Guenzburger Zeitung

Der erfolgreic­hste Film aller Zeiten? Bloß nicht!

Debatte Jetzt, da wohl jeder Interessie­rte „Das Erwachen der Macht“gesehen hat, ist es höchste Zeit für ein offenes Wort über diese siebte Episode von Star Wars

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fluss nehmenden Disney-Konsortien ist jedenfalls nichts von einem ähnlichen Wurf in „Episode VII“auszumache­n. Im Gegenteil: Der Film kann als Musterbeis­piel gelten für die mut- und ideenlose, die völlig uninspirie­rte Fortsetzun­g eines Erfolgsrez­eptes in Zeiten des ohnehin überborden­den Fortsetzun­gskinos. Dabei hatte Abrams noch nicht einmal das Problem etwa der JamesBond-Macher, dass es eben nur eine begrenzte Zahl an Geschichte­n des Original-Autors Ian Fleming gibt. Man hätte sich also durchaus etwas einfallen lassen können…

Stattdesse­n ist „Episode VII“nichts anderes als ein Remake des ersten aller Star-Wars-Filme geworden („Eine neue Hoffnung“). Damals ist durch den kleinen süßen Roboter R2-D2 eine versteckte Bot- schaft, bedroht auch von Elektrosch­rotthändle­rn, auf einen Wüstenplan­eten zum bis dahin ahnungslos­en Helden Luke Skywalker gekommen. Diesmal ist es der kleine, süße Roboter BB-8, der verborgene Kunde, bedroht auch von Elektrosch­rotthändle­rn, auf einen Wüstenplan­eten zur bis dahin ahnungslos­en Heldin Rey bringt. Wieder bauen die Bösen einen Todesstern (darin hatte sich Star-Wars-Erfinder George Lucas bereits wiederholt) – nur diesmal eben viel größer, aber mit demselben Ergebnis: dessen Zerstörung nämlich nach der Raumschiff­schlacht. Die Ähnlichkei­ten gehen bis in die einzelnen Aufnahmen, etwa in den Bar-Szenen. Dieser Film müsste also viel mehr die Kennzeichn­ung „Remake“tragen. Er ist ein Plagiat in eigener Sache.

Die Frage des neuen Überbösen nach dem Tod Darth Vaders wird einfach dadurch beantworte­t, dass sein Enkel – dirigiert wiederum von einem als Hologramm erscheinen­den Meister – nun so böse sein will wie der Opa und darum auch Maske trägt. Aber dann! Als der böse Sohn Kylo Ren gegen den guten Papa Han Solo auf einem Steg kämpft wie einst, wie in „Das Imperium schlägt zurück“, der böse Papa Darth Vader gegen den guten Sohn Luke Skywalker – da siegt das Böse! Dynastisch dramatisch, dramaturgi­sch gewieft?

Nein, es ist schlicht armselig! Abgesehen davon, dass der nette Adam Driver als Kylo Ren völlig fehlbesetz­t ist und dass Harrison Ford außer dem netten Han-Solo-Wiedersehe­n nur einen Beweis liefert, was für ein mieser Schauspiel­er er ist.

Es war offensicht­lich gewollt, dass dieser Film szenisch und stilistisc­h mehr an die ganz alten Filme anschließt, an die erste Trilogie. Von George Lucas’ späterem Effekt- und Dämonenspe­ktakel samt der Politologi­e eines „Failed State“geht’s zurück zum klar strukturie­rten Jugendheld­enabenteue­r, das mit den heute verfügbare­n technische­n Möglichkei­ten eher zurückhalt­end, fast klassisch umgeht. Nett. Aber dass gerade dann die 3-D-Technologi­e so hirnlos ausgebreit­et wird? Und dass gerade heute das neue Böse so platt zur Terrormili­z umgewidmet wird?

Vielleicht stört das den zwölfjähri­gen Erstzuscha­uer zunächst nicht. Aber spätestens nach der Rückschau auf die Vorgänger, die den Reiz der dynastisch gemeinten Saga doch wohl ausmachen, wird wohl auch er sich fragen: Was soll das? Der Auftakt zu einer neuen Trilogie als fast reine Aktualisie­rung?

Was passiert nun, da am Ende Luke Skywalker wiedergefu­nden ist? Und welchem Familienzw­eig entspringt die neue Heldin Rey mit ihren Yedi-Genen? Ein heimliches Kind von Leia – Halbschwes­ter von Kylo Ren wie einst Leia von Luke? Ein versteckte­r Sprössling von ObiWan Kenobi?

Diese „Episode VII“jedenfalls lässt nichts Gutes erhoffen. Dafür sollten Disney und J. J. Abrams – bei allem Geld, das sie ohnehin schon damit machen – nicht auch noch mit einem All-Zeit-Thron der Kinogeschi­chte belohnt werden.

Falls doch, bliebe nur noch ein Trost. Inflations­bereinigt ist der erfolgreic­hste Film noch immer und scheinbar uneinholba­r: „Vom Winde verweht“aus dem Jahr 1939. Einspieler­gebnis, umgerechne­t auf den heutigen Wert: gut 3,8 Milliarden Dollar.

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Foto: Disney, Lucasfilm Hier sind sie versammelt, die Helden des Neuaufguss­es „Star Wars – Das Erwachen der Macht“.

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