Frauen, Haft und Millionen-Miese
51-Jähriger muss sich vor dem Neu-Ulmer Schöffengericht wegen gewerbsmäßiger Untreue verantworten
Landkreis Sein Lebenslauf klingt wie der einer tragischen Hauptfigur in einem TV-Drama: Gescheiterte Ehen, missglückte Geschäftsideen, ein längerer Knastaufenthalt und Hunderttausende Euro Schulden. Ein Happy End zeichnet sich auch jetzt für den 51-jährigen Ex-Chef einer Firma aus dem Landkreis Neu-Ulm nicht ab. Der Mann mit der bewegten und vor allem kriminellen Vergangenheit musste sich gestern wegen gewerbsmäßiger Untreue in 162 Fällen vor dem Schöffengericht Neu-Ulm verantworten. Er soll über eine halbe Million Euro Firmengelder für private Zwecke genutzt haben.
Gestern, beim ersten Verhandlungstermin, wurde tief in der Vergangenheit des 51-Jährigen gewühlt – wo offenbar auch die kriminellen Machenschaften, wegen derer er nun vor Gericht stand, ihren Ursprung haben. Der zweifach geschiedene Mann wechselte seine Berufe wie seine Hemden: Zunächst versuchte er sein Glück mit dem Export von Markenschuhen ins ehemalige Jugoslawien – was davon übrig blieb, waren 60 000 Mark Miese. Danach wollte der 51-Jährige in der Spediteurswelt wieder Fuß fassen, doch wegen Lohnpfändungen verlor er auch diesen Job.
So packte ihn erneut das Business-Fieber: Er versuchte, sich wieder selbstständig zu machen. Auf eine kriminelle Weise. Denn als Deutschlandchef einer zwielichtigen Balkanbande sollte er Tabakwaren schmuggeln und gründete hierfür ein Transportunternehmen. Noch bevor nur ein Cent verdient war, flog das Ganze durch einen Informanten auf. Hinzu kam noch: Vom Ulmer Schöffengericht wurde er zudem wegen Geldfälschens verurteilt, die Blüten hatte er von seinen damaligen serbischen Partnern. Alles in allem bescherte das dem Mann für zweieinhalb Jahre eine sichere Unterkunft: im Knast.
2005 wurde er freigelassen. Und wieder stand er vor der Frage: Was tun? Nach über 70 erfolglosen Bewerbungen bekam er eine Stelle als Auslieferer, danach arbeitete er bei einer Spedition. Und wieder habe er, nach eigenen Angaben, zwischendurch versucht, ein neues Unternehmen aufzubauen. Der Angeklagte, der einst eine Lehre zum Kfz-Mechaniker gemacht hatte, spezialisierte sich erfolgreich – wie er selbst sagte – auf Fotovoltaikanlagen. Ein befreundeter Firmeninhaber sah offenbar großes Potenzial in ihm und seinen Geschäftsideen: Um einen großen Deal in Frankreich starten zu können, gab der Geschäftspartner dem Angeklagten ein Darlehen. Wie der Angeklagte fast stolz gestern vor Gericht erzählte, stand der millionenschwere Deal, den er gemeinsam „mit einer großen Firma aus München“durchziehen wollte, kurz vor dem Abschluss – dann aber das Desaster: Nach zweijähriger Verhandlungszeit habe die große Firma plötzlich ihre Teilhabe aufgegeben, der Deal war geplatzt, Hundertausende Euro dahin. „Ich hatte damals Schulden bis zum Erbrechen“, sagte der 51-Jährige gestern.
Da kamen die Konten seiner GmbH offenbar genau recht: Immer wieder hat der Mann, der zeitweise im Landkreis Neu-Ulm, dann wieder im Landkreis Günzburg gewohnt hat, laut Anklage Geldbeträge von diesen zwei Geschäftskonten abgehoben oder an andere überwiesen. Manchmal waren es 20000 Euro manchmal 500 – in allen Fällen aber war es illegal: Denn rein rechtlich darf er nicht zu privaten Zwecken über die Konten seiner GmbH für den Privatgebrauch verfügen. Der Angeklagte bezahlte laut Staatsanwaltschaft trotzdem munter mit dem Geld, das ihm nicht gehörte, seine Schulden, finanzierte den Unterhalt seines Kindes oder seine Wohnung.
Einbezahlt auf dieses Konto hatte immer wieder der befreundete Unternehmer. Dessen Rolle und die der Ex-Partnerin des Angeklagten wird wohl im Februar genauer betrachtet werden, dann soll das Verfahren mit Zeugen und Angaben zu den Untreuevorwürfen fortgesetzt werden.
Der zweite Verhandlungstag ist für Mittwoch, 10. Februar, um 14 Uhr geplant.