Die Heizung ruft den Techniker
Konjunktur Die Vernetzung aller Daten schreitet voran. Das Handwerk sieht darin enorme Chancen. Der Kaufbeurer Unternehmer Andreas Geisler ist dafür ein gutes Beispiel. Doch die Herausforderungen sind groß
Augsburg Fröstelnde Temperaturen im Bad, aus der Dusche kommt nur kaltes Wasser – schnell wird klar, die Heizung funktioniert nicht. So weit soll es in Zukunft nicht mehr kommen. Die Heizung kann von sich aus dem Handwerker melden, wenn etwas nicht stimmt, bevor es der Kunde ärgerlich feststellt. Daran arbeitet das Handwerk, erklärt Hans-Peter Rauch. Denn der Präsident der Handwerkskammer für Schwaben versteht nicht, warum immer nur von „Industrie 4.0“gesprochen wird. Die Digitalisierung trifft die gesamte Gesellschaft, alle Akteure der Wirtschaft und damit auch das Handwerk. Gerade für das Handwerk liegen nach Ansicht von Rauch enorme Chancen in den Vernetzungsmöglichkeiten der Daten.
Das sehen offensichtlich auch viele Handwerksbetriebe so: Eine Umfrage unter 600 Unternehmern habe ergeben, dass 87 Prozent es für notwendig erachten, sich den Herausforderungen der Digitalisierung zu stellen. 79 Prozent geben demnach an, die Digitalisierung unterstützt sie, ihr Daten-, Waren- und Kun- denmanagement zu verbessern. 65 Prozent der befragten Betriebe setzen darauf, damit neue Absatzmärkte erschließen zu können. Allerdings hat die Umfrage auch ergeben, dass der Datenschutz noch vielen Sorgen bereitet. Und auch die IT-Sicherheit stellt oft ein Problem dar. Schließlich könnten sich viele kleine und mittlere Betriebe keine eigenen ITFachkräfte leisten.
Auftragslage Auch wenn die Reichweite der Auftragsbestände nach Angaben der Handwerkskammer für Schwaben ein wenig zurückgegangen ist, laufe der Konjunkturmotor im Handwerk weiter rund. 87 Prozent der befragten handwerklichen Unternehmen beurteilen ihre Geschäftslage demnach als gut oder befriedigend. Die höchsten Zufriedenheitswerte melden laut Kammer die Unternehmen aus dem Ausbau- und dem Nahrungsmittelgewerbe. Aber auch die konsumnahen Handwerke wie Optiker, Friseure oder das Kfz-Handwerk seien zu 80 Prozent zufrieden.
„Die Kammer sieht es als ihre Aufgabe an, die Betriebe für diesen Technologieschub fit zu machen“, betont Hauptgeschäftsführer Ulrich Wagner. Die Kammer arbeitet nicht nur eng mit wissenschaftlichen Einrichtungen zusammen und will ihren Beratungsservice ausbauen. Ab dem Frühjahr will sie außerdem in einem Pilotprojekt zusammen mit dem bayerischen Wirtschaftsminis-
Fachkräftenot Zwar sei die Zahl der Arbeitsplätze im Handwerk um ein halbes Prozent zurückgegangen, dennoch suchten viele Betriebe Fachkräfte. „Allein die Flüchtlinge können unser Fachkräfteproblem nicht lösen“, sagt Hauptgeschäftsführer Ulrich Wagner. Vielmehr müsse die duale Ausbildung gestärkt werden. Denn sie bilde die nötigen Meister und Unternehmer aus. Forderungen nach einer „Ausbildung light“lehnt er entschieden ab. Die Anforderungen steigen im Handwerk und die Innovationskraft der Branche stehe und falle mit der Qualifikation der Mitarbeiter. (huda) terium zeigen, wie die Dienstleistungen im Handwerk digitalisiert werden können.
Erfolgreich in diesem Bereich ist bereits Andreas Geisler. Aus dem persönlichen Wunsch heraus, die Energiekosten in seiner Doppelhaushälfte zu sparen, entwickelte der gelernte Informationstechniker und Elektrotechnikermeister Geräte, die eine intelligente Steuerung im Haus erlauben. „Es ist aber eine offene Steuerung“, betont der Kaufbeurer Jungunternehmer. Eine Vernetzung, die ein manuelles Eingreifen durch den Menschen jederzeit zulasse. Dies ist Geisler wichtig. Denn der 47-Jährige, der die Firma eService gegründet hat, weiß, dass viele Verbraucher sich vor einem „Geisterhaus“fürchten, in dem alles vollautomatisch abläuft. Seine Geräte erlaubten es zwar, 20 bis 30 Prozent der Energiekosten einzusparen. „Aber ausschließlich ich entscheide, was in meinem Haus geschieht.“Diese komfortable Steuerung ist heute bereits möglich. Und dass die Heizung selbst merkt, dass mit ihr etwas nicht stimmt und den Monteur holt, ist nach Angaben der Kammer nahe Zukunft.