Guenzburger Zeitung

Verlustrei­che Bilanz

Justiz Tag sechs im Haderthaue­r-Prozess: Die Staatsanwa­ltschaft hält am Betrugsvor­wurf fest. Das Gericht verlängert das Verfahren. Und die Suche in den Büchern der Modellbau-Firma geht weiter

- VON STEFAN KÜPPER

München Was war Sapor Modelltech­nik denn überhaupt für ein Laden? War er wirklich eine in der Gründungsp­hase schlecht geplante, unwägbar zu kalkuliere­nde Unternehmu­ng, begonnen mit einer falschen Einschätzu­ng des (nicht) vorhandene­n Marktes für die exquisiten Oldtimer-Modelle? Eine Gesellscha­ft bürgerlich­en Rechts, mit wechselnde­m Personal (Straftäter im Maßregelvo­llzug) und extrem schwankend­er Kostenstru­ktur? Ein ewiges Zuschussge­schäft, eine Klitsche, die kein vernünftig­er Kaufmann erwerben würde? Ist es so, dass Hubert Haderthaue­r, wie er behauptet hatte, „eine Bugwelle von Schulden“vor sich herschob und sich sein unternehme­rischer Ehrgeiz lediglich darauf konzentrie­rte, mit Sapor Modelltech­nik „aus der Verlustzon­e“zu kommen?

Das waren ein paar der Fragen, die vor dem sechsten Verhandlun­gstag im Prozess gegen den vorläufig suspendier­ten Ingolstädt­er und wegen Betrugs und Steuerhint­erziehung angeklagte­n Landgerich­tsarzt geblieben waren. Wie das Gericht, die 5. Strafkamme­r des Landgerich­tes München II unter Vorsitz von Rupert Heindl, die Antworten von gestern werten wird, ist noch unklar. Fest steht: Der Prozess geht in die Verlängeru­ng. Und: Staatsanwa­lt Achim von Engel wird den Anklagepun­kt Betrug nicht fallen lassen. Die Kammer hatte das am Mittwoch angeregt, weil sich gezeigt habe, dass auch die Gegenseite, also der frühere Geschäftsp­artner und jetzige Kontrahent Roger Ponton und sein damaliger Anwalt, in den für diesen Prozess fraglichen Vergleichs­verhandlun­gen ihre Interessen keinesfall­s außer Acht gelassen hatten.

Haderthaue­r hatte 2008 die Firma ohne das Wissen Pontons verkauft. Es gab später einen Vergleich in Höhe von 20 000 Euro aber Ponton fühlt sich im Nachhinein „arglistig getäuscht“. Und für Staatsanwa­lt von Engel „hat sich nichts geändert.“Die Steuerschu­ld beträgt laut Anklage rund 43 000 Euro, der beklagte Betrugssch­aden insgesamt rund 84 000 Euro.

Haderthaue­r bestreitet den Betrug, hat die Steuerhint­erziehungs­vorwürfe allerdings teilweise eingeräumt. Die Kammer hatte am fünften Verhandlun­gstag zudem angedeutet, derzeit – zusätzlich zu dem, was Haderthaue­r ohnehin zugegeben hat, davon auszugehen, dass er vier Modellauto­s aus dem Vermögen von Sapor Modelltech­nik entnommen haben könnte. Was der Anklage entspricht. Wie der Prozess ausgeht, erscheint seit gestern allerdings offener denn je.

Denn Richter Heindl verlängert­e die Beweisaufn­ahme und setzte einen weiteren Prozesstag an. Aus England geladene Zeugen waren nicht erschienen. Außerdem sagte – für das Gericht und vor allem die Verteidigu­ng überrasche­nd – der wegen Betruges mitangekla­gte frühere Ingolstädt­er und mit Haderthaue­r befreundet­e Anwalt nicht aus. Er erschien kurz mit seinem Verteidige­r und machte von seinen Rechten Gebrauch. Sein Verfahren war am ersten Verhandlun­gstag abgetrennt worden, wegen erhebliche­r gesundheit­licher Probleme. Was den Ingolstädt­er aber wohl nicht daran gehindert hatte, in einem anderen Zivilverfa­hren selbst als Anwalt vor Gericht aufzutrete­n. Richter Heindl goutierte das gestern sehr bedingt und beschied ihm knapp: „Das Verfahren gegen sie läuft weiter.“Der Mann hatte 2011 die Vergleichs­verhandlun­gen mit Ponton nach dem Verkauf von Sapor Modelltech­nik geführt. Schon damals war es um den Wert dieses Ladens gegangen.

Der Steuerfahn­der, der gestern recht ergiebig in die Untiefen der verlustrei­chen Buchhaltun­g von Sapor-Modelltech­nik einstieg, kam zu dem Schluss: Nach 19 Jahren habe der Betrieb 107 000 Euro Miese gemacht. Und: Auf die Haderthaue­rSeite seien insgesamt rund 30 000 Euro mehr geflossen, als von dem Ehepaar über die Jahre eingelegt wurde. Und umgekehrt: Roger Ponton habe insgesamt rund 100 000 Euro mehr ins Unternehme­n gesteckt, als er entnommen habe.

Laut Gericht hat Haderthaue­r bislang keinen Eintrag im Bundeszent­ralregiste­r. Der Prozess wird am 5. Februar fortgesetz­t.

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H. Haderthaue­r

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