Vorbeugen ist die beste Medizin
Erkältungskrankheiten Dass irgendwann ein durchschlagendes Mittel gegen banale Infekte kommen wird, diese Hoffnung sollten wir begraben. Denn die Viren, die sie auslösen, machen es den Forschern schwer. Man kann sich aber durchaus schützen
Augsburg Die Anfrage beim Verband forschender Arzneimittelhersteller (VfA) ergibt Ernüchterndes, wenngleich damit schon zu rechnen war: Es sei ihm keine Firma bekannt, die an ursächlich wirkenden Erkältungsmitteln forscht, teilt der Pressesprecher schriftlich mit. Kaum zu glauben, angesichts all des Gehustes und Geschniefes, das in diesen Tagen wieder überall zu hören ist. Woran liegt’s, dass Erkältungsviren so schwer zu fassen sind? Wir haben bei Privatdozent Dr. Reinhard Hoffmann nachgefragt, der Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie ist und am Augsburger Klinikum das Institut für Laboratoriumsmedizin leitet.
Herr Dr. Hoffmann, leiden Sie auch immer wieder unter Erkältungen? Hoffmann: Ja, wie jeder andere auch. Zum Beispiel jetzt gerade.
Das heißt, auch ein Experte für Mikroorganismen und Viren hat dagegen kein Geheimrezept? Hoffmann: Nein, nur das Übliche, was man mittlerweile ganz gut kennt – wie etwa häufiges Händewaschen, weil Keime gerne über Hände übertragen werden, und ansonsten Abwehrkräftesteigerung durch Bewegung, gesunde Ernährung und dergleichen.
Ist es nicht seltsam, dass keine ursächlich wirkenden Erkältungsmittel entwickelt werden, obwohl das doch sicher sehr lohnend für die Herstellerfirma wäre? Hoffmann: Zweifellos wäre das ein Riesenmarkt. Wirtschaftlich gesehen ist die Erkältung ja die wichtigste Krankheit überhaupt! Es hat aber wohl damit zu tun, dass die Erkältung kein einheitliches Krankheitsbild ist. Vielmehr sind viele unterschiedliche Viren verantwortlich dafür.
Und diese Viren sind schwer zu fassen? Hoffmann: Ja. Es handelt sich dabei um infektiöse Partikel, die keinen eigenen Stoffwechsel haben, sondern unseren Stoffwechsel nutzen. Man kann darüber streiten, ob Viren überhaupt leben. Das macht es schwieriger, Medikamente zu finden, die gegen diese Viren wirken. Bei Bakterien kann man zum Beispiel gezielt die Zellwand angreifen, Ursächlich lassen sich Erkältungen zwar nicht behandeln, aber man kann die Symptome bekämpfen. Oft empfohlen werden dabei Hausmittel, etwa
heiße Tees, zum Beispiel Holunderoder Lindenblütentee, die eine schweißtreibende Wirkung haben. Neben der schweißtreibenden und fiebersenkenden Wirkung sorgten heiße Tees für eine Befeuchtung der Schleimhäute in den oberen Atemwegen, heißt es in der Zeitschrift „Der Allgemeinarzt“. Pro Tag sollten mindes- bei Viren geht das nicht, weil sie keine Zellwand haben. Auch hat jeder Virus eine eigene Ausstattung an Proteinen und Enzymen. Da müsste man ein Medikament finden, das gezielt gegen das jeweilige Enzym eines bestimmten Virus wirkt. Man kennt das von den verfügbaren Virusmedikamenten: Sie wirken sehr spezifisch gegen eine bestimmte Virusgruppe, zum Beispiel gegen Herpesviren. Mit diesem Mittel kann man aber keine Hepatitis behandeln oder auch keine HIV-Infektion. tens zwei Liter Flüssigkeit in Form von Tees oder heißen Fruchtsäften getrunken werden.
Inhalation von warmen Dämpfen mit Zusatz von Salz oder Kamillenöl, das rät die DAK, ebenso eine
Nasenspülung mit Kochsalzlösung: Dazu eine Messerspitze Salz in 200 Milliliter Wasser auflösen, in die Hand gießen und mit jeweils einem Nasenloch einatmen, heißt es.
Warme Fuß- oder Erkältungsbäder können im Anfangsstadium einer Wie viele Viren gibt es denn, die Erkältungen auslösen können? Hoffmann: Es gibt vier große Gruppen mit jeweils vielen verschiedenen Unterarten. Zudem findet man überhaupt nur in maximal der Hälfte der Fälle einen Erreger. Es gibt viele Erkältungs-Viren, die wir noch gar nicht kennen. Deshalb wäre es schwierig, Medikamente zu finden, die gegen alle Viren wirken, die Erkältungen hervorrufen.
Sucht man denn nach Erkältungserregern? Hoffmann: Bei einem einfachen Schnupfen sicher nicht, denn die Suche ist aufwendig und teuer. Außerdem muss ich genau wissen, wonach ich suche, das macht die Sache noch schwieriger. Und wenn man sich mittels Abstrichen im Nasen- oder Rachenraum um eine Diagnostik Erkältung helfen. Dadurch wird reflektorisch eine Durchblutungssteigerung der Nasen- und Rachenschleimhaut erreicht, wodurch die Viren eventuell noch abgewehrt werden können, erklärt das Apotheker-Portal aponet.
Ingwer soll Erkältungen entgegenwirken und für eine stärkere Durchblutung der Nasenschleimhäute sorgen, so die Carstens-Stiftung für Komplementärmedizin. Also ein daumengroßes Stück frische Ingwerwurzel raspeln, mit kochendem Wasser übergießen, zu- bemüht, ist man vielleicht zu spät dran, und das Immunsystem hat den Erreger schon eliminiert, sodass man gar nichts mehr finden kann. Für einen Nachweis ist es wichtig, dass eine ausreichende Anzahl von Viren vorhanden ist.
Wann sind die Viren denn am ansteckendsten? Hoffmann: In den ersten Krankheitstagen. Wenn das Immunsystem dann richtig Fahrt aufnimmt, wird die Virenzahl effektiv gesenkt.
Wie kann man einer Ansteckung vorbeugen? Hoffmann: Mit Händewaschen! Außerdem kann auch immer wieder mal die Hände desinfizieren, es gibt dafür Mittel in kleinen Fläschchen, die in jede Jackentasche passen und eine „Remanenzwirkung“haben. Das heißt, selbst wenn das Mittel auf der Haut getrocknet ist, bleibt noch eine gewisse Wirkung. Ansonsten sollte man, wie gesagt, versuchen, gesund zu leben.
Kann ich denn vor einer Ansteckung sicher sein, wenn ich hustenden, schniefenden Menschen möglichst aus dem Wege gehe? Hoffmann: Sicher hängt das Risiko, sich anzustecken, auch davon ab, wie viel Viren man aufnimmt, und die, die husten und schniefen, scheiden am meisten Viren aus. Aber sobald Viren da sind, sind sie grundsätzlich auch ansteckend, und sie können schon da sein, bevor man sich krank fühlt. Man muss infizierten Leuten nicht unbedingt aus dem Wege gehen, aber man sollte vielleicht lieber aufs Händeschütteln verzichten. Denn dadurch landen Erkältungsviren von anderen Menschen auf meiner Hand, und wie man aus Untersuchungen weiß, haben wir die Angewohnheit, uns unbewusst immer wieder an die Nase zu fassen. Dadurch bringe ich die Viren dann direkt an meine Nase und schaffe ideale Voraussetzungen, mich selbst anzustecken.
Wie lange können Erkältungsviren außerhalb des Körpers überhaupt überleben? Hoffmann: Man muss davon ausgehen, dass die Viren auf trockenen Oberflächen über Stunden infektiös sind.
Interview: Sibylle Hübner-Schroll