Das Rätsel um U-31 ist gelöst
Meeresforschung Hundert Jahre lang lag das Wrack vor der britischen Küste. Nun weiß man: Es handelt sich um ein deutsches U-Boot, das während des Ersten Weltkriegs verschollen war. Und plötzlich ist klar, was damals geschah
London Als die 35 Männer im Januar 1915 aus Wilhelmshaven ausliefen, gingen sie vermutlich von einer normalen Patrouillenfahrt aus. Der vorübergehende, enge Arbeitsplatz der deutschen Soldaten trug den Namen „U-31“, maß 57 Meter an Länge und war ein U-Boot der kaiserlichen Marine. Doch die Crew sollte nie wieder zurückkehren. Die Daheimgebliebenen warteten ab dem 13. Januar vergeblich auf Nachrichten oder Hinweise zum Schicksal ihrer Angehörigen. Erst jetzt, mehr als 100 Jahre später, wurde das Rätsel um den Verbleib der Seemänner gelöst – durch einen Zufall.
Im September 2012 begannen Entwickler des Windparkbetreibers Scottish Power Renewables, den Meeresgrund in der Nordsee abzuscannen. Der Vorgang ist in der Branche Routine und die meisten der mehr als 60 entdeckten Wracks und zahlreichen Seefahrzeuge waren bekannt.
Doch dann spürte das Messgerät etwa 90 Kilometer vor der Ostküste Englands und 30 Meter unter der Meeresoberfläche ein ungewöhnlich großes Objekt auf. „Dieses Wrack war anders“, sagte ein Sprecher des Energieunternehmens den Medien. „Von den Umrissen her sah es aus wie ein U-Boot.“
Die Mitarbeiter verständigten die Behörden, woraufhin niederländische Marinetaucher versuchten, im trüben Wasser die Herkunft des Funds zu bestimmen. Lange gingen die Experten davon aus, dass es sich um das letzte noch vermisste niederländische U-Boot aus dem Zweiten Weltkrieg handelte.
Erst jetzt, mehr als drei Jahre nach dem Fund, ist der Fall geklärt und das Kriegsschiff identifiziert. Es handle sich, so teilte Scottish Power Renewables mit, um das seit mehr als 100 Jahren vermisste deutsche U-Boot „U-31“– eines von 375 Unterwasserfahrzeugen, die während des Ersten Weltkriegs von deutschen Häfen aus in See stachen. Die Bordbesatzung konnte rund fünf Tage auf Patrouille sein, hatte jedoch nur Luftversorgung für 72 Stunden. „Die ganze Geschichte dahinter zu enträtseln, war faszinierend“, sagte Charlie Jordan von dem britischen Windparkunternehmen.
Als „einen bedeutsamen Erfolg“bezeichnete der englische MarineArchäologe Mark Dunkley die Ent- deckung. „Für die Tatsache, dass das U-Boot mehr als ein Jahrhundert auf dem Meeresgrund lag, ist es in einem bemerkenswerten Zustand, der Kommandoturm ist noch vorhanden und der Bug teilweise eingegraben“, sagte er.
Vermutlich sei es damals durch eine Mine zerstört worden und mitsamt der Crew gesunken. Der Fund diene „als ergreifende Erinnerung an all jene Menschen, die während des Ersten Weltkriegs auf See, an Land oder in der Luft ihr Leben verloren haben.“Im nächsten Jahr, so ist geplant, soll mit dem Bau des Windparks begonnen werden. Doch die Verantwortlichen haben bereits versichert, den Ort, wo das Kriegsrelikt liegt, nicht zu zerstören.
Die 35 Männer haben vor einem Jahrhundert ihre letzte Ruhestätte in den britischen Hoheitsgewässern gefunden. Behörden wollen jetzt mögliche Nachkommen ausfindig machen und kontaktieren. Damit auch sie erfahren, was mit ihren Vorfahren einst passiert ist – und damit sie mit der Familiengeschichte endlich ihren Frieden schließen können.