Ein schwerer Vorwurf
Eine Frau soll 8000 Euro von 83-Jähriger veruntreut haben
Günzburg Der Vorwurf war durchaus schwerwiegend: Eine 45-Jährige habe sich über mehrere Jahre vom Konto einer betagten Dame im südlichen Landkreis mehr als 8000 Euro abgezweigt. Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage wegen gewerbsmäßiger Untreue in 30 Fällen. Doch die Verhandlung vor dem Amtsgericht Günzburg ergab ein anderes Bild.
Bereits vor etwa elf Jahren, so die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, hatte die Angeklagte von der damals 83-Jährigen aufgrund einer langjährigen Bekanntschaft eine vor dem Notar beglaubigte Generalvollmacht einschließlich Patientenverfügung erhalten. Dank dieser Zugriffsmöglichkeit auf das Bankkonto der Frau habe die Beschuldigte zwischen 2009 und 2013 insgesamt 30 Mal Geld abgehoben. Es handelte sich um Beträge zwischen 150 und 750 Euro, die sich auf eine Gesamtsumme von 8311 Euro summierten. Von den einzelnen Beträgen wiederum soll die Betagte jeweils 100 Euro als „Taschengeld“bekommen und den Rest selbst eingesackt haben.
Die Angeklagte bestätigte: „Ich habe das Geld abgehoben, weil es die Oma so wollte.“So habe sie die Frau aufgrund der langjährigen Beziehung bezeichnet. „Sie wollte im- mer 500 bis 600 Euro für sich.“Von diesem Betrag habe sie selbst immer ein Trinkgeld erhalten. Den Rest habe die Seniorin – sie lebte zu diesem Zeitpunkt wegen beginnender Demenz bereits in einem Stift – in einer Geldkassette verwahrt. „Was hat sie denn mit dem ganzen Geld gemacht?“, fragte Richter Daniel Theurer. Das könne sie nicht sagen, beteuerte die Angeklagte.
In der Regel habe die „Oma“ihr die Bankkarte gegeben und die Beträge genannt, die sie haben wollte. Das Geld habe sie immer am gleichen Tag abgeliefert. Nur einmal hatte sie an einem Geldautomaten den Betrag abgehoben und weil sie zur Arbeit musste, erst am nächsten Tag weitergegeben. Verteidiger Thomas Albrecht unterstrich, dass seine Mandantin die Dame beim Handgeld bremsen musste, die ihrer Betreuerin nichts schuldig bleiben wollte. Zuerst sollte die Angeklagte 500 Euro für Fahrdienste und Einkäufe erhalten, der Betrag sei aber auf 250 Euro reduziert worden. Es sei sogar zu Differenzen mit der Seniorin gekommen, als diese immer mehr Geld verlangt habe. Da die Wohnkosten im Stift das aus einem Hausverkauf stammende Vermögen aufzehrten, hat die Betreuerin sogar selbst Darlehen in Höhe von 17 000 Euro aufgenommen und einen Bausparvertrag gekündigt, damit die „Oma“keine Sozialhilfe in Anspruch nehmen musste.
Der Umgang mit dem abgehobenen Geld erwies sich als problematisch, denn laut Verteidiger reichte die Rente der Frau nicht zur Deckung der Ausgaben. Was letztlich mit den Beträgen geschah, blieb in der Verhandlung offen. Von den Angehörigen der Betagten hatte sich niemand um die finanziellen Belange der Mutter gekümmert, wie die Verlesung der Zeugenaussagen ergab. Sie wollten damit nichts zu tun haben, da es schon bei der Erbschaft des verstorbenen Vaters Streitereien gegeben hatte. Lediglich ein Betreuer, der von Amts wegen ab 2013 für die Demenzkranke zuständig war, hatte den Verbleib einer hohen Summe beanstandet und damit das Verfahren ins Rollen gebracht.
Der Verhandlungsverlauf veranlasste die Staatsanwältin, den Anklagevorwurf fallen zu lassen. Auch der Anwalt beantragte einen Freispruch. Die Angeklagte sagte in ihrem Schlusswort, sie werde sich jetzt immer eine Quittung geben lassen. Der Richter sprach sie vom Vorwurf der Untreue frei. (wk)