Wildschweine nicht willkommen
Umwelt Italien will den Tieren an den Kragen, denn die sind zu einer Plage geworden. Sie bedrohen angeblich sogar das Weinanbaugebiet des Chianti in der beliebten Urlaubsregion Toskana
Rom Wildschweine sind seit langem eine bedrohte Art – im Comic. Schließlich feiern die beiden tapferen Gallier Asterix und Obelix jedes bestandene Abenteuer mit einem Wildschweingelage und zusammen mit allen Dorfbewohnern. Nun ist das echte Italien nicht mit dem fiktiven „kleinen gallischen Dorf“zu vergleichen, Wildschweine allerdings schweben dort ebenso in höchster Gefahr. Denn in Italien ist das Wildschwein auf dem Vormarsch.
Auf dem italienischen Stiefel, aber vor allem in der Toskana können sie ein Lied davon singen. Noch in den 90er Jahren lagen die toskanischen Laubwälder wie verwaist da. Heute tummeln sich in der bei Touristen so beliebten Region hunderttausende Bachen, Keiler und Frischlinge. Von einer halben Million toskanischer Wildschweine ist die Rede. Im ganzen Land sollen es inzwischen über eine Million sein. Ihre Zahl hat sich seit der Jahrtau- sendwende fast verdreifacht. Und das sorgt für allerhand Probleme.
Der richtige Umgang mit dem Wildschwein, lateinisch sus scrofa, hat sich über die Toskana hinaus zu einem umstrittenen Debattenthema entwickelt. Unversöhnlich stehen sich gegenüber: Landwirte und Jäger auf der einen Seite, Tier- und Umweltschützer auf der anderen.
Landwirte und Jäger beklagen die Zerstörung von Anbauflächen, Wiesen und Feldern. Nicht nur sei etwa das Weinanbaugebiet des Chianti classico in Gefahr, gab jüngst der Direktor des Konsortiums zu Bedenken, die gesamte toskanische Kulturlandschaft drohe durch unaufhaltsam den Boden umpflügende Schweineschnauzen zu verkommen – mit unvorhersehbaren Folgen, auch für den Tourismus.
Die Toskana wird zur Kraterlandschaft? Eine maßlose Übertreibung? Dass es sich tatsächlich um ein ernstes Problem handelt, dafür sprechen etwa die 2,5 Millionen Euro Ausgleichszahlungen, die die Region im vergangenen Jahr für durch Wildschweine verursachte Agrarschäden leistete. Italienweit dürfte die Summe im zweistelligen Millionen-Bereich liegen.
Die Wildschweine – das kommt noch hinzu – werden für die Menschen teilweise sogar lebensgefährlich. Im vergangenen Jahr wurden bis zu tausend von den Tieren verursachte Verkehrsunfälle auf toskanischen Landstraßen gezählt. Mindestens drei Menschen starben. Als im August eine Rotte Wildschweine auf Sizilien ein älteres Ehepaar angegriffen und den Mann getötet hatte, machte das selbst in Deutschland Schlagzeilen.
Wegen der Wildschweinplage gibt es in Florenz nun einen ganz konkreten Plan: Drei Jahre lang sollen gelockerte Jagdbestimmungen gelten und auf diese Weise die Hälf- te aller toskanischen Wildschweine, also etwa 250 000 Tiere niedergestreckt werden.
Umweltschützer, Tierfreunde, aber auch ein paar Exponenten des kulturellen Lebens hängten sich deshalb bereits bei einer Demonstration in Florenz WildschweinMasken um, weil sie ein höchst unerfreuliches Ereignis zwischen „Blutbad“und „Massenerschießung“witterten.
Dass das Klima für das Wildschwein rauer wird, das hatte vor Monaten schon Valeria Mancinelli, die Bürgermeisterin von Ancona, angedeutet. Auch ihre Region, die Marken, ist von der WildschweinInvasion betroffen. Valeria Mancinelli schlug, wenig diplomatisch, den Gebrauch eines „Flammenwerfers“zur „Ausrottung“der Vierbeiner vor und nannte Tierschützer „Idioten“. In den 90er Jahren dachte man noch anders: Damals wurden Wildschweine in Italien sogar angesiedelt. tertitel. Nur gelegentlich – und das ist gut so – gibt es des besseren Verständnisses wegen kleine Texteinblendungen. Zum anderen: Stellbrink findet Zugang zur Welt der Gehörlosen. Er freundet sich ein wenig mit dem unglücklichen Erpresser Ben Lehner an und flirtet mit einer gehörgeschädigten Tanzlehrerin. Ein wenig konstruiert, dieser „Tatort“, aber sehenswert. Tipp: Echte Untertitel gibt es zusätzlich im Videotext. Rupert Huber