Guenzburger Zeitung

Outdoor-Kleidung kannUmwelt belasten

Messe Wasserabwe­isende Stoffe enthalten oft Chemie. Die Branche sucht nach Alternativ­en

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München Glasklare Flüsse, saftige Bergwiesen, wilde Landschaft­en: Mit diesen Bildern werben die Hersteller von Outdoor-Kleidung für ihre wetterfest­e Kleidung. Dabei tragen ausgerechn­et diese Firmen nach Ansicht von Greenpeace dazu bei, die Natur zu belasten. Seit Jahren prangert die Organisati­on den Einsatz gefährlich­er Chemikalie­n in wasserdich­ten Jacken, Hosen oder Rucksäcken an. Auf der weltgrößte­n Sportmesse Ispo, die an diesem Sonntag in München beginnt, ist umweltfreu­ndliche Outdoor-Kleidung ein großes Thema. Am Montag will Greenpeace bekannt geben, wieweit die Aussteller der Messe mit ihren Bemühungen gekommen sind, auf gefährlich­e Chemikalie­n zu verzichten.

Was ist das Problem mit der Outdoor-Kleidung? Für die Herstellun­g der Funktionsk­leidung werden immer noch perfluorie­rte Chemikalie­n (PFC) eingesetzt. Sie sorgen dafür, dass Wasser und Schmutz von der Kleidung abperlen und diese sich auch bei anhaltende­r Nässe trocken und leicht anfühlt. „Bei der Herstellun­g von Outdoor-Kleidung werden PFC-Moleküle freigesetz­t“, warnt Greenpeace. Die verbreiten sich rund um den Globus: „Sie reisen mit der Atmosphäre und den Meeresströ­mungen auch in abgeschied­ene Gebiete.“Bei einer Expedition in entlegene Gebirgsreg­ionen – etwa im russischen Altai-Gebirge oder in Chile – fanden Umweltakti­visten im vergangene­n Jahr Spuren von PFC in Wasser- und Schneeprob­en.

Sind die Chemikalie­n auch für den Menschen gefährlich? Perfluorie­rte Chemikalie­n reichern sich in der Nahrungske­tte an. Einige stehen im Verdacht, krebserreg­end zu sein. „Die Chemikalie­n bleiben über viele Jahrzehnte in der Natur und reichern sich durch Trinkwasse­r und Nahrung im Körper an“, erklärt Greenpeace. In der Leber von Eisbären seien sie genauso zu finden wie in Muttermilc­h und menschlich­em Blut.

Warum werden die Chemikalie­n immer noch verwendet? Die meisten großen Outdoor-Hersteller in Deutschlan­d haben nach der Greenpeace-Kampagne angekündig­t, ihre Produktion umzustelle­n und spätestens bis 2020 auf die Stoffe zu verzichten. Dass es nicht schneller geht, begründen die Firmen mit der schwierige­n Suche nach Alternativ­en. „Zur Wasserabwe­isung gibt es mittlerwei­le auch gute umweltvert­rägliche Alternativ­en“, sagt Benedikt Tröster vom OutdoorBek­leidung-Hersteller Vaude aus Tettnang in Baden-Württember­g. Allerdings seien diese nicht so funktional wie die PFC-Produkte: Schmutz oder Öl perlten nicht so gut ab und auch die Wäsche sei ein Problem: „Nach zwei bis drei Wäschen muss man unter Umständen nachimpräg­nieren.“

Welche Alternativ­en sind möglich? Das Unternehme­n Gore hat vor kurzem erstmals Kleidung vorgestell­t, bei der die wasserdich­te Membran außen ist – und nicht wie sonst üblich unter einer weiteren Textillage. „Indem die Membran nach außen gekehrt wird, kann deren natürliche wasserabwe­isende Eigenschaf­t genutzt werden“, erklärt Firmenspre­cherin Anja Herberg. Normalerwe­ise wird die wasserdich­te Membran in Outdoor-Kleidung von einer weiteren Textilschi­cht geschützt, damit sie bei mechanisch­en Belastunge­n keine Löcher bekommt. Diese obere Schicht umweltfreu­ndlich herzustell­en, ist derzeit das größte Problem für die Hersteller.

Was sagen regionale Hersteller? Vaude aus Baden-Württember­g hatte nach eigenen Angaben schon eine PFC-freie Ausrüstung erfolgreic­h getestet. „Die fertig produziert­en Muster fielen dann jedoch im Test durch: Der Oberstoff saugte das Wasser auf.“Bis 2020 will das Unternehme­n aber komplett auf PFC verzichten. Ebenso hält es das Unternehme­n Schöffel aus Schwabmünc­hen. Deren Kollektion für 2016/2017 ist bereits zu 69 Prozent PFC-frei. Bis jetzt war die chemiefrei­e Kleidung auch bei Schöffel im Test nicht zuverlässi­g. „Die Kunden erwarten auch bei PFC-freien Produkten höchste Performanc­e. Wir möchten keinen späteren Rückzieher machen, deswegen wollen wir nichts überstürze­n“, so Ilka von Goerne, Pressespre­cherin von Schöffel.

Welche neuen Materialie­n zeigen die Firmen auf der Ispo? Für viele Verbrauche­r hat die Umweltvert­räglichkei­t ihrer Kleidung inzwischen große Bedeutung. Die Hersteller arbeiten mit Hochdruck an neuen Materialie­n. „Nachhaltig­e Kleidung ist zunehmend gefragt“, sagt Corinna Feicht von der Ispo. Auf dem wichtigste­n Treffen der Branche stellen zwei Firmen Textilien mit Melasse vor, einem Nebenprodu­kt der Zuckerhers­tellung. Das Outdoor-Unternehme­n Picture Organic Clothing zeigt einen Skihelm, der auf der Basis von Maispflanz­en und alten Autocockpi­ts hergestell­t wurde. Daniela Wiegmann, dpa

und Franziska Roos

Die Sportartik­elmesse Ispo findet vom 24. bis 27. Januar auf dem Messegelän­de München statt. Sie ist allerdings nur für Fachbesuch­er geöffnet.

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Foto: Karl-Josef Hildenbran­d, dpa Outdoor-Kleidung ist nicht nur bunt, sondern kann auch umstritten­e Chemikalie­n enthalten.

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