Wenn es Nacht wird in Kitzbühel
Gesellschaft Glamour gehört zum Traditions-Programm rund um das Hahnenkammrennen. Promis und solche, die sich dafür halten, posieren im Blitzlichtgewitter bei den berühmten Partys in der Tiroler Ski-Metropole. Wie es sich anfühlt, mittendrin zu sein
Kitzbühel Die Erregung wandert wie eine Welle durch den FotografenPulk. Plötzlich reden alle durcheinander. Köpfe zucken hektisch nach links, nach rechts, nach links. Irgendwo da vorne muss ein Promi sein. Wer? Keine Ahnung. Sicher ist nur: Es hat begonnen. Ein paar Schritte weiter tauchen dunkle Limousinen aus der Nacht auf, halten und spucken VIPs auf den roten Teppich aus. Ein erstes Blitzlichtgewitter geht mit lautem Rattern nieder. Eine füllige Dame mittleren Alters, dicker Pelzmantel, dickes Make-up, kämpft sich von hinten an die Fotografen heran, das Handy gezückt. „Lasst’s mi durch“, zischt sie herrisch. Ein paar hundert Euro hat sie für die VIP-Karte gezahlt, also will sie auch was sehen. Die Profis aus dem Boulevard sind aber ein übermächtiger Gegner. Gleich einer griechischen Phalanx schließen sie die Reihen, Rücken an Rücken. Das Geschäft ist hart. Die Regeln sind einfach. Wer vorne steht, bekommt die besten Bilder. Keiner gibt freiwillig seinen Platz auf. All die Klatschblätter müssen versorgt werden.
Es ist Freitagabend. Der Ingolstädter Autobauer mit den vier Ringen im Logo hat ins mondäne Hotel „Zur Tenne“geladen, mitten im Ortskern von Kitzbühel. Dort gastierte am Wochenende der alpine Ski-Weltcup. Rund um das Rennen auf der legendären Streif hat sich über die Jahre ein beeindruckendes Schauspiel entwickelt. Sehen und gesehen werden. Schickimicki. Pelz-Parade. Teure Ketten funkeln über faltigen Dekolletés. Der Herr trägt Smoking um den Wohlstandsbauch. Aber da: Welch Wohltat für die Augen. Irina Shayk schreitet über den roten Teppich. Die ExFreundin von Super-Fußballer Cristiano Ronaldo umhüllt ein roter Hauch von Nichts. Die ersten Fotografen hyperventilieren. „Irinaaaaaaaaaaaa...!!!“, brüllen sie. „Look here!!!“Blitzlichter zucken. „Look to meeeeeee…!!!“Fotoapparate klackern. Das Model, Super-Model schreiben Österreichs Zeitungen am nächsten Tag, lächelt stoisch. Ein Profi. Posiert. Minus acht Grad? Egal. Dampfender Atem. Der Ausschnitt ist beeindruckend, der Rücken kaum bedeckt. Man möchte eine Wärmflasche reichen. Keine Zeit.
Es geht Schlag auf Schlag. Fußball-Nationalspieler Mario Götze geleitet Freundin Ann-Kathrin Brömmel an der rasenden Meute vorbei. Drüben, auf der anderen Straßenseite, steht das Volk im Schneematsch. Hinter eisernen Absperrgittern. Frauen kreischen bei Götzes Anblick und ernten verächtliche Blicke derer, die sich auf der anderen Seite eingekauft haben.
Der unvermeidliche Markus Wasmeier schleicht durchs Bild. Zum zweiten Mal. Vor zehn Minuten war er schon einmal da. Diesmal drückt ein Fotograf mitleidig ab. Schlagersänger und einstiger Kitzbühel-Sieger Hansi Hinterseer teilt sein Schicksal. Die österreichische Sängerin Christina Stürmer stolziert in einem sackförmigen Etwas vorbei, Hollywood-Schauspieler Luke Evans präsentiert einen groben, burgunderroten Anzug, der früher vermutlich mal ein Handtuch war.
Längst herrscht Ekstase jenseits des Absperrbands. Das Jagdfieber grassiert. Die feinen Herrschaften im Pelz erhöhen den Druck von hinten. Ellbogen pressen sich in Weichteile. Vorne glänzt Jason Stathams Glatze im grellen Licht der Scheinwerfer. Der Schauspieler ist einer der beiden Top-VIPs. Gastgeber und Ringe-Chef Rupert Stadler begrüßt ihn persönlich. Ist auch angenehmer als dieser lästige Abgasskandal. Lächeln. Smalltalk. Statham ist einer fürs Grobe, hat sich schon durch diverse Actionfilme geprü- mant-Bereich. Am Eingang stehen Ordner der Kategorie Kleiderschrank. Ohne das richtige Armbändchen ist hier Endstation. Keine Diskussion. Unter die Gäste mischt sich der „Terminator“nicht.
Das überlässt er den C-Promis. Ex-Boxerin Regina Halmich zum Beispiel. Oder Schauspielerin Sophia Thomalla. Leichte Beute. Wie Haie im Ozean streifen Fotografen und Kamerateams durch die Menschenmenge. Haben sie einen Promi erspäht, blitzt es, Scheinwerfer blenden auf. Die Menge glotzt. Über allem hängt schwer der Geruch von Weißwurst. 3500 davon köcheln in einem riesigen Pott vor sich hin. Die ersten fischt Verona Pooth aus dem heißen Wasser. Danach übernehmen die Profis, überall wird gezuzelt, wie der Fachmann sagt. Zigarettenrauch zieht in dichten Schwaden vorbei. Erst ab 2018 soll es in Österreich ein striktes Rauchverbot geben. Noch darf (unter Auflagen) gequalmt werden. Dazu fließt der Alkohol in Strömen.
Menschen schwitzen, kommen sich näher, drängen dicht an dicht. Ganz so mag es Jürgen Drews. Regelmäßig schlägt der selbst ernannte König von Mallorca sein Bett im Kornfeld beim Stanglwirt auf. Routiniert spult er Interviews ab. Dass er schon 70 Jahre alt sein soll, sieht und merkt man ihm nicht an. Schwankend nähert sich ein Mann in Lederhose, kariertes Hemd, und platzt mitten in ein TV-Interview: „Kömma a Buildl machen?“, fragt er mit schwerer Zunge. Drews nickt, posiert und redet parallel dazu weiter ins Mikrofon. „Du bist der Beste“, lallt der Mann. „Singst heit auch noch?“Drews nickt wieder. „Was spielst?“Drews: „Alles!“Gattin Ramona steht daneben und lächelt faltenfrei. Später am Abend