Schausteller
Im Bürokratendeutsch ist nicht viel Raum für Rummel, JahrmarktsRomantik, Riesenrad, Überschlag und „La-Strada“-Tragik. Da reden sie nüchtern von Reisegewerbetätigkeit und definieren das fahrende Volk, den Losbudenbesitzer und den Chef der Geisterbahn „nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für den Vollzug des Titels III der Gewerbeordnung (ReisegewVwV)“als Schausteller. Hau den Lukas, Stempel drauf und Unterschrift…
Schausteller ist demnach, wer seinen Lebensunterhalt auf Kirmesund Volksfestplätzen mit Fahrgeschäften, Belustigungsgeschäften oder Ausspielungsgeschäften verdient. Wilde Maus & Blauer Enzian. Vermutlich lassen sich auch Weichensteller, Fallensteller, Bittsteller und Selbstdarsteller dazu zählen. Es gibt für Beschäftigte von Schaustellerbetrieben wie Nieteneinsammler, Lebkuchenherzbeschrifter, Steckerlfischbrater und Schaukelanschupfer sogar eine Gewerkschaftsvertretung: die „Internationale Artisten-Loge“, der man am liebsten sofort alle zähen Tarifverhandlungen anvertrauen möchte, ob es nun um Lokführer oder Lufthansa-Piloten geht. Gepokert wird in einer Schaubude, geschlafen im Wohnwagen. Schlichter wird der Schichtl – und der wird die Sache dann schon schaukeln.
Die Schausteller selbst, die derzeit in Augsburg bei ihrem in die Winterpause gelegten Delegiertentag zusammensitzen, verstehen auch etwas von Interessenvertretung. Der DSB (nicht zu verwechseln mit dem DFB!) veranstaltet zum Beispiel jährlich in Berlin einen „Bundesglühweinstammtisch“, zu dem Abgeordnete geladen sind. Bei solchen Gelegenheiten wird der Schausteller zum Antragsteller und weist gerne mal auf die Probleme bei der Umsetzung der EUSicherheitsnorm für Fahrgeschäfte DIN EN 13814 oder ungerechtfertigte Ponyreitverbote hin.
„Es ist kein Blumenbeet zu schade, um nicht ein Karussell darauf zu bauen.“Das dürfte einer der meistzitierten Sätze in Reden auf Schaustellerdelegiertenversammlungen sein. Das Bonmot stammt von Papst Johannes XXIII. Das blieb nicht ohne Folgen. Heute gibt es ein Karussell mit Namen „Höllenblitz“– und einen Roman mit dem Titel „Ins Paradies kommt nie ein Karussell“. Aber Schausteller schon.