Kaum noch Hoffnung auf Merkel in der CSU
Flüchtlingskrise Abgeordnete aus Schwaben und Oberbayern sind durchweg enttäuscht
Wildbad Kreuth/München Gibt es noch jemanden in der CSU in Bayern, der in der Flüchtlingskrise auf Bundeskanzlerin Angela Merkel hofft? Offenbar nicht, wie eine kleine Umfrage unserer Zeitung unter schwäbischen und oberbayerischen CSU-Politikern zeigt.
Der CSU-Landtagsabgeordnete und frühere bayerische Justizminister Alfred Sauter (Günzburg) hält sich nach dem Auftritt Merkels bei der Landtags-CSU in Wildbad Kreuth nicht zurück. Er sagt: „In meinem politischen Leben ist das die am ernstesten zu nehmende Belastungsprobe zwischen CDU und CSU. Ich habe noch nie erlebt, dass der oder die Parteivorsitzende der CDU von Mandatsträgern der CSU so respektvoll und substanziell hochwertig um eine Kursänderung gebeten wurde und sie dann mit solcher Kühle, Distanz und Herzlosigkeit abgefertigt hat.“
Die Landtagsabgeordneten Klaus Holetschek (Bad Wörishofen) und Hans Reichhart (Jettingen-Scheppach) sehen bestenfalls noch eine kleine Chance auf eine Verständigung. Holetschek: „Die CSU darf nicht nachlassen, die Kanzlerin daran zu erinnern, dass sie ihren Amtseid auf das Wohl des deutschen Volkes geschworen hat. Sie muss ihren Kurs ändern oder wir müssen Konsequenzen ziehen.“Reichhart: „Das Verhältnis ist zurzeit einfach zerrüttet. Es gibt noch eine Chance, aber das Zeitfenster ist klein.“
Bayerns Europaministerin Beate Merk (Neu-Ulm) kommentiert die Situation mit den Worten: „Die Äußerungen der Kanzlerin in Kreuth erfüllen mich mit großer Sorge. Die Bundesregierung hat offenbar den Ernst der Lage in der Flüchtlingskrise nicht erkannt. Ein Lösungsversuch in der EU ist zwar richtig, das alleine reicht aber nicht und dauert viel zu lang. Unsere Belastungsgrenze ist erreicht. Wir brau- chen sofort eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen durch Einführung einer Obergrenze. Sonst verändert sich unsere Gesellschaft dramatisch und der soziale Frieden ist gefährdet. Wer das ignoriert, verweigert sich der Realität.“
Leise Hoffnungen, Merkel könnte in absehbarer Zeit vielleicht doch noch einlenken, haben Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (Landkreis Miesbach) und der Lindauer Landtagsabgeordnete Eberhard Rotter. Aigner sagte zur Ankündigung Merkels, nach weiteren internationalen Gesprächen im Februar und März eine Zwischenbilanz zu ziehen: „Das hat sich zumindest für mich so angehört, als ob sich etwas bewegen könnte.“Für die CSU, so fügte Aigner hinzu, sei es „ein dauerndes Bohren dicker Bretter“. Rotter sagte nach der zweistündigen Diskussion mit der Kanzlerin: „Ich hatte schon den Eindruck, dass sie durchaus beeindruckt war.“
Der Landtagsabgeordnete und ehemalige Wissenschaftsminister Thomas Goppel (Kreis Landsberg) sieht die Entwicklung in der CDU als entscheidenden Faktor: „Die Zahl derer, die unsere Position teilen, muss erst noch größer werden. Dann werden wir sehen.“