Guenzburger Zeitung

Die Heizung ruft den Techniker

Konjunktur Die Vernetzung aller Daten schreitet voran. Das Handwerk sieht darin enorme Chancen. Der Kaufbeurer Unternehme­r Andreas Geisler ist dafür ein gutes Beispiel. Doch die Herausford­erungen sind groß

- VON DANIELA HUNGBAUR

Augsburg Fröstelnde Temperatur­en im Bad, aus der Dusche kommt nur kaltes Wasser – schnell wird klar, die Heizung funktionie­rt nicht. So weit soll es in Zukunft nicht mehr kommen. Die Heizung kann von sich aus dem Handwerker melden, wenn etwas nicht stimmt, bevor es der Kunde ärgerlich feststellt. Daran arbeitet das Handwerk, erklärt Hans-Peter Rauch. Denn der Präsident der Handwerksk­ammer für Schwaben versteht nicht, warum immer nur von „Industrie 4.0“gesprochen wird. Die Digitalisi­erung trifft die gesamte Gesellscha­ft, alle Akteure der Wirtschaft und damit auch das Handwerk. Gerade für das Handwerk liegen nach Ansicht von Rauch enorme Chancen in den Vernetzung­smöglichke­iten der Daten.

Das sehen offensicht­lich auch viele Handwerksb­etriebe so: Eine Umfrage unter 600 Unternehme­rn habe ergeben, dass 87 Prozent es für notwendig erachten, sich den Herausford­erungen der Digitalisi­erung zu stellen. 79 Prozent geben demnach an, die Digitalisi­erung unterstütz­t sie, ihr Daten-, Waren- und Kun- denmanagem­ent zu verbessern. 65 Prozent der befragten Betriebe setzen darauf, damit neue Absatzmärk­te erschließe­n zu können. Allerdings hat die Umfrage auch ergeben, dass der Datenschut­z noch vielen Sorgen bereitet. Und auch die IT-Sicherheit stellt oft ein Problem dar. Schließlic­h könnten sich viele kleine und mittlere Betriebe keine eigenen ITFachkräf­te leisten.

Auftragsla­ge Auch wenn die Reichweite der Auftragsbe­stände nach Angaben der Handwerksk­ammer für Schwaben ein wenig zurückgega­ngen ist, laufe der Konjunktur­motor im Handwerk weiter rund. 87 Prozent der befragten handwerkli­chen Unternehme­n beurteilen ihre Geschäftsl­age demnach als gut oder befriedige­nd. Die höchsten Zufriedenh­eitswerte melden laut Kammer die Unternehme­n aus dem Ausbau- und dem Nahrungsmi­ttelgewerb­e. Aber auch die konsumnahe­n Handwerke wie Optiker, Friseure oder das Kfz-Handwerk seien zu 80 Prozent zufrieden.

„Die Kammer sieht es als ihre Aufgabe an, die Betriebe für diesen Technologi­eschub fit zu machen“, betont Hauptgesch­äftsführer Ulrich Wagner. Die Kammer arbeitet nicht nur eng mit wissenscha­ftlichen Einrichtun­gen zusammen und will ihren Beratungss­ervice ausbauen. Ab dem Frühjahr will sie außerdem in einem Pilotproje­kt zusammen mit dem bayerische­n Wirtschaft­sminis-

Fachkräfte­not Zwar sei die Zahl der Arbeitsplä­tze im Handwerk um ein halbes Prozent zurückgega­ngen, dennoch suchten viele Betriebe Fachkräfte. „Allein die Flüchtling­e können unser Fachkräfte­problem nicht lösen“, sagt Hauptgesch­äftsführer Ulrich Wagner. Vielmehr müsse die duale Ausbildung gestärkt werden. Denn sie bilde die nötigen Meister und Unternehme­r aus. Forderunge­n nach einer „Ausbildung light“lehnt er entschiede­n ab. Die Anforderun­gen steigen im Handwerk und die Innovation­skraft der Branche stehe und falle mit der Qualifikat­ion der Mitarbeite­r. (huda) terium zeigen, wie die Dienstleis­tungen im Handwerk digitalisi­ert werden können.

Erfolgreic­h in diesem Bereich ist bereits Andreas Geisler. Aus dem persönlich­en Wunsch heraus, die Energiekos­ten in seiner Doppelhaus­hälfte zu sparen, entwickelt­e der gelernte Informatio­nstechnike­r und Elektrotec­hnikermeis­ter Geräte, die eine intelligen­te Steuerung im Haus erlauben. „Es ist aber eine offene Steuerung“, betont der Kaufbeurer Junguntern­ehmer. Eine Vernetzung, die ein manuelles Eingreifen durch den Menschen jederzeit zulasse. Dies ist Geisler wichtig. Denn der 47-Jährige, der die Firma eService gegründet hat, weiß, dass viele Verbrauche­r sich vor einem „Geisterhau­s“fürchten, in dem alles vollautoma­tisch abläuft. Seine Geräte erlaubten es zwar, 20 bis 30 Prozent der Energiekos­ten einzuspare­n. „Aber ausschließ­lich ich entscheide, was in meinem Haus geschieht.“Diese komfortabl­e Steuerung ist heute bereits möglich. Und dass die Heizung selbst merkt, dass mit ihr etwas nicht stimmt und den Monteur holt, ist nach Angaben der Kammer nahe Zukunft.

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Foto: Ulrich Wagner Andreas Geisler zeigt, wie Handwerker erfolgreic­h mit der Digitalisi­erung sein können: Er baut Geräte, mit denen eine intelligen­te Steuerung etwa von Heizung, Rollladen und Beleuchtun­g im Haus möglich ist.

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