Welche Volksfeste die Menschen lieben
Freizeit Große Veranstaltungen wie der Plärrer sind erfolgreich. Zugleich gibt es immer weniger kleine Jahrmärkte. In Augsburg sprechen die Schausteller über diese und andere Herausforderungen
Augsburg Sechs Jahre ist es her, dass sich am Muthenhölzle in Neu-Ulm zum letzten Mal das Riesenrad drehte. Der Festplatz musste damals der Ratiopharm-Arena weichen, einer Multifunktionshalle, in der heute Konzerte stattfinden und die Ulmer Basketballer spielen. Die Schausteller protestierten zwar – am Ende nutzte es aber nichts: Das Volksfest war nach 107 Jahren Geschichte.
So wie der Traditionsveranstaltung in Neu-Ulm ging es zuletzt vielen Jahrmärkten in der Region und in ganz Deutschland. In den vergangenen zehn Jahren ist ihre Zahl nach Angaben des Deutschen Schaustellerbunds von 12 000 auf 10 000 zurückgegangen. Vor allem kleine Feste verschwinden von der Bildfläche. Gleichzeitig gehe die Besucherzahl bei größeren Festen wie dem Augsburger Plärrer nach oben, wie Josef Diebold, Chef der schwäbischen Schausteller, betont. Auch die Weihnachtsmärkte, auf denen oft die gleichen Schausteller wie auf den Volksfesten arbeiten, ziehen immer mehr Menschen an, sagt der Präsident des Deutschen Schaustellerbunds (DSB), Albert Ritter.
Noch bis Sonntag diskutieren rund 500 Mitglieder des Verbands in Augsburg über die Herausforderungen der überwiegend familiär geprägten Branche. Beim 67. Dele- giertentag werden auch EU-Kommissar Günther Oettinger und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sprechen. Daneben findet in den Augsburger Messehallen die „Interschau“statt. Bei der Fachmesse zeigen über 80 Aussteller die Neuheiten der Schaustellerbranche, die aktuell rund 5000 Betriebe und knapp 22 800 Mitarbeiter zählt.
Neben dem Schwund der Volksfeste kämpfen die Schausteller nach eigener Aussage vor allem mit Regelungen und Verordnungen. Schausteller-Präsident Ritter formuliert das so: „Wir sind ein direktes Opfer der Bürokratie.“Beim Transport ihrer Fahrgeschäfte machen ihnen demnach die hohen Kosten und Auflagen zu schaffen. Dazu kommen der Lärmschutz, die Dokumentationspflicht beim Mindestlohn oder auch die EU-Sicherheitsnorm für Fahrgeschäfte. Für Ritter geht Deutschland dabei einen Sonderweg und verwehrt den Schaustellern – anders als andere Länder – Bestandsschutz für bereits bestehende Fahrgeschäfte. Die Anlagen müssen überprüft und notfalls aufgerüstet werden. Dadurch könnten nach Einschätzung des Präsidenten Kosten bis in den sechsstelligen Bereich entstehen.
Was er von all diesen Auflagen hält, sagt Ritter ganz deutlich: Am liebsten, betont er, wäre es ihm, die Politik lasse die Schausteller einfach in Ruhe. „Wir machen das schon.“