer, sonst liegen die Planungen rund um die Donau wieder auf Eis. Beck ließ es also auf eine Abstimmung ankommen und pokerte zu hoch.
Schade, denn damit ist eine Chance vertan. Etliche Bürger haben sich klar dafür ausgesprochen, auf der Weimarstraße etwas zu ändern. Eine Sperrung auszuprobieren, hätte den Verkehrsteilnehmern zwar viel abverlangt, aber sie hätte endlich handfeste Argumente geliefert. Und zwar für beide Seiten.