Hio, Hurra und Hü-hott: Rufe der Faschingsnarren
Brauchtum „Hio“, „Helau“und „Hü-hott“: Was die Schlachtrufe der Narren in der Region bedeuten – ein kleiner Fasnachtsleitfaden
Am Wochenende erschallen sie wieder bei Umzügen und Sitzungen: Bei uns gibt es einen kleinen Leitfaden der Faschingsrufe.
Landkreis Nur noch wenige Tage, dann starten in der Region wieder die Faschingsumzüge. Dann heißt es wieder lautstark „Hio“und „Helau“. Doch was bedeuten die Rufe? „Hio“ist der bei uns wohl am meisten verbreitete Ruf – vor allem in Burgau, Haldenwang, Kötz und früher auch in Offingen und Jettingen. Was er bedeutet, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen. „Hio“sei bereits im Zuge mit dem Fasnachtsanschreien, aus Armut und in Notzeiten geboren, von Kindern gerufen worden sein – verbunden mit Sprüchen wie „Lustig ist die Fasenacht“, erklärt Irmgard GruberEgle vom Historischen Verein Burgau. Auch für das „Helau“gibt es keine nachweisbare Definition. Als Ausruf des Jauchzens könne es von „Halleluja“abgeleitet sein, sagt Eugen Müller, Ehrenpräsident des Regionalverbandes Bayerisch-Schwäbischer Fastnachtsvereine (BSF). Doch auch dies sei nicht belegt. Egal ob „Hio“oder „Helau“eines haben die Rufe in jedem Fall gemeinsam: „Sie drücken die Freude und die Begeisterung aus und sollen mitreißen, womit auch die letzten Faschingsmuffel aufgeweckt werden“, bemerkt Müller schmunzelnd.
In der Regel bestehen die Schlachtrufe im Fasching aus zwei Teilen: Der erste ist der Name des Ortes oder der Faschingsgesellschaft – immerhin soll man ja wissen wo man herkommt – dem ein lautstarkes „Hio“, „Helau“, „Hurra“, oder „Juhu“folgt. Neben „Güssen – Helau“beim Leipheimer Haufen oder „CCH – Helau Hurra“in Harthausen gibt es dabei allerlei Kurioses: „Allewi allewa alle wi wa wa, Burgavia Burgavia ra ra ra“heißt der Schlachtruf der Faschingsgesellschaft Burgavia aus Burgau. Der Ruf sei aus der Gründungszeit aus guter Laune heraus entstanden.
Ebendiese soll auch der Knoronia ausdrücken: „Kammel nauf ond Kammel na, alles schreit Knoronia, hio no mal so, no mal so, hio.“Auch er stamme aus den Anfangszeiten - unter „Knorro“Martin Göppel, wie Knoronia-Präsidentin Monika Riß erzählt. Ähnlich bei der Burkhardia in Jettingen: Dort geht es allerdings „die Mindel nauf ond na“und alles schreit „Burkhardia“. Und Natürlich: „Narrate Juhu“. „Narrate, weil die Narra narrat sind und Juhu, weil sie sich über den Fasching freuen“, sagt Burkhardia-Präsident Peter Potsch. Die Faschingsfreunde Freihalden dagegen halten sich mit „Pollackia Hio“etwas kürzer, wobei der Begriff „Pollackia“absolut nichts mit Polen zu tun hat. Unter den Zuwanderern die im 17. Jahrhundert Freihalden wieder bevölkerten, befand sich ein Mann, namens Gregor Bolakh. Aus diesem bei uns recht ungewöhnlichen Namen übertrugen die Nachbargemeinden auf die Freihalder den Spitznamen „Pollakken“oder auch „Pollacken“. Interessantes gibt es auch aus Gundremmingen: Dort rufen die Kindergartenkinder heute noch „Gundram, Gundram, ram tam tam“wenn sie am Gumpigen Donnerstag den Bürgermeister überfallen. Der Ruf stammt aus der Zeit, als die Gundremminger Vereine noch einen Faschingsumzug veranstalteten und erinnert an den germanischen Sippenführer und Gründer der Siedlung namens Guntram, was „der Kampf-Rabe“bedeutet.
Dann gibt es natürlich auch die Narrenzünfte der schwäbisch-alemannischen Fasnacht mit ihren nicht weniger eigentümlichen Namen und Rufen.
Ein „Hio“oder „Helau“gibt es bei ihnen nicht, und es sind Narrenund keine Schlachtrufe. Man ziehe ja nicht in die Schlacht oder es werde jemand geschlachtet.
So heißt es, dass in Haldenwang durch die Nähe der Barone, viele der Bewohner in deren Lohn und Brot standen und dadurch relativer Wohlstand herrschte.
Dadurch sei in der umliegenden Bevölkerung gewisser Neid entstanden: „Wenn dia im Schloss doba an Furz deand, nau sprengat dia dau donda“– nicht nur der Neckname der Haldenwanger, sondern auch der Name der Narrenzunft „Haldawang’r Furzafang’r habe darin seinen Ursprung, wie Zunftmeister Uli Deisenhofer erzählt. Der Name der Narrenzunft Feuerpudel Reisensburg wiederum beruht auf einer alten Sage: Im weiten Ried nördlich von Günzburg habe es den „feurigen Pudel“gegeben, der aufpasste, dass die Bauern von Reisensburg und Riedhausen ihre Grenzpfosten an der Stelle ließen, wo sie hingehörten, erklärt Zunftmeister Michael Baumeister.
Eins ist sicher: Die Narren sind los und ihre Rufe werden in den kommenden Wochen wieder durch die Straßen hallen.