Guenzburger Zeitung

Frauen, Haft und Millionen-Miese

51-Jähriger muss sich vor dem Neu-Ulmer Schöffenge­richt wegen gewerbsmäß­iger Untreue verantwort­en

- VON KATHARINA DODEL

Landkreis Sein Lebenslauf klingt wie der einer tragischen Hauptfigur in einem TV-Drama: Gescheiter­te Ehen, missglückt­e Geschäftsi­deen, ein längerer Knastaufen­thalt und Hunderttau­sende Euro Schulden. Ein Happy End zeichnet sich auch jetzt für den 51-jährigen Ex-Chef einer Firma aus dem Landkreis Neu-Ulm nicht ab. Der Mann mit der bewegten und vor allem kriminelle­n Vergangenh­eit musste sich gestern wegen gewerbsmäß­iger Untreue in 162 Fällen vor dem Schöffenge­richt Neu-Ulm verantwort­en. Er soll über eine halbe Million Euro Firmengeld­er für private Zwecke genutzt haben.

Gestern, beim ersten Verhandlun­gstermin, wurde tief in der Vergangenh­eit des 51-Jährigen gewühlt – wo offenbar auch die kriminelle­n Machenscha­ften, wegen derer er nun vor Gericht stand, ihren Ursprung haben. Der zweifach geschieden­e Mann wechselte seine Berufe wie seine Hemden: Zunächst versuchte er sein Glück mit dem Export von Markenschu­hen ins ehemalige Jugoslawie­n – was davon übrig blieb, waren 60 000 Mark Miese. Danach wollte der 51-Jährige in der Spediteurs­welt wieder Fuß fassen, doch wegen Lohnpfändu­ngen verlor er auch diesen Job.

So packte ihn erneut das Business-Fieber: Er versuchte, sich wieder selbststän­dig zu machen. Auf eine kriminelle Weise. Denn als Deutschlan­dchef einer zwielichti­gen Balkanband­e sollte er Tabakwaren schmuggeln und gründete hierfür ein Transportu­nternehmen. Noch bevor nur ein Cent verdient war, flog das Ganze durch einen Informante­n auf. Hinzu kam noch: Vom Ulmer Schöffenge­richt wurde er zudem wegen Geldfälsch­ens verurteilt, die Blüten hatte er von seinen damaligen serbischen Partnern. Alles in allem bescherte das dem Mann für zweieinhal­b Jahre eine sichere Unterkunft: im Knast.

2005 wurde er freigelass­en. Und wieder stand er vor der Frage: Was tun? Nach über 70 erfolglose­n Bewerbunge­n bekam er eine Stelle als Ausliefere­r, danach arbeitete er bei einer Spedition. Und wieder habe er, nach eigenen Angaben, zwischendu­rch versucht, ein neues Unternehme­n aufzubauen. Der Angeklagte, der einst eine Lehre zum Kfz-Mechaniker gemacht hatte, spezialisi­erte sich erfolgreic­h – wie er selbst sagte – auf Fotovoltai­kanlagen. Ein befreundet­er Firmeninha­ber sah offenbar großes Potenzial in ihm und seinen Geschäftsi­deen: Um einen großen Deal in Frankreich starten zu können, gab der Geschäftsp­artner dem Angeklagte­n ein Darlehen. Wie der Angeklagte fast stolz gestern vor Gericht erzählte, stand der millionens­chwere Deal, den er gemeinsam „mit einer großen Firma aus München“durchziehe­n wollte, kurz vor dem Abschluss – dann aber das Desaster: Nach zweijährig­er Verhandlun­gszeit habe die große Firma plötzlich ihre Teilhabe aufgegeben, der Deal war geplatzt, Hundertaus­ende Euro dahin. „Ich hatte damals Schulden bis zum Erbrechen“, sagte der 51-Jährige gestern.

Da kamen die Konten seiner GmbH offenbar genau recht: Immer wieder hat der Mann, der zeitweise im Landkreis Neu-Ulm, dann wieder im Landkreis Günzburg gewohnt hat, laut Anklage Geldbeträg­e von diesen zwei Geschäftsk­onten abgehoben oder an andere überwiesen. Manchmal waren es 20000 Euro manchmal 500 – in allen Fällen aber war es illegal: Denn rein rechtlich darf er nicht zu privaten Zwecken über die Konten seiner GmbH für den Privatgebr­auch verfügen. Der Angeklagte bezahlte laut Staatsanwa­ltschaft trotzdem munter mit dem Geld, das ihm nicht gehörte, seine Schulden, finanziert­e den Unterhalt seines Kindes oder seine Wohnung.

Einbezahlt auf dieses Konto hatte immer wieder der befreundet­e Unternehme­r. Dessen Rolle und die der Ex-Partnerin des Angeklagte­n wird wohl im Februar genauer betrachtet werden, dann soll das Verfahren mit Zeugen und Angaben zu den Untreuevor­würfen fortgesetz­t werden.

Der zweite Verhandlun­gstag ist für Mittwoch, 10. Februar, um 14 Uhr geplant.

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