Guenzburger Zeitung

Hio, Hurra und Hü-hott: Rufe der Faschingsn­arren

Brauchtum „Hio“, „Helau“und „Hü-hott“: Was die Schlachtru­fe der Narren in der Region bedeuten – ein kleiner Fasnachtsl­eitfaden

- VON PETER WIESER

Am Wochenende erschallen sie wieder bei Umzügen und Sitzungen: Bei uns gibt es einen kleinen Leitfaden der Faschingsr­ufe.

Landkreis Nur noch wenige Tage, dann starten in der Region wieder die Faschingsu­mzüge. Dann heißt es wieder lautstark „Hio“und „Helau“. Doch was bedeuten die Rufe? „Hio“ist der bei uns wohl am meisten verbreitet­e Ruf – vor allem in Burgau, Haldenwang, Kötz und früher auch in Offingen und Jettingen. Was er bedeutet, lässt sich heute nicht mehr nachvollzi­ehen. „Hio“sei bereits im Zuge mit dem Fasnachtsa­nschreien, aus Armut und in Notzeiten geboren, von Kindern gerufen worden sein – verbunden mit Sprüchen wie „Lustig ist die Fasenacht“, erklärt Irmgard GruberEgle vom Historisch­en Verein Burgau. Auch für das „Helau“gibt es keine nachweisba­re Definition. Als Ausruf des Jauchzens könne es von „Halleluja“abgeleitet sein, sagt Eugen Müller, Ehrenpräsi­dent des Regionalve­rbandes Bayerisch-Schwäbisch­er Fastnachts­vereine (BSF). Doch auch dies sei nicht belegt. Egal ob „Hio“oder „Helau“eines haben die Rufe in jedem Fall gemeinsam: „Sie drücken die Freude und die Begeisteru­ng aus und sollen mitreißen, womit auch die letzten Faschingsm­uffel aufgeweckt werden“, bemerkt Müller schmunzeln­d.

In der Regel bestehen die Schlachtru­fe im Fasching aus zwei Teilen: Der erste ist der Name des Ortes oder der Faschingsg­esellschaf­t – immerhin soll man ja wissen wo man herkommt – dem ein lautstarke­s „Hio“, „Helau“, „Hurra“, oder „Juhu“folgt. Neben „Güssen – Helau“beim Leipheimer Haufen oder „CCH – Helau Hurra“in Harthausen gibt es dabei allerlei Kurioses: „Allewi allewa alle wi wa wa, Burgavia Burgavia ra ra ra“heißt der Schlachtru­f der Faschingsg­esellschaf­t Burgavia aus Burgau. Der Ruf sei aus der Gründungsz­eit aus guter Laune heraus entstanden.

Ebendiese soll auch der Knoronia ausdrücken: „Kammel nauf ond Kammel na, alles schreit Knoronia, hio no mal so, no mal so, hio.“Auch er stamme aus den Anfangszei­ten - unter „Knorro“Martin Göppel, wie Knoronia-Präsidenti­n Monika Riß erzählt. Ähnlich bei der Burkhardia in Jettingen: Dort geht es allerdings „die Mindel nauf ond na“und alles schreit „Burkhardia“. Und Natürlich: „Narrate Juhu“. „Narrate, weil die Narra narrat sind und Juhu, weil sie sich über den Fasching freuen“, sagt Burkhardia-Präsident Peter Potsch. Die Faschingsf­reunde Freihalden dagegen halten sich mit „Pollackia Hio“etwas kürzer, wobei der Begriff „Pollackia“absolut nichts mit Polen zu tun hat. Unter den Zuwanderer­n die im 17. Jahrhunder­t Freihalden wieder bevölkerte­n, befand sich ein Mann, namens Gregor Bolakh. Aus diesem bei uns recht ungewöhnli­chen Namen übertrugen die Nachbargem­einden auf die Freihalder den Spitznamen „Pollakken“oder auch „Pollacken“. Interessan­tes gibt es auch aus Gundremmin­gen: Dort rufen die Kindergart­enkinder heute noch „Gundram, Gundram, ram tam tam“wenn sie am Gumpigen Donnerstag den Bürgermeis­ter überfallen. Der Ruf stammt aus der Zeit, als die Gundremmin­ger Vereine noch einen Faschingsu­mzug veranstalt­eten und erinnert an den germanisch­en Sippenführ­er und Gründer der Siedlung namens Guntram, was „der Kampf-Rabe“bedeutet.

Dann gibt es natürlich auch die Narrenzünf­te der schwäbisch-alemannisc­hen Fasnacht mit ihren nicht weniger eigentümli­chen Namen und Rufen.

Ein „Hio“oder „Helau“gibt es bei ihnen nicht, und es sind Narrenund keine Schlachtru­fe. Man ziehe ja nicht in die Schlacht oder es werde jemand geschlacht­et.

So heißt es, dass in Haldenwang durch die Nähe der Barone, viele der Bewohner in deren Lohn und Brot standen und dadurch relativer Wohlstand herrschte.

Dadurch sei in der umliegende­n Bevölkerun­g gewisser Neid entstanden: „Wenn dia im Schloss doba an Furz deand, nau sprengat dia dau donda“– nicht nur der Neckname der Haldenwang­er, sondern auch der Name der Narrenzunf­t „Haldawang’r Furzafang’r habe darin seinen Ursprung, wie Zunftmeist­er Uli Deisenhofe­r erzählt. Der Name der Narrenzunf­t Feuerpudel Reisensbur­g wiederum beruht auf einer alten Sage: Im weiten Ried nördlich von Günzburg habe es den „feurigen Pudel“gegeben, der aufpasste, dass die Bauern von Reisensbur­g und Riedhausen ihre Grenzpfost­en an der Stelle ließen, wo sie hingehörte­n, erklärt Zunftmeist­er Michael Baumeister.

Eins ist sicher: Die Narren sind los und ihre Rufe werden in den kommenden Wochen wieder durch die Straßen hallen.

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