Bereitet Julia Klöckner Merkels Wende vor?
Flüchtlinge Die CDU-Vizechefin schlägt nationale Maßnahmen vor, ohne Europa aus den Augen zu verlieren
Berlin Im CDU-Vorstand war Julia Klöckner vor einer Woche ungewöhnlich deutlich geworden. „Einfach mal die Klappe halten und arbeiten. Machen und nicht nur reden“, bürstete die rheinland-pfälzische Parteichefin hinter verschlossenen Türen jene ab, die über den Flüchtlingskurs von Kanzlerin Angela Merkel nörgeln. Ein paar Tage später meldet sich die CDU-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl am 13. März selbst zu Wort. Und präsentiert einen „Plan A2“zur Bewältigung der Flüchtlingskrise.
Dieser könnte auf den ersten Blick als Gegenkonzept zum „Wir schaffen das“-Mantra Merkels gelesen werden. Doch Klöckners „Plan A2“liest sich in Teilen so, als sei er von Merkels Flüchtlingskoordinator Peter Altmaier aufgeschrieben worden.
Spätestens seit der CDU-Vorstandsklausur vor zwei Wochen ist klar, dass der Kanzlerin bewusst ist: Ihr Flüchtlingskurs muss Erfolge zeigen, und zwar in den nächsten Wochen. Erst international verhandeln und dann entscheiden, „was muss ich national noch tun“, kündigte sie am Mittwoch hinter verschlossenen Türen bei der CSULandtagsfraktion an.
Was Klöckner aufgeschrieben hat, liest sich wie eine Blaupause für diesen nationalen Schritt. „Der Plan A einer europäischen Lösung für dieses europäische Problem ist nach wie vor richtig“, schreibt sie. „Gleichzeitig müssen wir jetzt innenpolitisch und in den bilateralen Beziehungen zu Nachbar- und Transitländern einen Schritt weiter gehen.“
Was Klöckner fordert, haben die Christdemokraten zum Großteil schon früher aufgeschrieben. Darunter sind die von der CSU geforderten und von der SPD abgelehnten Transitzonen – jetzt werden sie Grenzzentren genannt. Auch dass Klöckner „eigene, tagesaktuelle Kontingente für Flüchtlinge“einführen will, dürfte für parteipolitischen Zündstoff sorgen. Wer will, kann daraus auch eine Art Ober- grenze für die Zahl der Flüchtlinge konstruieren – eine Kernforderung der CSU.
Richtung EU baut das KlöcknerKonzept eine bislang nicht formulierte Drohkulisse auf. Berlin könnte demnach uni- oder bilateral Maßnahmen mit Partnerländern beschließen. Im Klartext: Deutschland würde auf EU-Länder keine Rücksicht nehmen, die sich einer Lösung verweigern. Eine „Koalition der Willigen“könnte man das nennen.
Aus der CSU kommt erster Beifall, und auch auf CDU-interne Kritiker Merkels wirken die Vorschläge befriedend. Ob der interne Druck auf Merkel damit etwas nachlässt, wird sich schon bald zeigen. (dpa)