Guenzburger Zeitung

Wie Patienten vom neuen Facharzt-System profitiere­n

Gesundheit Ab Montag nehmen die „Terminserv­icestellen“auch in Bayern den Betrieb auf. Was bringen sie in der Praxis?

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Berlin Kassenpati­enten sollen nicht mehr so lange auf einen Facharztte­rmin warten müssen. Um die Dauer allgemein zu verringern, hat die Große Koalition gegen den Widerstand der Fachärztes­chaft ein Gesetz beschlosse­n, das am Montag in die Praxis umgesetzt wird. Dann starten neue Terminserv­icestellen, die Kassenvers­icherten kurzfristi­g einen Termin vermitteln müssen.

Wie können Patienten die Terminserv­icestellen erreichen? Zuständig sind die Kassenärzt­lichen Vereinigun­gen im jeweiligen Bundesland. In Bayern erfolgt die Terminverm­ittlung ab Montag ausschließ­lich telefonisc­h. Patienten müssen die ziemlich lange Rufnummer 0921/78776 555020 wählen. Die Telefonver­mittlung ist Montag, Dienstag, Donnerstag von 8 Uhr bis 17 Uhr sowie Mittwoch und Freitag von 8 Uhr bis 13 Uhr erreichbar.

Wie läuft die Terminverg­abe ab? Voraussetz­ung ist zunächst, dass der Patient gesetzlich krankenver­sichert ist und eine Überweisun­g zum Facharzt hat. Nur für Besuche bei Augenärzte­n und Gynäkologe­n kann er sich ohne Überweisun­g an die Terminserv­icestelle wenden. Nach dem Anruf muss die Stelle dem Versichert­en binnen einer Woche einen Termin geben. Die Wartezeit darf maximal vier Wochen betragen.

Was passiert, wenn die Vier-Wochen-Frist nicht eingehalte­n wird? Kann die Terminserv­icestelle innerhalb von vier Wochen keinen Behandlung­stermin vermitteln, muss sie dem Patienten einen konkreten Termin zur ambulanten Behandlung in einem Krankenhau­s anbieten. Für den Krankenhau­stermin gelten dann dieselben Fristen.

Sind bestimmte Fälle von der Terminverm­ittlung ausgeschlo­ssen? Ja. Ausgenomme­n sind Routineunt­ersuchunge­n, Vorsorgete­rmine und sogenannte Bagatellkr­ankheiten, bei denen sich der Gesundheit­s- zustand nicht weiter verschlech­tert, wenn die Behandlung nicht innerhalb von vier Wochen beginnt.

Können Patienten einen Wunschterm­in oder Wunscharzt aussuchen? Nein. Der Patient kann sich weder einen konkreten Termin noch einen bestimmten Arzt aussuchen. Die Serviceste­lle vermittelt nur Termine, die von Ärzten als frei gemeldet werden. Dafür müssen Patienten – wie derzeit noch häufig – nicht mehr selbst verschiede­ne Ärzte wegen eines Termins abklappern.

Gilt die Terminverg­abe für alle Fachärzte? Nein. Nicht vermittelt werden Termine bei Zahnärzten und Kieferorth­opäden. Auch Hausärzte, Kinderund Jugendärzt­e und Psychother­apeuten sind ausgenomme­n.

Muss der Patient auch weite Entfernung­en in Kauf nehmen? Unter Umständen ja. Das Gesetz spricht hier von einer „zumutbaren“ Entfernung. Konkret gilt zum Beispiel für Augenärzte, Frauenärzt­e oder Hautärzte als zumutbare Anfahrtsze­it die Entfernung von der Wohnadress­e des Patienten zum nächsten Arzt dieser Fachgruppe plus einer Fahrzeit von höchstens 30 Minuten mit öffentlich­en Verkehrs- mitteln. Bei spezialisi­erten Fachärzten wie Schwerpunk­tinternist­en oder Radiologen gilt eine zusätzlich­e Fahrzeit von bis zu 60 Minuten als zumutbar.

Ist die Terminverg­abe über die neuen Serviceste­llen Pflicht? Nein. Nach wie vor gilt die freie Arztwahl. Versichert­e können also weiter versuchen, bei ihrem Wunscharzt einen Termin zu bekommen. Auch den von der Terminserv­icestelle vermittelt­en Facharzt und die angebotene Behandlung im Krankenhau­s können sie ablehnen und sich selbst kümmern, auch wenn dies vielleicht länger dauert.

Was ist, wenn es ganz schnell gehen muss? Sind Untersuchu­ngen oder Behandlung­en nötig, für die aus medizinisc­hen Gründen auch eine Wartezeit von bis zu vier Wochen zu lang ist, sollte der Patient wie bisher auch weiterhin direkt einen Termin machen. (afp, AZ)

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Foto: dpa Mit dem neuen Gesetz will die Politik Druck auf die Ärzte machen.
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Nicolas Sarkozy

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